Oktober-Wahl fix: Riesen-Krach über Vizekanzler
Es war ein reges Kommen und Gehen. Zwar nicht so intensiv wie an einem Tag der offenen Tür, aber Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte am Montag jedenfalls viele Hände zu schütteln. Für Small Talk war freilich keine Zeit, es herrschte Polit-Hochbetrieb und gespannte Stimmung in der Hofburg. Das Staatsoberhaupt stand vor seiner ersten echten Bewährungsprobe. Es galt die innenpolitischen Sturmwellen zu glätten.
Eine erste Entscheidung zeichnete sich am Abend ab, allerdings nicht in der Hofburg. Es war die Opposition, die sich auf einen Wahltermin am 8. oder am 15. Oktober verständigte – und Sebastian Kurz, der neue Frontmann der Volkspartei, stimmte zu. Noch vor Abschluss seiner Gespräche mit Kanzler Christian Kern machte Kurz publik, dass er den für Mittwoch angekündigten Neuwahl-Antrag von FPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach im Parlament unterstützt.
Damit schaffte Kurz Fakten und brachte die SPÖ unter Zugzwang. Die SPÖ hätte einen Wahltermin Ende Oktober, Anfang November präferiert. Letztlich gab sie bekannt, dem Antrag für Anfang Oktober ihren Sanctus geben zu wollen.
Der Verständigung auf eine Oktoberwahl war heftiges Tauziehen vorangegangen. Nach der Kür von Sebastian Kurz zum ÖVP-Chef galt es, die Frage zu klären, wie es mit der Regierung weitergeht. Daher hatte Van der Bellen zunächst Kanzler Christian Kern (SPÖ) und danach Außenminister Sebastian Kurz hinter die rote Tapetentür gebeten. Die Vorgabe des Bundespräsidenten an SPÖ und ÖVP lautete: Einigt euch rasch auf einen Wahltermin, nennt mir eine Liste von Themen, die ihr bis dahin abarbeiten wollt – und geht verantwortungsvoll mit den Interessen des Landes um. Van der Bellen verwies darauf, dass es mit der Wirtschaft gerade leicht bergauf und mit den Arbeitslosenzahlen etwas bergab gehe – und mahnte: "Das will ich nicht durch leichtfertige Beschlüsse gefährdet sehen." Der Bundespräsident spielte damit auf 2008 an, als die Parteien vier Tage vor der Nationalratswahl im Parlament mit wechselnden Mehrheiten milliardenteure Wahlzuckerl beschlossen.
Das war freilich nicht die einzige Gefahr, die es abzuwenden galt. Im Hintergrund liefen heikle Verhandlungen. Kern wollte von Kurz die Zustimmung zu zehn Projekten erzielen (Arbeitsmarkt-Projekte, Bildungsreform, Mindestlohn etc. siehe rechts) – und erst danach über den Wahltermin reden.
Kurz wiederum habe, so wurde kolportiert, seinerseits Bedingungen gestellt: Man müsse sich zunächst auf den Wahltag einigen, danach könne man die gemeinsamen Projekte, die noch abzuarbeiten sind, fixieren. Zudem forderte Kurz Zustimmung zu seiner Personalwahl. Die ÖVP muss für Reinhold Mitterlehner Ersatz als Minister und Vizekanzler nominieren.
Laut Verfassung muss der Kanzler dem Bundespräsidenten die neuen Regierungsmitglieder zur Angelobung vorschlagen. Kern besteht darauf, dass Kurz selbst Vizekanzler wird – doch Kurz pocht darauf, dass die ÖVP ihr Personal selbst aussuchen darf, und sich von der SPÖ nichts diktieren lässt.
Hier braut sich ein Riesenkrach zusammen. Obwohl Kurz dem Kanzler während der Gespräche im Lauf des Montags sagte, er wolle nicht Vizekanzler werden, deponierte SPÖ-Koordinationsminister Thomas Drozda am Montag Abend im Report: "Der Kanzler wird Kurz als Vizekanzler vorschlagen. Wenn Sie so wollen, ist das eine Bedingung, sonst wird im Parlament mit wechselnden Mehrheiten regiert."
In der ÖVP blieb man ob dieser Drohung gelassen. "Niemand kann gegen seinen Willen angelobt werden", hieß es auf KURIER-Anfrage. Die ÖVP verweist auf eine Meldung der Austria Presse Agentur. Demnach soll Justizminister Wolfgang Brandstetter bis zur Wahl interimister Vizekanzler werden. Brandstetter ist unabhängiger Minister auf einem ÖVP-Ticket. Seine Nominierung sei ein Angebot zur Deeskalation. Wirtschaftsminister soll der bisherige Staatssekretär Harald Mahrer werden, dessen Staatssekretariat will Sebastian Kurz einsparen.
1. Bundesstaatsreform: Die SPÖ will das Wirtschaftsrecht vereinheitlichen.
2. "Aktion 20.000": Damit sollen Jobs für ältere Langzeitarbeitslose geschaffen werden.
3. Erhöhung der Forschungsprämie.
4. Ausbau der Primärversorgungszentren (Ärztezentren).
5. Bildungsreform: Umsetzen der Schulautonomie. 6. Krankengeld für Selbstständige.
7. Frauenquote: 30 Prozent in Aufsichtsräten von Konzernen.
8. zweites Gratiskindergartenjahr. 9. Effiziente Besteuerung von ausländischen Konzernen.
10. Studienbeihilfen-Reform.
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