Bei Putin eingeschleimt? Fischer bemängelt Koglers "Niveau"

Bei Putin eingeschleimt? Fischer bemängelt Koglers "Niveau"
Der Vizekanzler unterstellte den "Herrschaften" aus der WKÖ, Russland den "roten Teppich" ausgerollt zu haben - "mit Schleimspur".

Bei der Wirtschaftskammer (WKÖ) eingeschleimt hat sich Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Montagabend definitiv nicht. Nachdem die WKÖ forderte, die für Juli vorgesehen CO2-Bepreisung wegen des Ukraine-Krieges um mindestens ein Jahr zu verschieben, reagierte Kogler verbal brutal wie in verflossenen Oppositionszeiten.

In der ZiB2 richtete er der Kammer aus, dass sie es war, die dem russischen Staatschef Wladimir Putin "den roten Teppich ausgerollt hat", und zwar einen "roten Teppich mit Schleimspur".

Fischer: "Immer gute Beziehungen mit Russland"

Diese "Schleimspur" in den vergangenen Jahren betrifft auch die Amtszeit von Ex-Bundespräsident Heinz Fischer. Auf die Frage, ob er sich angesprochen fühle, meinte Fischer im Ö1 Mittagsjournal: "Ich glaub, das ist nicht das Niveau, von dem man sich angesprochen fühlt." Den Krieg müsse man scharf verurteilen, so Fischer: "Ein anderer, wichtiger Teil der Wahrheit, den der Herr Vizekanzler da vergessen hat, ist die Tatsache, dass Österreich seit dem Abschluss des Staatsvertrags immer faire, vernünftige und sogar gute Beziehungen mit Russland gehabt hat."

Aufnahmen, die Fischer scherzend und lachend mit Putin auf Einladung der Wirtschaftskammer zeigen, nur vier Monate nach der Annexion der Krim, bereut Fischer ebenfalls nicht. "Nein, das ist mir nicht unangenehm, weil das hat den damaligen Verhältnis entsprochen." Europa hätte damals einen radikalen Kurswechsel einschlagen müssen und Putin geschlossen nicht mehr einladen dürfen, um ein anderes Verhältnis zu rechtfertigen, meinte Fischer. Dies habe aber nicht stattgefunden.

Damals gut, heute schlecht?

Auch die heute kritische gesehene Abhängigkeit Österreichs in Fragen der Energie-Sicherheit seien damals anders zu beurteilen gewesen. Alle seien zu der Zeit froh gewesen über eine stabile Energie-Beziehung zu Russland, so Fischer. "Jetzt entdecken manche, dass das alles falsch war."

Über die viel kritisierten und hoch dotierten Beraterverträge ehemaliger hochrangiger Politiker in Russland wolle Fischer nicht urteilen. "Ich mache mich da nicht zum Richter über Kollegen aus anderen Parteien oder aus der eigenen Partei im Bezug auf Beraterverträge. Ich sag noch einmal, bei mir werden Sie keinen Beratervertrag finden." Ihn habe auch niemand um Rat gefragt, ob er einen solchen Vertrag annehmen solle.

Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) beendete seine Tätigkeit im Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Lukoil nach großem öffentlichen Druck in der Zwischenzeit. Ex-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) verließ den Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn RZD ebenfalls. Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) will ihren Aufsichtsratsposten beim staatlichen russischen Öl-Konzern Rosneft jedoch nicht aufgeben.

Ein "Diskussionsbeitrag"

Die Regierungsmitglieder sollten sich jedenfalls selbst eine Meinung bilden "und sich nicht von jenen aufscheuchen lassen, die uns genau in dieses Unglück mit hineingeführt haben", sagte Kogler in der ZiB2. Die Forderung der Wirtschaftskammer bezeichnete Kogler als "Diskussionsbeitrag", es gelte aber nun die Energiewende herbeizuführen.

Die derzeitigen Preisverwerfungen aufgrund des Krieges mitten in Europa würden ein Vielfaches der CO2-Bepreisung ausmachen. Außerdem hänge an dem Vorhaben auch der Energiebonus, der ärmeren Einkommensschichten netto mehr bringen würde. "Das hilft jenen, die es am meisten brauchen", sagte der Vizekanzler im ORF.

Die "Herrschaften aus der Bundeswirtschaftskammer"

Von dieser Milde war Kogler dann weit weg, als er zum Vorstoß von WKÖ-Präsident Harald Mahrer und Generalsekretär Karlheinz Kopf zur Verschiebung der CO2-Bepreisung gefragt wurde.

Kogler im Originalton: "Ich bin ein bisschen vorsichtig geworden hier diese Debattenbeiträge wohlwollend aufzunehmen. Es waren ja die Herrschaften aus der Bundeswirtschaftskammer die uns genau immer wieder, und zwar aktiv, in diese Abhängigkeit mithineingeritten haben. Es ist schon seit 2009 klar, dass wir als Österreich viel stärker rausgehen sollen aus den Fossilen, aber jedenfalls diversifizieren müssen. Und genau das Gegenteil ist passiert. Die Vorgängerregierungen, und allen voran die Wirtschaftskammer, die Putin den roten Teppich ausgerollt haben, Standing Ovations, Roter Teppich mit Schleimspur, das geht sich nicht aus. Und jetzt kann es nicht so sein dass das völlig unberücksichtigt bleibt in der Bewertung."

Vizekanzler Kogler zur Flüchtlingshilfe

Blaue: Teuer-Steuer, Sinnlos-Steuer

Der Dachverband Erneuerbaren Energie Österreich (EEÖ) zeigte sich heute "äußerst irritiert von den Ideen der WKÖ und deren gewünschten energiepolitischen Maßnahmen". "Die erstbeste Situation dazu zu benutzen, um sich gegen eine Bepreisung von CO2 zu stellen oder ein wirksames Energieeffizienzgesetz zu verhindern ist zwar als Position der WKÖ nicht überraschend, aber dennoch äußerst rückwärtsgewandt und entlarvend", kritisierte Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des EEÖ.

Eine komplette Abkehr von der "Teuer-Steuer" fordert hingegen die Freiheitliche Wirtschaft. "Dass die offizielle Interessensvertretung der Unternehmen in Zeiten massiver Energiepreisexplosion nicht eine sofortige Kübelung dieser Sinnlos-Steuer fordert, ist verwunderlich", so Bundesobmann-Stellvertreter Reinhard Langthaler. Unterstützung bekam er von FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch, der ebenfalls die Nicht-Einführung einer CO2-Bepreisung verlangt.

Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) wiederum fordert "mehr Vernunft, weniger Ideologie". Das Aussetzen der Bepreisung um mindestens ein Jahr sei "durchaus vernünftig".

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