Nehammer zu Ukraine-Krieg: "Wir sind die Stimme der Opfer"

Nehammer zu Ukraine-Krieg: "Wir sind die Stimme der Opfer"
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Johannes Rauch erstmals als Sozialminister im Nationalrat, hitzige Debatte zu Ukraine-Krieg.

Bei einer Sondersitzung im Parlamentsausweichquartier hat sich am Dienstag der neue Sozialminister Johannes Rauch den Abgeordneten vorgestellt.

Zudem wird der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine debattiert. Wie schon in der vergangenen Plenarwoche gaben Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) Erklärungen zu dem Konflikt ab.

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"Ich bin nicht nur Gesundheits-, ich bin auch Sozialminister", sagte Rauch bei seiner ersten Rede als Minister im Nationalrat. Klare Schwerpunkte wolle er in der Pflege und im Gewaltschutz setzen. Auch im Tierschutz wolle er in Zusammenarbeit mit Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) "etwas weiterbringen".

Für die weiteren Corona-Maßnahmen, auch die Impfpflicht, sehe er zwei maßgebende Leitplanken, sagte Rauch: auf der einen Seite Wissenschaftlichkeit und Expertise, auf der anderen die Verfassung. "Es braucht die Kunst, diese Balance zu halten."

Lob für Mückstein und Rauch

Nehammer sagte Rauchs Vorgänger - Wolfgang Mückstein ist aus privaten Gründen zurückgetreten - "ein herzliches Danke" für sein Engagement. "Es ist der Gesundheitsminister in der Pandemie einer der härtesten Jobs der Welt", so Nehammer. Diesen Job übernehme nun Rauch. "Er ist ein Familienmensch und die Familie war auch heute Zeuge seiner Angelobung", sagte Nehammer. Rauch sei empathiefähig, ein "leidenschaftlicher Kämpfer für die Sache".

Auch Kogler entrichtete Mückstein seinen Dank und hob etwa den Ausbau der psychosozialen Betreuung als Leistungen des Ministers hervor. Eine Pflegereform, die "wie ein Urknall auf uns herabkommt und alles löst", werde es sowieso nicht geben, lobte Kogler Mücksteins ersten Schritte.

Nehammer: "Krieg nicht von Neutralität umfasst"

Zur Ukraine-Krise wiederholte Nehammer, dass Österreich Flüchtenden "schnell und solidarisch" helfen wolle. Zudem richtete sich Nehammer an Wladimir Putin: "Es braucht jetzt das entschlossene Handeln des russischen Präsidenten, den Krieg zu beenden." Jeder Tag zähle, so Nehammer. Was gerade passiere, sei eigentlich "unvorstellbar gewesen nach dem Zweiten Weltkrieg": Dass Frauen und Kinder in Luftschutzbunkern und Kellern vor Artilleriebeschuss Zuflucht suchen.

"Die österreichische Neutralität heißt nicht Wegschauen, sondern Hinschauen. Krieg, Bruch des Völkerrechts und Artilleriebeschuss ist nicht von der österreichischen Neutralität umfasst", sagte Nehammer und wurde deutlich: "Wir sind eine Stimme der Opfer, eine Stimme der Frauen und Kinder. Wir sind fix nicht die, die sich verschweigen und zurückziehen, weil es heißt: Wir sind neutral." Es liege an Putin, in den Dialog einzutreten, sonst sei dieser nicht möglich.

Putins Invasion sei ein Angriff auf ein demokratisches Lebensmodell, sagte Kogler. Der russische Präsident schränke auch die eigenen Bürger immer stärker ein und befinde sich längst auf dem Weg zu einem "Kriegsrecht".

Rendi-Wagner: "Schlag ins Gesicht"

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner kritisierte, dass Nehammer die Neutralität als von der Sowjetunion aufgezwungen bezeichnete und sich dann nicht schnell genug Pro-Neutralität positioniert habe: "Es hat leider ein wenig gedauert, bis sie sich zu klaren Worten in puncto Neutralität durchringen konnten." Nehammers Aussagen seien "ein Schlag ins Gesicht der Gründerväter der Zweiten Republik" gewesen. Rendi-Wagner schoss dann noch grundsätzliche Kritik hinterher, die Koalition bringe nichts zustande und werde "weitermachen wie bisher". Nehammer könne sich nicht eingestehen, "dass die Regierung am Ende ist".

Kickls Vision für die Ukraine

Die Bundesregierung gefährde Österreichs Reputation, wenn sie die immerwährende Neutralität infrage stelle, sagte FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl. "Sie haben Kapital, dass über Generationen aufgebaut wurde, mit einem Schlag verspielt."

Kickl fände es auch sinnvoll, wenn die Ukraine "neutral" werde. "Ich sehe eine friedliche Zukunft der Ukraine in einer Brückenfunktion zwischen Ost und West. Das entspricht der ukrainischen Geschichte", sagte Kickl. Eine neutrale, entmilitarisierte Ukraine: auch eine Forderung Russlands. Zwar verurteilte Kickl den "Angriffskrieg" durch Russland, denn "für uns vollkommen klar, dass die kriegerische Aggression Russlands keine Akzeptanz finden kann". Mit der Rolle der österreichischen Regierung zeigte er sich aber nicht zufrieden, vor allem mit den Sanktionen. 

Zur Corona-Politik der Regierung meinte Kickl, es sei eine "Beleidigung der Intelligenz der Bevölkerung", wenn die Regierung glaube, ihre eigene Unfähigkeit mit Personalrochaden - Stichwort Rauch - überspielen zu können.

Ein Bekenntnis zu den wirtschaftlichen Sanktionen gab es hingegen von den Neos. Notwendig sei es nun, kompromisslos, an allen Schrauben zu drehen, meinte deren Chefin Beate Meinl-Reisinger, die noch zusätzlich Druck machte, denn: "Worauf warten wir?" Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen fänden nämlich jetzt statt. Wichtig sei es in dem Konflikt auch, Klarstellung beziehen und den Aggressor klar zu benennen "und das ist Wladimir Putin". Dahingehend erinnerte Meinl-Reisinger an die "schreckliche Appeasement-Politik" Österreichs gegenüber Russland in der Vergangenheit.

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