Millionen an Corona-Hilfe für VP-Senioren: Streit um Rechtmäßigkeit

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Missbräuchliche Inanspruchnahme von Coronahilfe der VP-Senioren? SPÖ verweist auf Rechtsentscheid. ÖVP sagt, Aufforderung kam vom Sozialministerium.

Die NEOS wollen in der Affäre um den oberösterreichischen ÖVP-Seniorenbund, der aus dem „Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds“ fast zwei Millionen Euro Corona-Hilfen kassiert hat, nicht locker lassen. Der stellvertretende Klubobmann Niki Scherak kündigte eine weitere parlamentarische Anfrage an, um herauszufinden, ob in den anderen acht Bundesländern Ähnliches passiert ist.

Kogler prüft Rückforderungen

Nach einer NEOS-Anfrage war am Mittwoch bekannt geworden, dass der oberösterreichische Seniorenbund aus dem bei Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) angesiedelten NPO-Fonds fast zwei Millionen Euro Corona-Hilfen kassiert hat - obwohl Parteien und ihre Teilorganisationen davon ausgeschlossen sind. Der oberösterreichische Seniorenbund argumentierte, dass er die Förderung nicht als Parteiorganisation beantragt habe, sondern für seinen gleichnamigen Verein. Kogler kündigte bereits an, eventuelle Rückforderungen zu prüfen.

Scherak: Kogler soll Bundesländerzahlen offenlegen

Scherak kündigt nun eine Folgeanfrage der NEOS an, um herauszufinden, wie das in den anderen acht Bundesländern aussieht. „Der Vizekanzler, der laut Medienberichten nun selbst Zweifel hat, ob die Förderungen an den Seniorenbund rechtmäßig waren, hat sich diese Daten aber sicher schon besorgt und sollte sie daher bereits jetzt, nicht erst in zwei Monaten, offenlegen. Schließlich handelt es sich hier um Steuergeld, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben also ein Recht darauf, rasch zu erfahren, ob es auch im restlichen Österreich Anhaltspunkte gibt, dass Fördergeld an Teilorganisationen einer Partei geflossen ist“, erklärte der stellvertretende NEOS-Klubobmann gegenüber der APA.

"Was quakt wie eine Ente, ist wohl eine Ente"

Die Argumentation der ÖVP, der „Verein OÖ Seniorenbund“ sei nicht ident mit der ÖVP-Teilorganisation Seniorenbund, hält Scherak jedenfalls für „hanebüchen“: „Wenn es aussieht wie eine Ente, schwimmt wie eine Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es wahrscheinlich eine Ente. Wenn der Obmann derselbe ist, der Geschäftsführer derselbe ist, und auch die Mitglieder weitgehend dieselben sind, ist es wahrscheinlich ein und dieselbe Organisation. Die ÖVP muss endlich lernen, dass auch sie sich an Regeln und Gesetze zu halten hat und die Republik kein Selbstbedienungsladen ist.“

SPÖ: "Sauerei"

Mit scharfer Kritik an Kanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler reagiert SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. „Einmal mehr hat sich die türkise Truppe - unter kräftiger Mithilfe des zuständigen Ministers Kogler - die eigenen Taschen vollgestopft.“ Dass der oberösterreichische Seniorenbund aus dem „Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds“ fast zwei Millionen Euro Corona-Hilfen kassiert hat, ist für Deutsch „eine Sauerei“.

Senioren-Double seit 2018 nicht zulässig

Besonders brisant ist dabei, dass die „hilflosen Verteidigungsversuche der Türkisen“, beim Seniorenbund sei zwischen ÖVP-Teilorganisation und Verein zu unterscheiden, „wie ein Kartenhaus zusammenbrechen“. Denn der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) hat bereits 2018 judiziert, dass nach dem Parteiengesetz keine Differenzierung zwischen dem Verein „Seniorenbund“ und der ÖVP-Teilorganisation „Seniorenbund“ vorzunehmen ist, da „die beiden Organisationen inhaltlich eine Einheit bilden“. Der entsprechende Bescheid wurde vom UPTS am 14. Dezember 2018 an die ÖVP-Bundespartei- „z. H. Herrn Generalsekretär Abg.z.NR Karl Nehammer, MSc“ - übermittelt und vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt

SPÖ fordert sofortige Rückzahlung

„Warum der Seniorenbund trotzdem vom Juli 2020 bis März 2022 knapp zwei Millionen Euro aus dem NPO-Fördertopf erhalten hat, obwohl Parteiorganisationen ausgeschlossen sind, müssen Nehammer und Kogler beantworten - und zwar rasch!“, so Deutsch gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Für den SPÖ-Bundesgeschäftsführer ist klar, dass sich die ÖVP einmal mehr schamlos an der Republik bedient hat: „Die Türkisen haben überhaupt keinen Generier mehr und überschreiten jede rote Linie“, so Deutsch, der scharf kritisiert, „dass die Regierung gleichzeitig die Menschen in Österreich bei der höchsten Teuerung seit über 40 Jahren vollkommen im Stich lässt“. Neben der „vollständigen Aufklärung dieses Förder-Skandals“ fordert Deutsch außerdem ÖVP-Obmann Nehammer auf, „die volle Summe von 1.915.194,14 Euro zurückzubezahlen“.

Ausschließungsgrund Parteinähe

Zur Information: Bei der Beantragung der besagten Covid-Unterstützung musste man unterschreiben, dass kein Ausschließungsgrund vorliege. Und als Ausscvhließungsgrund waren Parteien und deren Teilorganisationen genannt.

ÖVP: Generalsekretär des Sozialministeriums gab Hinweis

Auch in Tirol floss Coronahilfe an den Seniorenbund. Wie in anderen Ländern hat der Tiroler Seniorenbund seine operative Tätigkeit in einen, von der Partei „entkoppelten“ Verein ausgelagert, erklärte Seniorenbund-Landesobfrau und ÖVP-LAbg. Patrizia Zoller-Frischauf gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“. Nur der Verein habe eine Covid Förderung bekommen - und zwar exakt 184.764,49 Euro.

Zoller-Frischauf begründet den Antrag beim NPO-Fonds mit dem Ausfall sonstiger Einnahmen durch Pandemie und Lockdowns. Gleichzeitig habe der Seniorenbund in Tirol seine sieben Mitarbeiter halten wollen. Diese seien mit vielen Anfragen der Mitglieder zu Corona und den Folgen auch sehr beschäftigt gewesen. Man habe sogar eine eigene Serviceausgabe der Mitgliederzeitung herausgebracht. „Das ist alles nachvollziehbar“, meinte die frühere Wirtschaftslandesrätin.

Zudem verwies Zoller-Frischauf wie ihr Kollege aus Oberösterreich auf ein Schreiben aus dem Generalsekretariat des Sozialministeriums aus dem Juli 2020, wonach das Ministerium dem Seniorenrat (in dem auch der Seniorenbund vertreten ist) empfohlen habe, Einnahmenausfälle in der Corona-Krise über den NPO-Fonds abzufedern. Laut „TT“ soll der Seniorenbund jedenfalls in mehreren Bundesländern Anträge auf Förderungen eingereicht haben.

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