"Vorarlberg-Woche" im U-Ausschuss: Wallner wird zur Inseratenaffäre befragt
Kommende Woche ist "Vorarlberg-Woche" im parlamentarischen U-Ausschuss zu den ÖVP-Korruptionsvorwürfen: Beleuchtet wird die Inseratenaffäre im Vorarlberger Wirtschaftsbund.
Landeshauptmann Markus Wallner ist am Mittwoch, 1. Juni, um 12 Uhr als Auskunftsperson geladen. Und er wird auch kommen, wie sein Büro am Mittwoch auf KURIER-Anfrage bestätigt.
Geladen ist auch der ehemalige Direktor des Wirtschaftsbundes, Jürgen Kessler, sowie Finanzreferent Jürgen Rauch (von der gleichnamigen Fruchtsaft-Dynastie). Rauch gilt als Großspender der ÖVP in Land und Bund.
Nicht auf der Ladungsliste für kommende Woche stehen der geschäftsführende Obmann Karlheinz Rüdisser und Wirtschaftslandesrat Marco Tittler. Das hat, wie ein SPÖ-Sprecher erklärt, zeitliche Gründe: Pro Tag sind nur drei Auskunftspersonen möglich, zwei U-Ausschuss-Tage pro Woche gibt es.
Bei den übrigen drei Auskunftspersonen handelt es sich um Finanzminister Magnus Brunner, gebürtiger Vorarlberger und ehemals politischer Direktor des Wirtschaftsbundes, sowie um zwei Beamte von der Großbetriebsprüfung im Finanzamt - ein Steuerprüfer und ein stv. Leiter.
Der Steuerprüfer ist am Mittwoch als erster dran, um 12 Uhr folgt Wallner, danach Kessler. Am Donnerstag startet Brunner, den Nachmittag bestreiten dann der stv. Finanzamtsleiter und Rauch.
Worum geht's?
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt wegen möglicher Korruption im Zusammenhang mit Inseraten in der Wirtschaftsbund-Zeitung. Ausgangspunkt der Causa war eine Steuerprüfung beim Wirtschaftsbund. Es besteht auch der Verdacht, dass Steuern nicht ordentlich abgeführt wurden, dazu läuft parallel ein Finanzstrafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch.
Gegen Landeshauptmann Wallner gab es eine anonyme Anzeige, er bestreitet die Vorwürfe. Gegen ihn wird wegen Vorteilsannahme (§ 305 StGB) ermittelt, gegen zwei weitere Personen - den aktuellen Wirtschaftslandesrat Tittler und dessen Vorgänger Rüdisser - wegen Vorteilsannahme zur Beeinflussung (§ 306 StGB).
Konkret: Waller könnte versucht haben, als Amtsträger für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften Vorteile zu fordern, Rüdisser und Tittler könnten solche Vorteile angenommen haben.
SPÖ: "Schwerwiegende Verdachtslage"
Fragt sich: Wie passt die Vorarlberger Inseratenaffäre in den U-Ausschuss zur Bundes-ÖVP?
Die Auskunftspersonen wurden von der Opposition geladen. Bei der SPÖ argumentiert man, dass es im U-Ausschuss um die Begünstigung von ÖVP-Politikern und der ÖVP nahestehenden Personen geht - Vorarlberg passe daher perfekt in den Untersuchungsgegenstand.
Die Zuständigkeit des U-Ausschusses sei auch dadurch gegeben, dass Steuerangelegenheiten in der Vollziehung des Bundes liegen. Betriebsgenehmigungen, die es möglicherweise als Gegenleistung für Inserate gegeben hat, werden zwar vom Land vollzogen, liegen aber ebenfalls in der Bundesverwaltung, erklärt ein Sprecher der SPÖ-Fraktion im U-Ausschuss.
Das Ziel sei, die politische Verantwortung in Bezug auf die "schwerwiegende Verdachtslage" aufzuklären. Die Auskunftspersonen müssen unter Wahrheitspflicht aussagen.
Wallner hat, weil er als Beschuldigter geführt wird, freilich das Recht, sich bei einzelnen Fragen zu entschlagen, um sich nicht selbst zu belasten.
Hanger: "Kein Kraut-und-Rüben-Ausschuss"
Die Frage der Zuständigkeit sieht die ÖVP komplett anders: Die Vorarlberger Inseraten-Causa sei "ganz weit weg von der Bundesvollziehung", sagt Fraktionschef Andreas Hanger zum KURIER. Im Untersuchungsgegenstand sind vier Beweisthemen fixiert, erklärt er: Erstens Auftragsvergaben, zweitens Beteiligungsmanagement, drittens Personalentscheidungen und viertens politische Einflussnahme auf Ermittlungen.
"Beim vierten Punkt können wir mit viel Fantasie noch diskutieren, aber die anderen drei Beweisthemen treffen auf gar keinen Fall zu", sagt Hanger. Das Finanzstrafverfahren finde allerdings außerhalb des Untersuchungszeitraumes (von 2017 bis 2021) statt - und könnte daher auch ausfallen.
Tabu sind auch Fragen zum Thema Parteienfinanzierung. Bereits bei der Befragung von Kanzler Karl Nehammer zu seiner früheren Funktion als Generalsekretär, sei in einer Geschäftsordnungsdebatte klargestellt worden, dass dies nicht zu den Beweisthemen dazugezählt werden kann.
Hanger: "Die Ladungen sind rein politisch motivierte Show-Ladungen. Der Opposition geht es nur darum, dieses Thema auf Bundesebene zu diskutieren. Wir werden uns aber streng an die Geschäftsordnung halten. Das ist schließlich kein Kraut-und-Rüben-Ausschuss."
10.000 Euro für "Diverses"
Während die Ladungsliste von der Opposition stammt, haben die Grünen einen Teil der Akten angefordert - ein Antrag, der übrigens von allen Fraktionen unterstützt wurde, auch von der ÖVP.
Die Grüne Fraktionsführerin im U-Ausschuss, Nina Tomaselli, hat sich bereits eingelesen - und in den Akten Erstaunliches zu Tage gefördert. Sie spricht von einem "Wirtschaftsbund-Tool" (in Anlehnung an das Beinschab-Tool im Zusammenhang mit Umfragen): So habe der Wirtschaftsbund bei Unternehmen Inserate eingesammelt - manche Unternehmen gaben an, sie seien regelrecht "drangsaliert" worden, zu inserieren. Diese Inserate sollen dann nicht ordnungsgemäß versteuert worden sein.
Was Tomaselli am meisten stört: "Der Wirtschaftsbund denkt, für ihn gelten nicht dieselben Regeln wie für alle anderen. Jeder Installateur, jeder Handwerker muss Steuern zahlen und eine ordentliche Buchhaltung führen. Die Buchhaltung des Wirtschaftsbunds zeichnet sich durch eine Schlamperei aus, die ich so noch nicht gesehen habe."
So wurden offenbar Barbeträge ausbezahlt - Zweck unbekannt. Beispielsweise war auf einem Barbeleg mit der Summe von 10.000 Euro der Zweck "Diverses" notiert.
Hinweis: Der Artikel wurde um 15.20 Uhr mit einer Stellungnahme der ÖVP ergänzt, um 15.45 Uhr um jene der Grünen.
Kommentare