Bierpartei-Chef im Wahlkampf: "Wlaznys Strategie ist eine Gratwanderung"

Für einen, der auszog, um die Republik umzukrempeln, war es ein bemerkenswert farbloser Auftritt. Angesprochen auf die wichtigsten Themen im bevorstehenden Wahlkampf wie Migration, Klimaschutz und Finanzen ließ sich Bierpartei-Chef Dominik Wlazny beim Puls4-Sommergespräch mit Meinrad Knapp am Mittwoch keinerlei klare Ansagen entlocken.
Im Auftreten sympathisch, aber sichtlich unsicher wechselte der 38-Jährige zwischen Gemeinplätzen (etwa mehr Polizei und Waffenverbote im Kampf gegen gewalttätige Banden) und ausweichenden Stehsätzen hin und her.
Kostprobe: Wie eine Reform des Steuer- oder Pensionssystems aussehen könnte, lasse sich erst nach einer breiten Diskussion sagen.
Nur ja keine allzu konkreten Festlegungen, um sich nicht angreifbar zu machen: Das scheint das Konzept des hauptberuflichen Rockmusikers zu sein, der als „Anti-Politiker“ vor allem Polit-Verdrossene ansprechen will. Doch kann man mit derart holprigen Auftritten wie am Mittwoch tatsächlich Wähler überzeugen?
Wlaznys Gratwanderung
„Die Strategie, die Wlazny gewählt hat, ist eine Gratwanderung“, sagt Politikberater Thomas Hofer zum KURIER. Die Kombination von inhaltlichen Mängeln und dem unsicheren Auftreten könnte durchaus noch zum Problem werden. Vor allem, sollte Wlazny in TV-Konfrontationen den mit allen Wassern gewaschenen Spitzenkandidaten der etablieren Parteien gegenübertreten müssen.

Thomas Hofer
Insofern sollte der Bierpartei-Chef, so Hofer, den Schwerpunkt seines Wahlkampfes eher auf klassische Kundgebungen und die sozialen Medien legen. Was andererseits aber wieder die Gefahr berge, in einem sich auf das Rennen um die ersten Plätze zuspitzenden Wahlkampf aus der breiten öffentlichen Wahrnehmung zu verschwinden. Insofern sei der aktuell in Umfragen prognostizierte Einzug der Bierpartei ins Parlament alles andere als sicher.
Warum Inhalte für Wlazny zweitrangig sind
Laut Hofer müsse Wlazny jedenfalls noch an seinem Auftreten arbeiten. Das sei viel wichtiger als ein möglichst detailliertes inhaltliches Programm. Letzteres sei für die Entscheidung der Wähler gar nicht so wichtig. „Als die Neos 2013 ins Parlament einzogen, hatten sie ein Programm mit nicht viel mehr als ein paar Überschriften, das auf einer A4-Seite Platz hatte“, erinnert sich der Politikberater. „Spitzenkandidat Matthias Strolz konnte sie aber sehr überzeugend vermitteln.“ Noch heute in Erinnerung ist seine bildungspolitische Ansage, er wolle den Kindern „die Flügel heben“.
Ähnliches sollte auch Wlazny versuchen, ist der Experte überzeugt. Mit wenigen eingängigen Botschaften zu einer Handvoll Themen wie Bildung, Wohnen, Teuerung – und nicht zuletzt Gesundheit. Eines der wenigen, bei denen der ausgebildete Arzt im TV-Sommergespräch einen kompetenten und überzeugenden Eindruck vermitteln konnte.
Bierpartei macht die SPÖ nervös
Obwohl ihm das insgesamt im TV nicht gelungen ist, macht das Antreten der Bierpartei vor allem einen Mitbewerber spürbar nervös: Als einzige Partei sah sich die SPÖ am Donnerstag bemüßigt, per Aussendung auf den Auftritt Wlaznys zu reagieren. „Die Bierpartei hat keine Inhalte, keine Lösungen und keine Kompetenz. Die gestern offenbarte völlige Ahnungslosigkeit Wlaznys tut fast weh beim Zuschauen“, echauffiert sich Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim.
Für Hofer ist es nachvollziehbar, dass die SPÖ mit derart schweren Geschützen auf die Mini-Partei schießt. „Zwar wird die Bierpartei wohl allen Parteien Stimmen wegnehmen. Der SPÖ, die vermutlich in einem knappen Rennen um Platz zwei steht, tut Wlaznys Antreten aber besonders weh.“ Schließlich könnten im rot-türkisen Duell wenige Prozentpunkte entscheidend sein. Genau die könnte Andreas Babler, der sich ähnlich wie der Musiker als Anti-Establishment-Kandidat inszeniert, an Wlazny verlieren.
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