Es ist, als hätte es sie nie gegeben: Die Facebook-Seite „HC Strache“ – samt ihrer 800.000 Fans. Die FPÖ hat die Seite ihres Ex-Chefs am 19. Oktober um 00.00 Uhr stillgelegt, um einen Rechtsstreit um die Administratoren- bzw. Persönlichkeitsrechte zu vermeiden.
Als FPÖ-Chef und Vizekanzler hat Heinz-Christian Strache täglich seine Fangemeinde mit Medienberichten, Statements, Videos und Häppchen aus seinem Privatleben versorgt. Das alles verschwand im digitalen Nirvana. Und das darf – wenn man es genau nimmt – nicht sein.
Neos-Kultursprecher Sepp Schellhorn erinnert an einen Entschließungsantrag, der im April einstimmig im Nationalrat beschlossen wurde. Dieser sieht vor, dass auch digitale Kommunikation von „obersten Staatsorganen“ (Bundespräsident, Bundeskanzler, Vizekanzler, Minister und Staatssekretäre) ins Österreichische Staatsarchiv muss, um für die Nachwelt aufbereitet und festgehalten zu werden.
Straches Facebookseite gehört ins Staatsarchiv, so Schellhorn
Straches Facebook-Seite bietet jedenfalls reichlich Stoff: Dort hat er Politik gemacht, sich als Vizekanzler in Szene gesetzt und für Aufreger gesorgt – etwa mit dem Posting, in dem er ORF-Anchorman Armin Wolf der Lüge bezichtigte oder mit den vielen geteilten Berichten von Verschwörer-Medien und rechten Portalen.
Geschichtsschreibung
Spätestens mit der Ibiza-Affäre, die das jähe Ende seiner Regierungskarriere bedeutete, ging Strache in die Geschichte ein.
„Die digitale Hinterlassenschaft des ehemaligen Vizekanzlers der Republik gehört in das Österreichische Staatsarchiv – und zwar rasch, bevor Facebook möglicherweise alles löscht“, appelliert Schellhorn im KURIER-Gespräch an den zuständigen Kulturminister Alexander Schallenberg.
Schallenberg hat das Amt zwar erst im Juni von seinem Vorgänger Gernot Blümel übernommen, der Auftrag des Parlaments war aber, „ehestbald“ einen Gesetzesentwurf vorzulegen, erinnert Schellhorn. „Dass beide bisher nichts geliefert haben, ist eine klare Missachtung des Parlaments.“
Der Fall Strache zeigt klar, wie dringend wir dieses Gesetz zur Archivierung brauchen.
von Sepp Schellhorn
Neos-Kultursprecher
Der Entschließungsantrag ist ein halbes Jahr her – im Bundeskanzleramt ist eine interne Arbeitsgruppe noch dabei, eine Novelle zu erarbeiten, heißt es auf KURIER-Nachfrage. Einen Entwurf will man dem Nachfolger Schallenbergs in der neuen Regierung hinterlassen.
Auch Justiz ist interessiert
Im Staatsarchiv übernimmt ab 1. November der BKA-Beamte Helmut Wohnout die Generaldirektion. Zum geplanten Gesetz und auf die Frage, ob es das braucht, will er sich nicht äußern. Nur so viel: „Die Digitalisierung ist insgesamt eine große Herausforderung für das Staatsarchiv.“
Seit 2000 muss Schriftgut aus den politischen Kabinetten an das Staatsarchiv übermittelt werden. Dort bleibt es 25 Jahre lang unter Verschluss, wird dann aufbereitet und nach 30 Jahren zugänglich gemacht. Nun soll auch Online-Kommunikation erfasst werden. Ein Interesse haben daran etwa Politik-Forscher und Historiker; oder die Justiz – sie darf bei Ermittlungen darauf zugreifen.
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