Will Norbert Hofer ein Atomkraftwerk bauen lassen?
Der Freiheitliche will sogenannte Flüssigsalzreaktoren auf Thorium-Basis installieren. Das sind allerdings Kernkraftwerke, auch wenn er das nicht so sieht
"Wir sind in Sachen Energie- und Klimapolitik in vielen Bereichen Vorreiter. Und mit neuen, in Österreich entwickelten Technologien wie dem Flüssigsalzreaktor auf Thorium-Basis, könnte uns ein weiterer großer Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit gelingen", schrieb Norbert Hofer in einer Aussendung Montagfrüh zum Start der 27. Klimakonferenz.
So ein Plädoyer für solche Salzwasser-Reaktoren machte er nicht zum ersten Mal. Laut FPÖ-Pressestelle hatte er bereits im Juli via Twitter erklärt: „Die Reaktoren in der Größe eines kleinen Zimmers produzieren Strom im Megawattbereich ohne CO2 und ohne die Gefahr eines GAUs. China hat dazu bereits den ersten Prototypen gebaut. Flüssigsalzreaktoren benötigen kein Wasser zur Kühlung und werden mit Thorium statt Uran betrieben. Salz wird bei hohen Temperaturen verflüssigt und mit Thorium angereichert. Der Behälter steht dabei nicht unter Druck. Selbst Unfälle würden nur zu minimalen Schäden führen, weil kein radioaktiver Dampf in die Atmosphäre gelangen kann. Das Salz würde unmittelbar abkühlen und kristallisieren.“
Das klingt sehr positiv. Doch ein einfacher Blick auf Wikipedia stellt klar: Flüssigsalzreaktoren oder Salzschmelzreaktoren sind vor allem einmal: Kernreaktoren.
Salzreaktor = Atomkraft
Das geschmolzene Thorium wird dabei mit Neutronen beschossen und wandelt sich dadurch in das spaltbare Uran-235-Isotop um. Durch dessen Spaltung wird wie in einem konventionellen Kernreaktor viel Energie freigesetzt, die in Form von Hitze abgeführt wird, um eine Turbine und einen Generator anzutreiben.
Der große Vorteil bei diesem Prozess ist, dass das Uran sauberer verwertet wird, es fällt dabei theoretisch nicht so lange radioaktiv strahlender Müll an. Außerdem kann die Kernreaktion jederzeit gestoppt werden, weil Thorium sich nicht ohne Außeneinwirkung selbst spaltet. Eine Kernschmelze ist ebenfalls unmöglich, weil das Thorium bereits geschmolzen ist.
Die Neutronen für das Starten der Reaktion liefert im „Normalfall“ konventionelles Uran. Das Grazer Unternehmen Emerald Horizon hat erst im September ein alternatives Konzept vorgelegt. Dabei wird ein Teilchenbeschleuniger verwendet, um das Thorium mit Neutronen zu beschießen. Das soll den Prozess noch sauberer machen. Das große Problem bei Flüssigsalzreaktoren ist allerdings die technische Umsetzbarkeit.
Seit den 1950er-Jahren gibt es Experimente dazu. Durch Klimawandel und Energiewende wurde die Forschung zuletzt intensiviert, rund um die Welt sind einige Versuchsanlagen entstanden. Es gibt noch viele Hürden, die bis zu einem Thorium-Reaktor im Regelbetrieb zu überwinden sind. Eine davon ist etwa die Frage, aus welchen Materialien ein Reaktor bestehen soll. Heißes Salz mit radioaktiven Partikeln ist höchst korrosiv.
Nicht Atomwaffen-fähig
Immerhin ergäbe sich bei Thorium-Reaktoren ein nicht unbedeutender Nebeneffekt: Man kann damit nicht Plutonium für Atomwaffen produzieren. Insofern könnte man eine friedliche Nutzung von Kernenergie sicherstellen.
Als Erster reagierte der grüne Klimasprecher Lukas Hammer auf Hofers Aussendung: Er halte die „Träumereien von Norbert Hofer für energiepolitisch sinnlos bis gefährlich und wahrscheinlich sind sie verfassungswidrig. Immerhin haben wir ein Verfassungsgesetz gegen die Atomkraft.“
Hammer stößt sich daran, dass die FPÖ „bei jeder Initiative gegen Windräder“ sei, sie hätten auch gegen das Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energien gestimmt. „Und jetzt wollen sie Atomkraftwerke in Österreich etablieren. Wir haben ja nicht einmal Thorium in Österreich, damit begeben wir uns nur in die nächste Abhängigkeit.“ Stattdessen sollte Österreich die heimischen Energiequellen nutzen und ausbauen, und nicht auf „nukleare Abenteuer“ setzen, die ohnehin erst in Jahrzehnten einsatzbereit sein könnten.
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