Die neue Corona-Verordnung ist da - und birgt einige Überraschungen im Vergleich zum Entwurf, der bereits gestern, Dienstag, durchgesickert ist. Die Regierung hat offenbar nachjustiert. Das sind die wichtigsten Punkte:
- Maskenpflicht in allen geschlossenen Räumen, konkret:
- an öffentlichen Orten (nur indoor, nicht outdoor)
- in Verkehrsmitteln
- im lebensnotwendigen wie auch im nicht-lebensnotwenigen Handel (gesamter Handel)
- bei körpernahen Dienstleistungen
- in der Gastronomie (am Weg zum Platz, nicht am Verabreichungsplatz)
- in der Beherbergung
- in Sportstätten (außer bei der Sportausübung)
- in Kultur- und Freizeiteinrichtungen
- an Arbeitsorten
- in Alten- und Pflegeheimen
- in Krankenanstalten
- bei Zusammenkünften in geschlossenen Räumen mit zugewiesenen Sitzplätzen ab 100 Personen (d.h. im Theater, der Oper, im Kino etc.)
- bei Zusammenkünften in geschlossenen Räumen ohne zugewiesenen Sitzplätzen ab 100 Personen (d.h. bei Partys, Hochzeitsfeiern etc.). In diesem konkreten Fall hat der Veranstalter aber eine „Wahlmöglichkeit“. Entscheidet sich dieser für eine 3G-Kontrolle, gilt keine Maskenpflicht.
- Ausnahmen von der Maskenpflicht:
- privater Wohnbereich
- am Verabreichungsplatz
- bei Proben oder künstlerischen Darbietungen in fixer Zusammensetzung, beruflich und privat (d.h. Theaterensemble genauso wie private Blasmusikkapellen und Chöre)
- Zusammenkünfte indoor ab 100 Personen:
- ohne zugewiesene Sitzplätze: „Wahlmöglichkeit“ des Betreibers, d.h. grundsätzlich Maskenpflicht oder stattdessen 3-G-Kontrolle
- mit zugewiesenen Sitzplätzen: Maskenpflicht
- Nachtgastro:
- Regelung wie Zusammenkünfte indoor ab 100 Personen = „Wahlmöglichkeit“ des Betreibers, d.h. grundsätzlich Maskenpflicht oder stattdessen 3-G-Kontrolle
- Inkrafttreten: Donnerstag, 24.03.2022
- Außerkrafttreten: mit Ablauf des 16.04.2022
Die aktuellen Corona-Regeln im Überblick - Video
Rauch: "Gesundheitssystem deutlich entlasten"
"Die Zahl der täglichen Neuinfektionen ist nach wie vor extrem hoch. Die Belastung der Spitäler wird nach den heute neu veröffentlichten Prognosen in den nächsten Tagen weiter steigen. Diese Entwicklung hat sich bereits in der vergangenen Woche abgezeichnet, deshalb war es Zeit zu handeln", sagt Gesundheitsminister Johannes Rauch zur neuen Verordnung.
Rauch sei froh, dass nun eine Lösung gefunden wurde, "die vor allem das Gesundheitssystem deutlich entlastet": Kurzfristig durch die Möglichkeit, Mitarbeiter bei personellen Notsituationen und unter strengen Auflagen früher wieder arbeiten zu lassen, wenn sie nach einer Infektion wieder gesund sind (siehe neue Quarantäneregeln). Auch andere Arbeitgeber würden von der Neuregelung profitieren, sagt Rauch. "In den kommenden Wochen wird die Maskenpflicht helfen, die Zahl der Neuinfektionen nach unten zu drücken und damit auch die Spitäler zu entlasten."
Vergebliches Warten
Gestern, Dienstag, wurde vergeblich auf die neue Corona-Verordnung gewartet. Um 23.30 Uhr hieß es aus dem Gesundheitsministerium, dass die neuen Regeln, die bereits ab Mitternacht hätten gelten sollen, verschoben werden. Wie es dazu kam? Der KURIER begab sich auf Spurensuche.
Am Dienstag um 11 Uhr wurde der Ampelkommission ein Entwurf übermittelt, bis 14 Uhr sollten die Mitglieder Stellungnahmen abgeben. Koalitionsintern war man sich offenbar aber noch nicht über den Inhalt einig, deshalb wurde parallel weiterverhandelt - eigentlich im Geheimen.
Allerdings sickerte der Entwurf durch (auch der KURIER berichtete), und dieser enthielt eine Neuigkeit, der vor allem bei der Wirtschaftskammer und beim Handel die Alarmglocken schrillen ließ: Die Betriebe - und zwar alle, von Gastro über Handel und Dienstleister bis hin zu Freizeitbetrieben - sollten frei wählen, ob sie 3-G-Zugangskontrollen machen oder ob eine Maskenpflicht gelten soll. Die eine oder die andere Option sollte dann aber für alle Kunden im jeweiligen Betrieb gelten.
Das überraschte. Schließlich hatte Gesundheitsminister Rauch am vergangenen Freitag noch angekündigt, dass generell in allen Innenräumen eine Maskenpflicht kommen soll.
Diskussionen
Beim Handelsverband war man wegen dieser neuen Idee "irritiert", sagt ein Sprecher. Der Handel hatte man schon vor längerer Zeit erklärt, dass man im Handel eine FFP2-Maske als notwendiges Übel in Kauf nehme, wenn dadurch die Öffnungen abgesichert seien.
Wenn, dann müsse das aber für alle gelten - gerade für die "tatsächlichen Infektions-Hotspots", wird betont. "Es ergibt ja wohl keinen Sinn, dass die Menschen untertags beim Einkaufen eine FFP2-Maske tragen, und in der Nacht tanzen sie dann in der Disco ohne Maske, weil dort 3-G reicht."
Zudem sei die Wahlfreiheit für die Konsumenten schwierig: Ein Geimpfter weiß nicht, ob er für das jeweilige Geschäft eine FFP2-Maske dabei haben muss. Und ein Ungeimpfter weiß nicht, ob er überhaupt hineinkommt.
Ähnlich soll die Wirtschaftskammer argumentiert haben - auch dort tendiert man im Zweifelsfall eher zur Maske. Schlicht deshalb, weil 3-G schwierig zu kontrollieren ist. Zudem sollen die Tests ab April limitiert werden (auf fünf PCR- und fünf Antigen-Tests pro Monat). Ungeimpfte müssten ihre Tests also selber zahlen, wenn sie öfter als zehn Mal im Monat am öffentlichen Leben teilhaben wollen.
Die Maskenpflicht wiederum ergibt für die Nachtgastronomie keinen Sinn. Während man in Restaurants oder Cafés am Sitzplatz die Maske abnehmen darf, gibt es in Diskotheken und Bars ja kaum fixe Plätze. Dort tendiert man deshalb eher zu 3-G.
Diese Wünsche wurde dann doch noch erfüllt, wie die aktuelle Verordnung zeigt.
Wahlfreiheit relativiert
In den Verhandlungen wurden mehrere Stimmen laut, die von den geplanten Regelungen ausgenommen werden wollten. Das wiederum ist aber juristisch schwer zu argumentieren - die Corona-Verordnung sei schließlich kein "Wunschkonzert", heißt es aus Verhandlerkreisen.
Das Gesundheitsministerium wollte am Mittwoch keine Garantie mehr abgeben, wann die Verordnung fertig ist. "Für alle Gesetze und Verordnungen braucht es das koalitionsinterne Einvernehmen, die intensiven Gespräche dauern an", hieß es dort.
"Beschämend"
Die Vorgehensweise des Bundes stößt den Ländern sauer auf. "Es ist beschämend, dass eine seit mehreren Tagen angekündigte Verordnung, auf die alle warteten, vermeintlich aufgrund eines politischen Hick-Hacks nicht zeitgerecht kundgemacht werden konnte", sagt etwa Niederösterreichs Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).
Grundsätzlich erwarte sie sich von den neuen Maßnahmen, dass die Empfehlungen der Experten berücksichtigt werden und die Regeln klar und nachvollziehbar sind. "Von Präventivmaßnahmen, der Teststrategie über die Absonderungen bis hin zu Quarantäneregeln muss das Pandemiemanagement endlich schlüssig sein. Das Mindeste wäre eine rasche Entscheidung zur Maskenpflicht in Innenräumen", sagt die nö. Landesrätin.
In Salzburg hat man seit Freitag eine eigene Verordnung auf dem Tisch, es habe aber wenig Sinn gemacht, die Verordnung im Land in Kraft zu setzen, weil es seitens des Gesundheitsministers ohnehin geheißen habe, die Verordnung der Bundesregierung komme am Montag, sagt der Sprecher von Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) zur APA. "Jetzt ist es aber schon Mittwoch. Wir würden uns rasch Klarheit erwarten", so der Sprecher.
In Wien gelten bereits seit 5. März per eigener Verordnung strengere Regeln, und diese sollen bleiben, heißt es aus dem Büro von Stadtrat Peter Hacker (SPÖ). Auch, wenn bundesweit eine Wahlfreiheit kommen sollte. In der Gastronomie etwa bleibt man bei 2-G, in sonstigen Bereichen herrscht Maskenpflicht.
Hinweis: Dieser Artikel wurde um 18.30 Uhr aktualisiert und um die neuen Quarantäne-Regeln sowie die vorliegende Verordnung ergänzt.
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