Nach EuGH-Urteil: Kickl will jetzt EU-Recht reduzieren, Österreich droht Nachzahlung
Die Arbeiterkammer, die Caritas, die Neos, die Bundesjugendvertretung - weit spannt sich der Bogen, die über das Urteil des europäischen Gerichtshofs EuGH erleichtert sind: Kinder ausländischer Arbeitner in Österreich, die im Herkunftsland leben, dürfen bei den Beihilfen nicht mehr schlechter behandelt werden. Türkis-Blau hat 2019 die sogenannte "Indexierung" der Familienbeihilfen eingeführt, 2020 hat die EU-Kommission den EuGH eingeschaltet, und dieser hat am Donnerstag sein Urteil gbekannt gegeben.
Diese Idexierung nach Herkunftsländern ist rechtswidrig.
220 Millionen für Nachzahlungen zurückgestellt
Österreich drohen nun Nachzahlungen. Man sei „für alle etwaigen Rechtsfolgen durch das Urteil des Gerichtshofs vorbereitet“, hieß es zuletzt aus dem Familienministerium. Ressortchefin Susanne Raab (ÖVP) hat laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung im Mai bereits Rückstellungen von 220 Millionen Euro für mögliche Nachzahlungen gebildet.
Die FPÖ will jetzt alle Zahlungen ins Ausland einstellen
Die FPÖ tobt über das Urteil FPÖ-Chef Herbert Kickl fordert, dass Österreich künftig "keinen Cent" an Familienbeihilfe wegen Kindern bezahlen sollte, die nicht in Österreich wohnhaft sind. „Die Nationalstaaten sollen selbst entscheiden, unter welchen Bedingungen sie Familienleistungen gewähren und ob das Geld auch ins Ausland bezahlt werden soll. Es braucht da keine Anleitung aus Brüssel.“, so Kickl.
FPÖ: Familienleistungen aus EU-Recht nehmen
„Die einfachste Lösung wäre daher, dass Familienleistungen kein Bestandteil der EU-VO 883/2004 samt ihrer Durchführungsverordnung mehr sein dürfen und Österreich die Zahlungen von Familienbeihilfe ins Ausland gänzlich einstellt. Weniger EU, dafür Rückgabe der Kompetenzen an die Nationalstaaten muss das Ziel sein", fordert Kickl.
Neos: Guter Tag für die Kinder in Europa
„Heute ist ein guter Tag für die Kinder in Europa“, reagiert NEOS-Familiensprecher Michael Bernhard auf das EuGH-Urteil, die Indexierung der Familienbeihilfe als rechtswidrig einzustufen und der „menschenverachtenden Showpolitik von Türkis-Blau endlich ein Ende zu setzen“. „Dieses Urteil zeigt, wie zynisch, populistisch und unfair Familienpolitik unter Türkis-Blau betrieben wurde und welches Verständnis beide Parteien von der EU-Gemeinschaft haben.“
Österreich, so Bernhard, habe sehenden Auges ein Vertragsverletzungsverfahren sowie finanzielle Sanktionen in Millionenhöhe riskiert: „Und wieder einmal braucht es ein Urteil von oberster Stelle, weil sich die ÖVP einfach nicht eingestehen kann, dass sie schwerwiegende Fehler gemacht hat und diese selbstständig behebt. Es ist beschämend.“
Mit Fairness Arbeitskräfte holen
Jenes Gesetz müsse nun so rasch wie möglich annulliert werden, fordert der NEOS-Familiensprecher: „Wir hoffen, dass die Rückkehr zum Normalzustand dazu führen wird, dass wir mit Hilfe einer fairen Familienbeihilfe die dringend nötigen Arbeitskräfte für Tourismus oder Pflege wieder nach Österreich holen können.“
AK-Chefin Anderl: "Kinder von Pflegerinnen nicht schlechter behandeln"
Die Arbeiterkammer sei immer dagegen gewesen, Familienleistungen für im Ausland lebende Kinder zu kürzen. „Man kann nicht zuerst 24-Stunden-Betreuer:innen oder Pfleger:innen, die großartige Arbeit leisten und das System am Laufen halten, nach Österreich holen, aber ihre Kinder dann schlechter behandeln“, so AK-Präsidentin Renate Anderl.
Seit mehr als drei Jahren (Einführung Jänner 2019) erhalten Unionsbürger:innen für ihre Kinder nur eine gekürzte Familienbeihilfe sowie gekürzte steuerliche Familienleistungen. Die AK hat diese unrechtmäßige Kürzung von Anfang an kritisiert und als diskriminierend eingeschätzt. Nachdem EuGH Urteil, das bestätigt, dass die Indexierung der Familienbeihilfe gegen EU-Recht verstößt, fordert die AK von der Regierung, den Familien schnellstmöglich zurückzugeben, was ihnen vorenthalten wurde. „Gerade in der jetzigen Teuerungskrise müssen Familien unterstützt statt diskriminiert werden“, betont Anderl.
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