Breiter aufstellen? „Völlig richtig“, gibt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer Donig recht. Die nachhaltigste Stärke der Neos sei nämlich ihre Positionierung in der Mitte, demnach ergebe das Konzept einer „liberalen Volkspartei“ Sinn: „Sie sind eine ,Scharnierpartei’ mit vielen Schnittpunkten, die eine Zusammenarbeit in beide Richtungen – mit Parteien links und rechts der Mitte – ermöglicht.“
Auch für den Stimmfang bei anderen politischen Kräften sei eine solche mittige Positionierung zielführend. Was den Neos dabei zusätzlich zugute kommen könnte: Ihr junges, progressives und gebildetes Image führe zu einer „wohlwollenden Haltung“ bei Medien, sagt Bachmayer.
Klar ist auch: Die Pinken haben eine eher dünne Personaldecke und Schwierigkeiten bei der Themensetzung, die durch die hohe und größtenteils positive Medienpräsenz im Zuge des Ibiza-U-Ausschusses zuletzt kaschiert wurden.
Die größte Schwäche der Partei sei aber, präzisiert Bachmayer, dass sie „noch kein klares, anhaltendes und emotional wirksames Thema“ habe. Kurz gesagt: Bald zehn Jahre nach ihrer Gründung – 2012 – fehlt den Neos noch so etwas wie eine DNA.
„Die SPÖ hat Soziales und Gerechtigkeit, die ÖVP Wirtschaft, die Grünen Umwelt, die FPÖ Zuwanderung, Sicherheit und ,Heimatschutz’.“ Die Neos müssen ihr Profil noch schärfen, um als „Volkspartei“, vergleichbar mit ÖVP oder SPÖ, durchzugehen, bilanziert Bachmayer: „Die liberale Grundposition hat kein ausreichend starkes Lager in Österreichs Wählerschaft.“
Sollten sich die Neos aus der „liberalen Ecke“ emanzipieren und ihr Wunschergebnis erreichen, könnten sie für die nächste Regierungsvariante der Königsmacher sein. Ja, auch eine Koalition mit der türkisen ÖVP hält Bachmayer wahlarithmetisch aber auch politisch für denkbar: „Die größten Hindernisse liegen da eher in Stimmungen und nicht in unverträglichen politischen Positionen.“ Bei Wirtschaftsthemen kratzt die inhaltliche Schnittmenge zwischen Türkis und Pink oft an der 100-Prozent-Marke.
Sie schließe eine Zusammenarbeit mit der Kurz-ÖVP in Zukunft nicht aus, auch wenn das „sehr, sehr schwer werden wird“, weil man „so viel Unaufrichtigkeit und Showpolitik“ von der ÖVP erlebt habe, sagt Meinl-Reisinger dem KURIER.
Und was ist mit einer Anti-ÖVP-Koalition etwa aus Rot, Blau und Neos? Sie könne der Idee „sehr viel abgewinnen“, dass die ÖVP nach 35 Jahren Regierung wieder auf der Oppositionsbank lande, sagt die Neos-Chefin. „Aber dafür alles zu opfern? Ich weiß nicht.“
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