Motto beim Grünen Bundeskongress: Erfolge feiern und "durchtauchen"
Ziemlich genau eineinhalb Jahre sind die Grünen nun in der Regierung. Eineinhalb Jahre an der Seite der ÖVP, eineinhalb Jahre, die für den Juniorpartner durchaus strapaziös waren – Stichworte Moria, Abschiebungen nach Tschetschenien, Chat-Skandale und ÖVP-Angriffe auf die Justiz. Diesen Sonntag kommen die Grünen zum ersten Mal seit ihrer Entscheidung, mit der ÖVP eine Koalition einzugehen, zusammen.
Von den in Summe 290 Delegierten wurden vor Beginn des „BuKo“, wie er im grünen Jargon heißt, maximal 287 in Linz erwartet. Das Treffen steht unter dem Motto: „Gemeinsam neue Wege gehen“ .
Was das genau bedeutet, und welche Anträge für „neue Wege“ von der grünen Basis kommen werden, sorgt für Anspannung – und zwar bei den Türkisen. Dem Vernehmen nach klopfen ÖVP-Strategen seit Wochen bei verschiedenen grünen Abgeordneten ab, ob Ungemach drohe. Tatsächlich stand eine brenzlige Situation im Raum: Die Wiener Grünen wollten einen Antrag an den BuKo stellen, wonach die Koalition zu beenden sei, wenn ein Regierungsmitglied nach Anklage nicht zurücktritt. Dieser Antrag wurde gerade noch verhindert, von wem, darüber schweigen sich die Grünen aus. Wäre der Antrag durchgegangen, hätte ein Strafantrag der WKStA gegen Kanzler Kurz wegen Falschaussage entweder zum Kurz-Rücktritt oder zum Koalitionsbruch geführt.
Nun bleibt die Situation offen. Bezüglich Kurz haben sich die Grünen unter Strafrechtlern umgehört. Ergebnis der Erkundung: Diese Strafrechtler halten eine Anklage zwar für plausibel, die Chancen auf eine Verurteilung – sofern es beim derzeit bekannten Sachverhalt der Falschaussage bleibt – aber für gering. Die Grünen fürchten, Handschlagqualität zu verlieren, wenn sie die Koalition wegen einer (möglicherweise ergebnislosen) Anklage aufkündigen – und der Kanzler am Ende als Freigesprochener triumphiert.
„Fürchtet euch nicht“
Zum Justiz-Streit mit der ÖVP hatte Parteichef Werner Kogler im Vorfeld des Bundeskongresses am Donnerstag erklärt, für das Koalitionsklima sei das zwar nicht angenehm, die Grünen könnten aber keine Verantwortung für die Zeit vor 2019 übernehmen. „Deshalb sage ich, fürchtet euch nicht, einfach die Justiz arbeiten lassen“.
Die Verfahren gegen Kurz und Finanzminister Gernot Blümel wird Kogler zwar auch in Linz ansprechen wollen und müssen, in den Vordergrund werden die Grünen aber ihre Erfolge der vergangenen eineinhalb Jahre stellen. Nach dem Motto: „Seht her, was wir geschafft haben, und noch schaffen können“, soll die grüne Basis versöhnt werden.
Zu diesem Zweck will man Klimaministerin Leonore Gewessler in den Mittelpunkt stellen. Ihr sagt man beste Chancen für den Posten als Vize-Parteichefin nach, wenn Anfang 2022 ein neuer Vorstand gewählt werden muss.
Seit 2019 haben diese Funktion die Vorarlberger Abgeordnete und Vorsitzende der Grünen im U-Ausschuss, Nina Tomaselli, und der oberösterreichische Landesparteisprecher Stefan Kaineder inne. Letzterer hat im September eine Landtagswahl in Oberösterreich zu schlagen, wo derzeit noch Türkis-Blau regiert. Beim Bundeskongress geht es also auch darum, die Funktionäre für den Wahlkampf zu mobilisieren.
Einen großen Auftritt wird der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein haben. Laut den grünen Statuten ist ein Minister auf dem BuKo zu wählen, Mückstein ist bisher also nur vorläufig bestellt.
Mückstein zur Wahl
Er werde „eine große Rede halten“, verrät Mückstein dem KURIER. Und dabei nicht zu knapp gegen die ÖVP austeilen. Zum Beispiel, dass der Wirtschaftsbund das Arbeitslosengeld auf 40 Prozent reduzieren wolle – „um das zu verhindern, dazu braucht es Grüne in der Regierung“, wird Mückstein den Delegierten sagen. Oder die Vollspaltenböden, auf denen Schweine gehalten werden. „Da wird einem schlecht. Wenn es nach mir geht, wird das abgeschafft.“
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