Noch schauen alle auf Michael Häupl

Häupl dürfte sich am Donnerstag zur Causa äußern.
Der Bürgermeister schweigt, Gerhard Zeiler ist als Nachfolger im Gespräch.

Der Streit um die Nachfolge des Wiener Bürgermeisters, Michael Häupl, eskaliert. In der Wiener SPÖ werden täglich Intrigen geschmiedet und Allianzen geschlossen.

Auch bei der Klubsitzung am Mittwoch wurden trotz aller Bemühungen um Einigkeit die Gräben offensichtlich. Finanzstadträtin Renate Brauner legte das Stadtbudget für 2017 vor, doch nicht alle Genossen wollten diesem folgen. Von den 60 anwesenden Funktionären stimmten fünf gegen den Entwurf – sie alle kommen aus der Donaustadt. Neben Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy und seinem Stellvertreter Karl Gasta verweigerten auch die drei Gemeinderäte Ingrid Schubert, Joe Taucher und Luise Däger-Gregori dem Budget ihre Zustimmung. Der vierte Donaustädter Gemeinderat Thomas Reindl stimmte für den Entwurf.

Risikospiel

Im Dezember muss das Budget durch den Gemeinderat. Sollten die drei Donaustädter Gemeinderäte auch hier ihren Sanktus verweigern, hätte Rot-Grün nur noch eine Stimme Überhang – ein großes Risiko.

"Es gibt im Budget keine ausreichende Finanzierung von Straßenneubauten in den Stadtentwicklungsgebieten, deswegen haben wir dagegen gestimmt", erklärt Bezirksvorsteher Nevrivy auf KURIER-Nachfrage. Er erneuert im selben Atemzug auch seine Forderungen: "Wir brauchen eine inhaltliche und personelle Erneuerung der Partei", fordert Nevrivy. "Die Unzufriedenheit wird jeden Tag stärker. Ich erwarte mir vom Parteivorsitzenden, dass er ein Zeichen setzt."

Doch nicht nur das Budget, sondern auch das Sozial- und Gesundheitsressort war Teil der Debatte. So griff etwa Gemeinderätin Martina Ludwig-Faymann die Mindestsicherungspolitik von Sozialstadträtin Sonja Wehsely scharf an. Ebenso heißes Thema war das Krankenhaus Nord und die angespannte Situation im Krankenanstaltenverbund.

Dem Budget zugestimmt haben letztlich viele, die bisher als scharfe Kritiker aufgetreten sind, etwa der ehemalige Landesparteisekretär Christian Deutsch. Dieser hatte noch vor zwei Tagen Bürgermeister Michael Häupl aufgefordert, den Chefsessel freizumachen.

Eine Retourkutsche?

Dass das auch eine Retourkutsche für die Demontage von Bundeskanzler Werner Faymann sei, dementiert Deutsch nun heftig. "Das ist blanker Unsinn", sagte der heutige Gemeinderat.

Wenn man sich allerdings ansieht, wer sich zuletzt kritisch zum linken Flügel der Wiener SPÖ gemeldet hat, sieht deren Nähe zu Faymann. Der Liesinger Gerhard Schmid etwa, der seinen Posten als Bundesgeschäftsführer verlor, oder auch Barbara Novak, die einst im Kabinett von Staatssekretärin Sonja Steßl saß.

"Das ist eine Allianz von Leuten, die Posten verloren haben und jetzt um sich schlagen", sagt ein hoher roter Funktionär, der die Debatte dennoch als "Sturm im Wasserglas" einschätzt.

Schwierige Thronfolge

Offiziell hat sich der Bürgermeister noch nicht zu Wort gemeldet, viele rechnen aber mit einer Ansage Häupls im Zuge der Präsidiumssitzung am Donnerstag.

Die große Frage ist: Wer wird Häupl nachfolgen? Wehsely und Brauner scheinen defintiv aus dem Rennen zu sein. Im Kreis der aussichtsreichsten Kandidaten auf die Thronfolge werden SPÖ-Klubchef Andreas Schieder, Stadträtin Ulli Sima und Wohnbaustadtrat Michael Ludwig genannt. Allerdings steht die SPÖ Wien dann vor einer Zerreißprobe. Schieder, Lebensgefährte von Wehsely, wird dem linken Lager zugeordnet. Gegen ihn werden die Flächenbezirke Sturm laufen, die sich eine Öffnung zur FPÖ wünschen. Macht Ludwig das Rennen, steht die Wiener SPÖ vor dem Problem, dass der linke Flügel heftig protestieren wird. Ulli Sima wird zwar gute Arbeit attestiert, ihr fehlt aber wiederum die Machtbasis in der SPÖ.

Da die Stadträte untereinander derart zerstritten sind, kommt eine dritte Variante ins Spiel. Ein unbelasteter Kandidat von außen, der die Machtkampf in der Stadtregierung und innerhalb der Partei befrieden kann.

In den vergangenen Tagen tauchte der Name des Medien-Managers Gerhard Zeiler (61) auf. Häupl hatte Zeiler schon als Faymann-Nachfolger favorisiert. Vielleicht zaubert er Zeiler nun als Kompromiss-Kandidaten für Wien aus dem Hut.

Oxonitsch rückt für Häupl aus

Im Ö1-Morgenjournal am Donnerstag ist Wiens SP-Klubobmann Christian Oxonitsch ausgerückt, um die Personaldebatte zu beenden. Durch die Gemeinderatswahl im Oktober des Vorjahres sei "klar geworden", dass Häupl weiterhin "diese Stadt lenken soll". Die bisherige Bilanz von Rot-Grün in Wien könne sich sehen lassen. Die Diskussion über einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für den Bürgermeister sei daher "überhaupt nicht angebracht". Angesprochen auf Häupls Kritiker, sagte der Klubchef: "Ich würde mich freuen, wenn wir die Diskussion in den Gremien führen." Oxonitsch sieht auch "keinen Grund", über andere Personen in der Stadtregierung, also etwa über eine etwaige Ablöse von Brauner, Frauenberger oder Wehsely, zu diskutieren.

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