"Abgekartetes Spiel"? Karl Nehammer trifft heute Herbert Kickl

"Abgekartetes Spiel"? Karl Nehammer trifft heute Herbert Kickl
FPÖ-Chef Herbert Kickl wird wohl nicht der nächsten Regierung angehören. Vor dem heutigen Treffen teilte er noch einmal gegen ÖVP-Pendant Nehammer aus.

Wer kann, wer will mit wem regieren? Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich vergangene Woche „Klarheit“ in dieser Frage gewünscht. Deshalb bat er die Parteichefs Herbert Kickl (FPÖ), Karl Nehammer (ÖVP) und Andreas Babler (SPÖ), sich in dieser Woche noch einmal zu verständigen.

Heute spricht Nehammer mit Kickl. Am Mittwoch folgt das Treffen von Nehammer und Babler. Am Donnerstag treffen einander noch Kickl und Babler. Folgt man den Wortmeldungen von Montag, könnten die Fronten aber kaum klarer sein.

Am Montagvormittag versuchte zuerst Kickl, Druck auf die ÖVP aufzubauen – via Pressekonferenz. Wobei es vielmehr eine Rede war, Journalisten-Fragen ließ Kickl nicht zu. Der FPÖ-Chef bekräftigte erneut, regieren zu wollen.

Kickl ortet „Cancel Culture“

Dabei teilte er gegen Van der Bellen aus: „Er hat von Klarheit gesprochen. Ich kann dem zustimmen, aber: Die Klarheit, die jetzt schon auf dem Tisch liegt, festzumachen, wäre seine Aufgabe gewesen.“ Leider habe Van der Bellen genau das Gegenteil gemacht und das „glasklare“ Wahlergebnis vernebelt: „Er hat die Unklarheit produziert, die er jetzt selbst beklagt.“ Im persönlichen Gespräch habe Van der Bellen beim Thema „Regierungsbildung“ herumgedruckst, so Kickl.

Dabei sei es innenpolitische Tradition in Österreich, den Wahlsieger mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Auch Van der Bellen habe es 2017 und 2019 so gehandhabt. Dass die Verhandlungen dann dennoch scheitern könnten, sei eine andere Sache.

"Gesellschaft an rechten Rand gedrängt"

Daraufhin schoss sich Kickl auf Nehammer ein, der eine Koalition mit dem blauen Parteichef ausschließt. Nehammer betreibe damit „linke Cancel Culture“, meinte Kickl. Dabei hätten die Wähler zu 55 Prozent für eine „satte Mitte-rechts-Koalition“ aus FPÖ und ÖVP gestimmt. Die ÖVP werde ihre Inhalte auch nur mit der FPÖ und „nicht mit einer marxistisch infizierten SPÖ“ umsetzen können.

Tatsächlich gab es in den Wahlprogrammen von FPÖ und ÖVP teils große Überschneidungen – vor allem wirtschaftspolitisch und beim Thema Migration. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker hob in einer Reaktion auf Kickl aber hervor: Die FPÖ hätte das ÖVP-Programm teils „kopiert, aber nicht kapiert“. So hätten die Blauen im Parlament gegen die Senkung der Einkommens- und Körperschaftsteuer gestimmt. Auch beim Sicherheitsthema sei sie nicht der richtige Partner.

„Herbert Kickl hat mit seiner FPÖ die Gesellschaft an den rechten Rand gedrängt“, sagte Stocker. Zudem habe sich Kickl in Verschwörungstheorien verstrickt und grenze sich nicht von den rechtsextremen Identitären ab. Fazit: „Uns trennen programmatisch, weltanschaulich und persönlich Welten. Deshalb kommt eine Koalition mit Herbert Kickl für uns nicht infrage.“

Kickl „alleine zuhause“

Die ÖVP, so Stocker, halte also Wort. Und Kickl, der fünf Jahre lang alle anderen als „Diktatoren oder Volksverräter“ verunglimpft habe, dürfe sich nicht wundern, jetzt „alleine zuhause zu sein“.

Insofern wäre es mehr als nur überraschend, wenn sich Kickl und Nehammer heute doch noch darauf einigen würden, in Sondierungsgespräche zu treten. Ob Van der Bellen unter diesen Voraussetzungen Kickl den Sondierungsauftrag erteilt? Zweifelhaft.

Die SPÖ verfolgte das Match zwischen Kickl und Volkspartei am Montag von der Seitenlinie aus. Sie will auch die Gespräche mit Nehammer und Kickl vertraulich behandeln und sich erst nach einem weiteren Termin bei Van der Bellen medial äußern. Das gebiete der Respekt, heißt es aus dem Büro von Andreas Babler gegenüber dem KURIER.

Unterschiedliche Deutungen

Auch beim Wahlergebnis, das am Montag amtlich bestätigt wurde, vertreten FPÖ und ÖVP entgegengesetzte Deutungen. Für Kickl ist klar: Es gebe nur einen Wahlsieger, nämlich die Freiheitliche Partei und ihn. Mit 85.542 Vorzugsstimmen landete Kickl auch auf Bundesebene in dieser Kategorie auf dem ersten Platz. Nehammer kam auf 60.402, Babler auf 46.440 Vorzugsstimmen.

Stocker interpretierte das anders, respektive kreativ: Am Stimmzettel sei über der Parteibezeichnung auch Nehammers Name gestanden, insofern hätten 1,3 Millionen Österreicher die Volkspartei und Nehammer gewählt. „Herbert Kickl wurde nicht zum Bundeskanzler gewählt“, schlussfolgerte Stocker. Kickl liege zweitens auch in allen Umfragen in der Kanzlerfrage klar hinter Nehammer.

Der FPÖ-Chef ortete indes ein „abgekartetes Spiel“. Eine „Verliererkoalition“ sei offenbar längst in „trockenen Tüchern“. Nur traue sich niemand Klartext zu reden. Den Gewinner auszugrenzen sei „zutiefst undemokratisch“.

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, ÖVP-Chef Karl Nehammer würde heute, Dienstag, sowohl FPÖ-Chef Herbert Kickl als auch SPÖ-Chef Andreas Babler treffen. Das Gespräch mit Babler wurde allerdings auf Mittwoch verschoben. 

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