Dass sich die Grünen mit Kritik an Sebastian Kurz zurückhalten, sei Kalkül, heißt es bei den Grünen. Sie sehen dieses Leisetreten nicht als "klein beigeben". Ein grüner Stratege: "Würden wir den Kanzler kritisieren, hätten wir Schlagzeilen in den Medien, die lauten: ‚Die Regierung streitet.‘ Weil wir still halten, kritisieren die Journalisten den Kanzler und schreiben, dass er sich nicht Kanzler-like benimmt."
Was es sehr wohl immer wieder gibt und gab, sind Eifersüchteleien zwischen Rudolf Anschober und Sebastian Kurz. Die mediale Präsenz des Gesundheitsministers ist Kurz und seinem Team oft ein Dorn im Auge. Denn bei den Türkisen ist alles auf eine Person zugeschnitten: Kurz. Wer sonst? Ein zweiter Bühnenstar ist in dem Konzept nicht vorgesehen.
In ihrer Kampfformation sind ÖVP und Grüne grundverschieden aufgestellt. In der ÖVP ist praktisch alles strategischem Kalkül und medialer Performance untergeordnet. Die Kurz-Company im Kanzleramt ist notorisch.
Die Grünen hingegen haben nicht einmal einen Generalsekretär. Während sich Kurz von einem Vollprofi wie Stefan Steiner beraten lässt, haben die Grünen geradezu eine Aversion, sich Kommunikationsstrategen unterzuordnen. Vollprofis wie Lothar Lockl oder Martin Radjaby hätten sie in ihrem Umfeld, "aber die dürfen nicht ran", erzählt ein Grüner.
Auf politischer Seite ziehen bei den Grünen Vizekanzler und Parteichef Werner Kogler sowie Klubobfrau Sigrid Maurer die Fäden. Interne Bedeutung gewinnt zunehmend auch Infrastrukturministerin Leonore Gewessler.
Einen fliegenden Koalitionswechsel wird es nicht geben, weil die SPÖ nicht mitspielt. Auf Druck von Michael Ludwig gibt es einen Regierungseintritt der SPÖ nur nach Neuwahlen. Vorzeitige Neuwahlen kann sich aber Kurz nicht leisten, denn das wäre die dritte Regierung, die er aufkündigt.
Das heißt: Türkis und Grün bleiben zusammen und hoffen auf einen neuen Frühling: Wenn die Pandemie vorbei ist, alles wieder aufsperrt, dann würde die Kritik an der Regierung wieder abnehmen, und die Umfragen wieder steigen …
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