Innenminister Nehammer sieht kein "Ethnic Profiling"-Problem

Tag der Wiener Polizei
Schwarzafrikaner sind laut Statistik überdurchschnittlich oft mit Polizeikontrollen konfrontiert. Dass es hier ein strukturelles Problem gibt, negiert der Innenminister nach einer parlamentarischen Anfrage.

In kaum einem EU-Land werden Schwarzafrikaner so überdurchschnittlich oft von der Polizei angehalten wie in Österreich. Das geht aus Erhebung der Europäischen Menschenrechtsagentur (FRA) aus Mai 2021 zur Ausgrenzung in Europa lebender Bevölkerungsgruppen hervor.

Mario Lindner, Gleichbehandlungssprecher der SPÖ, bezog sich bei seiner parlamentarischen Anfrage "Ethnic Profiling in der Polizei“, auf den Bericht und forderte vom Innenministerium Zahlenmaterial zu etwaigen Vorfällen bzw. Beschwerden im Kontext mit "Ethnic Profiling" und eine Reaktion auf die Resultate im FRA-Bericht.

Nehammer: Keine konkrete Schlüsse

Die Frage nach den konkreten Schlüssen aus der FRA-Studie beantwortete Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) mit der Feststellung, dass sich "die vorliegenden Ergebnisse aus drei unterschiedlichen Erhebungen in verschiedenen Ländern und zu unterschiedlichen Befragungszeitpunkten zusammensetzen".

Dabei seien unter anderem deren Zielsetzung, Datenbasis (wie Umfragesample), geltende Rechtslage in den Umfrageländern und andere Befragungsdetails nicht zur Gänze zu erschließen. Konkrete Schlüsse ließen sich aufgrund des vorliegenden Berichts nicht ziehen. "Statistische Korrelationen für sich stehend können dazu verleiten, sie fälschlicherweise mit Kausalzusammenhängen zu verwechseln", hieß es in der Beantwortung weiter.

Fehlende Zahlen

Lindner hielt aufgrund der Beantwortung durch Nehammer in einem der APA vorliegendem Statement dazu fest, dass "einem Innenminister dieser Republik unwürdig" sei, "eine EU-weite Vergleichsstudie zu verleugnen und vorhandene Probleme wegzureden". Der Gleichbehnaldungssprecher bemängelte zudem das Fehlen einer Statistik über Beschwerden hinsichtlich Fällen von Ethnic Profling im Innenministerium.

Laut Nehammer werden entsprechende Statistiken nicht geführt. "Von einer anfragebezogenen retrospektiven bundesweit durchzuführenden manuellen Auswertung aller relevanten Aktenvorgänge wird aufgrund des exorbitanten Verwaltungsaufwandes und der damit einhergehenden enormen Ressourcenbindung im Sinne der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns Abstand genommen."

83 Fälle im Vorjahr

Dem Verein ZARA (Zivilcourage & Anti-Rassismusarbeit) werden laut dessen Angaben Dutzende derartige Fälle gemeldet - 83 im Vorjahr. "Wir fordern Gleichbehandlung und, dass die im Regierungsprogramm angekündigte unabhängige Beschwerdestelle für Betroffene von Polizeigewalt umgesetzt wird - und zwar unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Die Betroffenen müssen ernst genommen werden", so ZARA weiter.

ZARA wies zudem auf eine Aussage der besagten FRA-Studie hin, wonach drei Viertel der Mehrheitsbevölkerung Polizeikontrollen als respektvoll erleben würden, sei dies bei schwarzen Menschen nur zu etwa einem Viertel Fall.

Kommentare