Ministerrat: Teiltauglich auch mit Bienenallergie

Ministerrat: Teiltauglich auch mit Bienenallergie
Viele, die bisher als untauglich galten, sollen in Zukunft trotzdem Wehr- oder Zivildienst leisten.

Der Katalog, der einen 18-Jährigen als „untauglich“ klassifiziert, liest sich punktuell wie eine Liste alltäglicher Wehwehchen: Bienenallergie, Übergewicht, Sehschwäche oder Schwerhörigkeit. Alles körperliche Beschwerden, die im Berufsleben selten von Relevanz sind. Nicht so bei der Stellung. 11.155 junge Männer wurden 2018 als untauglich qualifiziert.

Zu wenig Geld und Grundwehrdiener

Bisweilen stehen die strengen Richtlinien, die über Tauglichkeit oder Untauglichkeit entscheiden, sogar dem ausdrücklichen Wunsch so manches 18-Jährigen, der Zivilgesellschaft zu dienen, im Weg. „Ein junger Mann hat sich sogar ans Ministerium gewandt. Er möchte unbedingt Zivildienst leisten. Das geht aber nicht, weil er eben eine Bienenallergie hat“, erzählt Zivildienst-Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) beim Zivildienstgipfel im Bundeskanzleramt.

Diese Schieflage möchte die Regierung nun korrigieren: Künftig soll die „Teiltauglichkeit“ als dritte Kategorie eingeführt werden, um Rettungsdiensten und sozialen Organisationen mehr Zivildiener zur Verfügung stellen zu können. Denn die Zivildiener werden immer weniger, während gleichzeitig der Bedarf bei Organisationen wie dem Roten Kreuz steigt. Im Vorjahr blieben laut den Trägerorganisationen etwa zehn Prozent des Bedarfs an Zivildienern ungedeckt.

Vielfältig einsetzbar

An Einsatzmöglichkeiten für die teiltauglichen Zivildiener mangle es nicht, betont Rot-Kreuz-Präsident Gerald Schöpfer. Etwa in der Verwaltung oder im sozialen Bereich werden sie dringend gebraucht. Ministerin Köstinger verweist auch auf die Gedenkstätte Mauthausen, wo Zivildiener im Einsatz sind. Für körperlich fordernde Rettungseinsätze seien Teiltaugliche allerdings nicht gedacht.

Um die Stellungspflichtigen ab dem 1. Jänner 2021 nach dem neuen Regelwerk bewerten zu können, will Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) heute, Mittwoch, im Ministerrat einen Entwurf einbringen. Nicht zuletzt, weil auch für das Bundesheer die gestiegene Anzahl der Untauglichen zunehmend zum Problem wird.

16.000 Österreicher traten im Vorjahr in den Grundwehrdienst ein – das sind laut Angaben des Verteidigungsministeriums rund 4.000 Personen zu wenig.

Die neuen Tauglichkeitskategorien sollen in Zukunft 2.000 bis 3.000 zusätzliche Grundwehrdiener sowie 500 Zivildiener mehr pro Jahr ins System bringen. Sie sollen individuell passende Tätigkeiten verrichten. Wer bisher beispielsweise aufgrund einer Körpergröße von unter 1,50 Metern untauglich war, könnte beim Heer etwa im Verwaltungsbereich oder in der Cybersicherheit eingesetzt werden.

Zivildienstgipfel: die Teiltauglichkeit kommt

Unklar ist derzeit noch, ob und inwieweit in einem solchen Fall der Grundwehrdienst, den alle Rekruten durchlaufen müssen, angepasst werden muss. Gänzlich untauglich soll in Zukunft nur noch sein, wer körperlich oder geistig stark beeinträchtigt ist.

Auch bei der Überprüfung der Tauglichkeit von Zivildienern ist eine Änderung geplant: Nach der Stellung wird beim tatsächlichen Eintritt in den Zivildienst nämlich vom Amtsarzt eine sogenannte Einstellungsuntersuchung durchgeführt. Aufgrund der uneinheitlichen Beurteilung durch die Amtsärzte soll diese aber in Zukunft auch durch das Ministerium erfolgen.

Gesundheitsstraße

Parallel zur Einführung der Teiltauglichkeit sind als zusätzlicher Anreiz auch Verbesserungen für die Wehrpflichtigen geplant. So soll die Stellungsstraße zur Gesundheitsstraße werden – inklusive Vorsorgeuntersuchung, einer Beratung für einen besseren Lebensstil und Impfungen. „Vier von den sechs Stellungsstraßen sind schon zu Gesundheitsstraßen umgewandelt worden“, erklärt Köstinger.

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