Wie das Verhandlerteam von Karl Nehammer tickt
Als Chef einer Partei, die seit fast vier Jahrzehnten ein Dauerabo auf eine Regierungsbeteiligung hat, fiel es Karl Nehammer nicht sonderlich schwer, ein Team für die anstehenden Sondierungen und Koalitionsverhandlungen zusammenzustellen.
Viele waren schon 2019 dabei, manche verhandelten bereits 2017 mit den Freiheitlichen, die heute nur mehr infrage kommen, wenn der FPÖ-Chef nicht Herbert Kickl heißt. Dieser ist, wie mehrfach berichtet, für die ÖVP ein "Sicherheitsrisiko".
Karl Nehammer: Der Koordinator
Als sich Ende 2019 die türkis-grüne Regierung formierte, ahnte wohl niemand, dass diese unter einem Bundeskanzler Nehammer ausklingen werde. Schon damals saß er – wie 2017 - im Verhandlerteam der ÖVP, zuständig für die Themen „Europa, Integration, Migration und Sicherheit“.
Der 51-jährige gelernte Offizier und Kommunikationstrainer startete seine Polit-Karriere im ÖAAB. 2017 zog er über den Landeswahlkreis Wien in den Nationalrat ein. 2018 wurde er ÖVP-Generalsekretär.
In der türkis-grünen Regierung stieg er zum Innenminister auf. Als Sebastian Kurz 2021 im Zuge der Inseraten-Affäre zurücktreten musste, folgte er ihm als Parteichef nach. Bald darauf löste er Alexander Schallenberg als Kanzler ab.
Claudia Plakolm: Jung aber routiniert
Dass sie auf der ÖVP-Bundesliste auf Platz zwei gleich hinter Parteichef Nehammer gereiht wurde, zeigt, welch internes Standing sich die 29-jährige Jugendstaatssekretärin mittlerweile parteiintern erarbeitet hat.
Die Oberösterreicherin, Tochter des ÖVP-Bürgermeisters von Walding, startete ihre Karriere in der JVP, dessen Bundesobfrau sie seit 2021 ist. Im selben Jahr wurde sie auch Jugendstaatssekretärin.
Seit 2017 im Nationalrat, sammelte die passionierte Posaunistin, die sich gern heimatverbunden und rustikal gibt, schon bei den Regierungsbildungen 2017 und 2019 Erfahrungen im ÖVP-Verhandlungsteam.
August Wöginger: Verbindlich in alle Richtungen
Die oberösterreichische Heimat und das bodenständige Auftreten teilt der ÖVP-Klubobmann mit Plakolm. Er stammt allerdings aus dem ÖAAB, deren Bundesobmann er seit 2016 ist.
Der 50-Jährige kann auf eine beachtliche parlamentarische Erfahrung zurückblicken. Seit 2002 sitzt er im Nationalrat. Mit kürzeren Unterbrechungen ist er seit 2017 Klubobmann der ÖVP. Sein gutes Verhältnis zu seinem grünen Gegenüber Sigrid Mauer galt als essenziell für das Funktionieren der türkis-grünen Regierung.
Ihm wird aber auch ein gutes Einvernehmen mit SPÖ-Klubchef Philip Kucher nachsagt, dem er aller Voraussicht nach bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen gegenüber sitzen wird.
Harald Mahrer: Ein Mann mit vielen Hüten
Minister, Staatssekretär, Chef des Wirtschaftsbundes und der Wirtschaftskammer, Präsident des Generalrats in der Nationalbank – lang ist die Liste der Spitzenfunktionen, die Harald Mahrer schon bekleidete. Manche davon gleichzeitig, was ihm die Kritik des „Multifunktionärs“ einbrachte. Ein Image, das der Wiener bis heute nicht mehr loswurde.
Seine politische Karriere im engeren Sinn startete der 51-Jährige 2011 als Präsident der ÖVP-nahen Julius-Raab-Stiftung. 2014 wurde er Staatssekretär in der SPÖ-ÖVP-Regierung, 2017 stieg er nach dem Rücktritt von ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner zum Wirtschaftsminister auf.
Karl Nehammer, ÖVP-Chef
Karl Nehammer, ÖVP-Chef
Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer
Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer
Christian Stocker, ÖVP-Generalsekretär
Christian Stocker, ÖVP-Generalsekretär
Karoline Edtstadler, ÖVP-Verfassungsministerin
Karoline Edtstadler, ÖVP-Verfassungsministerin
August Wöginger, ÖVP-Klubchef
August Wöginger, ÖVP-Klubchef
Claudia Plakolm, ÖVP-Staatssekretärin und JVP-Chefin
Claudia Plakolm, ÖVP-Staatssekretärin und JVP-Chefin
In möglichen Verhandlungen mit der SPÖ wird er es mit Spitzengewerkschafter Wolfgang Katzian zu tun haben. Zum ÖGB-Präsidenten besteht seit Jahren ein überaus enges Verhältnis – ganz im Sinne der klassischen Sozialpartnerschaft.
Karoline Edtstadler: Für die Grünen ein rotes Tuch
Nicht gerade als harmoniesüchtig verschrien – berüchtigt sind ihre schweren Auseinandersetzungen mit dem grünen Koalitionspartner rund um den Klimaschutz – bringt die als Salzburg stammende frühere Richterin Erfahrungen aus den Koalitionsverhandlungen 2019 mit. Damals saß sie in der Hauptgruppe „Europa, Integration, Migration und Sicherheit“.
Neben ihrer juristischen Karriere, die sie bis an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte führte, startete ihre Polit-Laufbahn als ÖVP-Gemeinderätin in Henndorf am Wallersee. 2017 wurde die im ÖAAB verankerte 43-Jährige, die ein Faible für Astrologie hat und sehr umtriebig in den Sozialen Medien ist, Staatssekretärin im Innenministerium. Nach einem kurzen Zwischenspiel im EU-Parlament stieg sie 2020 zur Bundesministerin für EU und Verfassung auf.
Christian Stocker: Scharfmacher gegen Kickl
Der 64-jährige Rechtsanwalt aus Niederösterreich hatte in den vergangenen Monaten als ÖVP-Generalsekretär vor allem die Aufgabe, die FPÖ und Herbert Kickl als regierungsunfähig und als Gefahr für die Republik darzustellen. Was nicht einer gewissen Pikanterie entbehren würde, sollte es zu Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP kommen.
Seine politische Karriere begann 1990 als Gemeinderat in Wiener Neustadt, 2015 wurde er erster Vizebürgermeister. 2019 zog er in den Nationalrat ein. 2022 folgte er der glücklosen Laura Sachslehner als Generalsekretär der ÖVP nach.
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