Wo genau man einen Gang zulegen müsste, das ist für Sozialpartner und Industriellenvereinigung ohnehin seit Jahren klar: bei der Kinderbetreuung und dem Ausbau derselben.
Anlässlich der laufenden Finanzausgleichsverhandlungen will die Kammer den Druck erhöhen. Und so hat man einen detaillierten Stufenplan vorgelegt, wie bis ins Jahr 2030 die Kinderbetreuungsplätze qualitativ wie quantitativ zulegen sollen.
Warum ist das nötig? Weil die Lage nach wie vor bescheiden ist.
„Ich wundere mich, dass es nicht längst einen großen Aufschrei gibt“, sagt Mahrer – und erinnert an ein paar Kennzahlen: Bei den unter Dreijährigen ist Österreich mit weniger als 30 Prozent Betreuungsquote weit unter dem Schnitt der EU-27; im Gegenzug ist die Teilzeitquote in Österreich bei Frauen mit Kindern unter sechs Jahren europaweit nicht nur im Spitzenfeld, sondern mit 71,6 Prozent sogar satte 38 Prozentpunkte über dem europäischen Schnitt.
Stufenplan
So weit der Befund. Wie aber sieht nun der detaillierte „Stufenplan bis 2030“ aus, den die Wirtschaftskammer durchgerechnet hat?
Im Wesentlichen geht es um drei Bereiche, Mahrer nennt sie „Handlungsfelder“: Zunächst müsse der Übergang von Kindergarten zu Schule möglichst ohne „Brüche“ passieren. Dazu müsse ein Katalog an österreichweit gültigen Qualitätskriterien entwickelt werden, damit Kindergärten zu Bildungseinrichtungen wachsen.
In einem zweiten Schritt sollten alle Betreuungsplätze quantitativ wie qualitativ ausgebaut werden. Konkret schlägt die Wirtschaftskammer bis 2030 eine Ausweitung der Öffnungszeiten um zwei Stunden täglich vor; und jeder Kindergarten solle pro Jahr zumindest 47 Wochen offen haben, um den Eltern eine echte Wahlfreiheit zu ermöglichen.
Sind die mitunter schlechten Öffnungszeiten am Land nicht oft auch damit zu erklären, dass Bürgermeister einfach keinen Grund sehen, warum der gemeindeeigene Kindergarten täglich vom frühen Morgen bis in den Abend offen halten soll?
Mahrer sieht das anders: Angesichts der allgemeinen Budgetnot müssten sich Bürgermeister oft zwischen Infrastruktur und dem Ausbau der Kinderbetreuung entscheiden. „Es geht aber nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch.“ Überall dort, wo mehr Kinderbetreuung angeboten wird, werde diese auch angenommen. „Weil der Bedarf da ist.“
Ein Sowohl-als-auch? Wer soll denn das bezahlen?
Für Mahrer ist die Frage nach den öffentlichen Ausgaben kein belastbares Argument. „Wir haben die Gesamtkosten durchgerechnet und kommen auf 6,32 Milliarden Euro bis ins Jahr 2030.“ Die „Input-Output-Analyse“ sei hier aber klar aufseiten der Wirtschaft und des Finanzministers – sogar kurzfristig. Denn starte man sofort, würden schon ab dem Jahr 2027 die volkswirtschaftlichen Vorteile die öffentlichen Investitionen übertreffen. Und ab 2030 würde das Bruttoinlandsprodukt schließlich um mehr als sieben Milliarden Euro im Jahr ansteigen, gäbe es eine hochwertige Kinderbetreuung. „Der Plan liegt vor“, sagt Mahrer. „Jetzt geht es nur noch ums Tun. Es geht um den Willen.“
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