Nach Vorwürfen: SPÖ und FPÖ wollen wissen, was mit Pilnaceks Sachen geschah

Nach Vorwürfen: SPÖ und FPÖ wollen wissen, was mit Pilnaceks Sachen geschah
Abgeordnete Krainer und Hafenecker bringen parlamentarische Anfragen ein. Die "Rätselhaftigkeiten" gehören aufgeklärt, sagt Krainer. Unterdessen hat die WKStA den Fall abgegeben.

Mit einer Sachverhaltsdarstellung an die WKStA wollte die Untersuchungskommission um den Anti-Korruptionsexperten Martin Kreutner eigentlich "alle Seiten" in der Causa um den verstorbenen Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek beleuchtet haben. 

"Alle" - also nicht nur die Polizei, sondern auch die Staatsanwaltschaft Krems, die das Verfahren damals geführt hat. 

Wie gestern, Dienstag, bekannt wurde, hat die WKStA die Anzeige aber an die Kollegen in Krems weitergeleitet. Die Staatsanwaltschaft prüft nun also ihr eigenes Vorgehen. 

Die Vorwürfe, die vergangene Woche über einen Artikel im Onlinemedium Zackzack publik wurden, bieten in der Zwischenzeit viel Raum für Spekulationen. 

Wie berichtet, haben Kriminalbeamte wenige Stunden nach dem Fund des Leichnams die Freundin Pilnaceks, bei der er zuletzt gewohnt haben soll, aufgesucht und die Herausgabe von Handy, Schlüssel und Geldbörse gefordert. 

Eine Sicherstellungsanordnung der Staatsanwaltschaft hatten sie nicht, offenbar haben die Beamten aus Eigenem gehandelt. Was an sich möglich ist, eine offizielle Begründung gab es dafür bis dato aber nicht. 

Die Causa hat mittlerweile das Parlament erreicht: Die SPÖ hat bereits zwei parlamentarische Anfragen - eine an das Justiz- und eine an das Innenministerium - eingereicht, die FPÖ ist noch in der Finalisierung.

"Volle Aufklärung und Transparenz"

SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer geht auf Spekulationen rund um die sichergestellten Gegenstände ein: Auf dem USB-Stick, den die Beamten gefordert haben sollen, der aber nicht aufzufinden war, soll sich Pilnaceks "Lebensversicherung" befunden haben, heißt es da: "Akten und Unterlagen, Wissen über die Spitzen der ÖVP."

Der ehemalige Sektionschef sei ja derjenige gewesen, bei dem "alle Fäden zusammenliefen", ab 2010 hatte er die Kontrolle über die Staatsanwaltschaften, 2018 wurde er dann Generalsekretär im Ministerium. 

Krainer thematisiert auch die Tatsache, dass Ex-Kanzler Sebastian Kurz am Rande seines Falschaussage-Prozesses damals vor Medien erklärte, er habe noch mit Pilnacek telefoniert - wenige Stunden, bevor dieser sich das Leben genommen habe, sagte er da. 

"Die Rätselhaftigkeiten rund um den Tod des ehemaligen Sektionschefs werden immer mehr und gehören aufgeklärt. Berechtigte Fragen mit einer Mauer des Schweigens zu beantworten, ist keine gute Idee. Es braucht hier volle Aufklärung und Transparenz", schreibt der SPÖ-Abgeordnete. 

Polizisten als Boten?

Vom Innenministerium will er wissen, wie die Abläufe bei der Polizeidienststelle ausgesehen haben, was genau untersucht, wer befragt wurde und was es mit den Sicherstellungen auf sich hatte.

 Das Justizministerium soll Fragen zum Informationsfluss zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei sowie zu den Sicherstellungen beantworten. "Was geschah mit den abgenommenen Gegenständen? Welche Rechtsgrundlage gibt es jeweils für die Abnahme, die Aufbewahrung und die Weitergabe?", fragt Krainer da beispielsweise. 

Inoffizielle Quellen aus dem Landeskriminalamt haben zuletzt erklärt, man habe die Gegenstände nur abgeholt und der Witwe gebracht - ein "Routinevorgang", hieß es da. 

Glaubt man dieser Erklärung, dann bedeutet das, dass sich die Polizei quasi als Botendienst für den Nachlass betätigt hat. Warum und auf wessen Auftrag hin, ist weiter unklar. Die offizielle Stelle, also die Landespolizeidirektion Niederösterreich, äußert sich nicht dazu. 

Fragen zu Obduktion und Spurensicherung

FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker bereitet ebenfalls eine parlamentarische Anfrage vor. Auch er fragt nach den Informationsflüssen zwischen Justiz und Polizei, aber auch ins Innenministerium. Dieses wurde offenbar von einer anderen Freundin Pilnaceks, die im Kabinett von Nationalratspräsident und Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka arbeitet, informiert.

Thematisiert wird in der Anfrage auch die Obduktion: Angeblich hatten die anwesenden Beamten der Gemeineärztin davon abgeraten, sie soll aber darauf gepocht haben, dass eine durchgeführt wird. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass der Fundort nicht abgesichert wurde und es zu keiner kriminologischen Spurensicherung kam. 

WKStA nicht zuständig

Aktuell drängt sich auch die Frage auf: Warum hat die WKStA die Causa an die Kremser Kollegen weitergeleitet? Diese müsste ja, wie oben angedeutet, nun ihr eigenes Vorgehen prüfen

Und die WKStA ermittelt ja bereits rund um die Vorwürfe, die Pilnacek in einer nach seinem Tod veröffentlichten Tonaufnahme im privaten Kreis geäußert hat. Da sprach er etwa über Interventionsversuche von ÖVP-Leuten bei Strafverfahren.

Von der WKStA heißt es auf KURIER-Anfrage, man habe die Sachverhaltsdarstellung "zuständigkeitshalber" an die Staatsanwaltschaft Krems weitergeleitet. 

Die WKStA sei zuständig für so genannte "Katalogstraftaten", etwa Vermögensdelikte ab einem Schaden, der fünf Millionen Euro übersteigt, oder bei Korruptionsdelikten, wenn die Tat in Bezug auf einen 3.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils begangen wurde. 

"Skurril", dass Krems selbst prüft

Aber könnte die WKStA die neuen Vorwürfe nicht mit dem bereits laufenden Ermittlungsverfahren gegen "Verantwortliche aus dem Kreis der ÖVP" zusammenführen? Eine Zusammenführung sei generell nur möglich, wird erklärt, wenn die Tat mit einem der "Katalogstraftaten" in einem "engen, sachlichen Zusammenhang steht". 

SPÖ-Abgeordneter Krainer findet es jedenfalls "skurril", dass die Staatsanwaltschaft Krems die Vorwürfe nun selbst prüft. "Am besten wäre es wohl bei der WKStA aufgehoben", sagt er zum KURIER. 

Auch FPÖ-Abgeordneter Hafenecker sagt: "Ich finde es sehr wichtig, dass die Angelegenheit breit überprüft wird, da sie für uns Freiheitliche mehr als nur ein 'Gschmäckle' hat." Im Zentrum laut Hafenecker: "Der Tiefe Staat der ÖVP." 

Es besteht noch die Möglichkeit, dass die Kremser den Fall abgeben, um den Anschein einer Befangenheit zu vermeiden. Die Entscheidung würde die Oberstaatsanwaltschaft Wien treffen. Dort heißt es, die Initiative dafür müsse von Krems ausgehen, sie müsse vorlegen. 

Kommentare