"Nicht vertrauensbildend": Ärger in den Ländern über Regel-Chaos an Schulen
Sie ist die Gruppe mit den höchsten Infektionswerten des Landes. Die Rede ist von rund 20.000 infizierten Schulkindern, 842 geschlossenen Klassen und sechs geschlossenen Schulen. Trotz dieser hohen Zahlen sollen die gelockerten Maskenregelungen an Österreichs Schulen bis Ostern, also bis zum 9. April, unverändert bleiben, bestätigte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) am Donnerstag.
Derzeit muss in Österreichs Schulen nur noch am Schulgang Maske getragen werden. Falls gehäufte Fälle vorkommen, kann in einzelnen Klassen schulautonom Maskenpflicht verordnet werden. Aktuell ist das Bildungsministerium für die Corona-Regeln an den Schulen zuständig - doch das könnte sich ändern.
Kritik aus den eigenen Reihen
Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) ist nicht auf Linie mit Parteikollegen Polaschek. Er kritisierte die Maskenregeln des Bildungsministers an den Schulen. Diese seien zu locker.
Dass es angesichts des derzeit "massiven" Infektionsgeschehens an den Schulen keine Verschärfungen gebe, sei für Stelzer "völlig unverständlich". Denn Masken seien eines der wirksamsten und niederschwelligsten Mittel, wenn man wolle, das Schulen offen bleiben.
Das verärgert auch den SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher. "Rauch und Polaschek müssen das unwürdige Schauspiel am Rücken der Kinder an den Schulen beenden", sagte er in einer Aussendung. "Wenn sogar Landeshauptmann Stelzer, dessen Landtagswahl beim letzten Mal als Begründung für die Regierung diente, trotz aller Warnungen nichts zu tun, der Meinung ist, dass das so nicht mehr weitergeht, dann müsste das allen Beteiligten Weckruf genug sein", wies Kucher auf eine "absurde Gesamtsituation" hin.
Wandelbarer Stelzer
Stelzers Wortmeldung sorgt im roten und meist strengeren Wien für Verwunderung. In der Bundeshauptstadt sei man zwar selbst nicht glücklich mit der Regelung, dass aber ausgerechnet Stelzer Verschärfungen fordere, überrascht. Vor Kurzem hatte Stelzer noch laut über ein Ende der Quarantäne für Symptomlose nachgedacht und als einer der ersten die Impfpflicht bezweifelt. Nun fordert er Verschärfungen.
Sonst halten sich die Länder mit inhaltlichen Forderungen eher zurück. "Wir werden über die Medien keine Empfehlungen abgeben, der Bund hat genau dafür ein hochkarätiges Expertengremium zur Beratung und sei angehalten, sich an dieser Expertise zu orientieren", heißt es etwa aus dem SPÖ-regierten Burgenland.
Corona-Chaos der Regierung
Viel deutlicher wird in den Ländern aber die offenbar fehlende Abstimmung in der Bundesregierung moniert. "Im Erwachsenenbereich kommen die Sicherheitsvorkehrungen zuerst, irgendwann kommen dann die Schulen nach. Man hat das Gefühl, dass auf Kinder, Eltern und Lehrer vergessen wird. Das ist nicht in Ordnung. Außerdem zeigt die Regierung wieder ihr chaotisches Krisenmanagement, wo sich Minister über Medien Kompetenzbereiche ausrichten lassen. Das ist nicht vertrauensbildend", heißt es von Burgendlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zum KURIER.
Ähnlich lautet es auch aus dem rot regierten Kärnten. Der Pressesprecher des Landeshauptmanns Peter Kaiser (SPÖ) sagt gegenüber dem KURIER: "Das gesamte Corona-Management der Bundesregierung scheint komplett aus dem Ruder zu laufen. Dazu passt ins Bild, dass sich offenbar die Ministerien untereinander nicht koordinieren und sich auch innerhalb der ÖVP diametral entgegengesetzte Forderungen auftun – wenn beispielsweise auf der einen Seite gefordert wird, Quarantäne überhaupt gänzlich abzuschaffen, und aber andererseits eine Maskenpflicht in Schulen gefordert wird." Kaiser plädierte für eine Fortsetzung der Tests, zumindest in der Woche nach den Osterferien.
Am Mittwoch kam die Verordnung zur neuen Masken- und Quarantäneregelung einen Tag verspätet, wodurch die Regelung auch mit einem Tag Verspätung in Kraft trat. Das Bildungsministerium hatte eine Woche zuvor bereits verkündet, die lockeren Corona-Regelungen in den Schulen bis Ostern aufrecht zu halten.
Rauch gelobt Besserung im Herbst
Im ORF-Morgenjournal verspricht auch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), dass er und Polaschek für Herbst ein System mit einheitlichen Regeln für Schulen und Arbeitswelt anstreben. "Da muss man eine konsistente Regelung hinbekommen." Überhaupt müsse "die Schaffung von mehr Nachvollziehbarkeit, Einfachheit und Klarheit oberstes Ziel bleiben". Bei Auftreten einer möglichen weiteren Infektionswelle werde man "sicher nicht mit derartig komplizierten Entscheidungsstrukturen und Instrumentarien agieren können. Das werden die Leute nicht mehr mitmachen".
Hoffen auf Abstimmung mit Experten
Die ÖVP-Länder Niederösterreich, Salzburg, Vorarlberg wollen gegenüber dem KURIER keine politische Bewertung der Regelung abgeben. Sie verweisen auf den Kompetenzbereich des Bildungsministers und die Einschätzung der Experten.
Die Bildungslandesrätin des ÖVP-Landes Niederösterreich, Christiane Teschl-Hofmeister, wünscht sich Koordinierung mit Gesundheitsexperten. "Aktuell soll laut Bildungsministerium die derzeitige Regelung in den Schulen bis Ostern gleich bleiben. Wichtig ist für uns, dass auch die anschließende Regelung für den Bildungsbereich jedenfalls in Abstimmung mit den Gesundheitsexperten getroffen und umgesetzt wird."
Tatsächlich wurde mit Entfall der Maskenpflicht von den Gesundheitsbehörden die Empfehlung an die Schulen gegeben, dass Klassen bei einer Häufung positiver Fälle wieder zur Maskenpflicht und täglichen Tests greifen. Daran halten sich die meisten Länder, auch wenn das Bildungsministerium diese Regelung nur optiert.
Polascheks Unterstützer
Steiermarks Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) steht jedenfalls hinter Polaschek. Er sieht derzeit keinen Handlungsbedarf in den Schulen. "Die Situation muss laufend beobachtet werden und ich bin überzeugt, dass der Bildungsminister, falls es notwendig ist, die entsprechenden Maßnahmen setzen wird. Aber vergessen Sie nicht: Die Schüler testen dreimal in der Woche und legen die Maske lediglich am Sitzplatz ab. Das ist mehr als angemessen", sagt Schützenhöfer auf KURIER-Anfarge.
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