„Das ist ein extrem wichtiges Thema“, heißt es aus dem Finanzministerium (BMF) auf KURIER-Anfrage. Gleichzeitig verweist man auf die Verhandlungen zum Finanzausgleich. Hier geht es darum, wie das Steuergeld auf Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt wird.
Damit Länder und Gemeinden stärker in Kinderbetreuung, Gesundheit und Pflege investieren können, habe ihnen der Bund zehn Milliarden Euro für die fünf nächsten Jahre angeboten, betont das BMF. Klar ist laut BMF aber auch, „dass der Bund nicht alle Herausforderungen der Zukunft alleine stemmen und finanzieren kann“.
Fleckerlteppich
Gesetzlich sind die Länder und Gemeinden für die Kinderbetreuung zuständig. Die Grünen hatten am Montag aber gefordert, dass die gesamte Elementarpädagogik zur Bundeskompetenz werden solle. „Die Finanzierung muss vom Bund gesichert sein, und dafür müssen sich die Gemeinden verpflichten, gewisse Bedingungen zu erfüllen. Etwa was die Öffnungs- und Ferienzeiten betrifft, die Gruppengrößen oder die Arbeitsbedingungen“, sagte die grüne Jugendsprecherin Barbara Neßler. Den Finanzausgleich nannte sie als mögliche Alternative.
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Johannes Pressl (ÖVP), Präsident des niederösterreichischen Gemeindebunds, findet Neßlers Forderung nicht zu Ende gedacht. „Ich glaube, wer das fordert, hat die Praxis nicht ganz verstanden“, sagt er auf KURIER-Anfrage. Und weiter: „Ja, wir brauchen mehr Geld aus dem Finanzausgleichsgesetz! Das ist das eine, aber die Umsetzung ist eine ganz andere Dimension. Die Organisation der Betreuung muss vor Ort auf der Gemeindeebene passieren, das kann ein Zentralstaat gar nicht.“
Fest steht: Bei der Kinderbetreuung gibt es im föderalen Österreich massive Qualitätsunterschiede. In Wien waren 2021 89 Prozent der Kinder bis fünf Jahre laut Statistik Austria in ganztägiger Betreuung. Dementsprechend hat Wien unter Frauen bundesweit die niedrigste Teilzeitquote: 43 Prozent. Das geringste Angebot für Ganztagsbetreuung und gleichzeitig die höchste Teilzeitquote unter Frauen hat Oberösterreich.
Lob und Unverständnis
Bei ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann kommt Mahrers Vorstoß deshalb prinzipiell gut an. Sie geht aber noch weiter: Nur mit einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung hätten Frauen echte Wahlfreiheit zwischen Teil- und Vollzeit. Schumann fordert zudem ein Bundesrahmengesetz mit hohen Mindeststandards für Bundesländer und Gemeinden. Unos (die Interessensvertretung der Neos in der Wirtschaftskammer) fordert zwar auch mehr Kinderbetreuung, ist aber irritiert. „Harald Mahrer ist offenbar auf beiden Ohren taub, wenn er einen Aufschrei wegen der fehlenden Kinderbetreuung vermisst“, so Unos via Aussendung. Denn ausgerechnet Mahrers ÖVP habe den Ausbau bisher verhindert.
Kerstin Suchan-Mayr, Familiensprecherin der SPÖ Niederösterreich, fordert einen Rechtsanspruch auf kostenlose Ganztagsbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. Für Eltern müsse es möglich sein, Kinder am Nachmittag in Betreuung zu haben, „ohne dafür viele hunderte Euro pro Monat hinzublättern“. Erste Schritte hat die niederösterreichische Landesregierung beschlossen: Ab September 2024 soll es mehr Betreuer und kleinere Gruppen geben. Zudem dürfen Kinder ab zwei Jahren in den öffentlichen Kindergarten gehen.
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