Mikl-Leitner: "Kanzlerablöse war bei uns nie ein Thema"
Die niederösterreichische Landeshauptfrau über ihren Vorstoß für Hilfen bei Krediten für junge Menschen, das Krisenmanagement des Bundes und Ex-Kanzler Sebastian Kurz.
KURIER:Nach dem Vorstoß beim Strompreisrabatt prescht Niederösterreich jetzt bei der Kreditvergabe an Jungfamilien, die ein Eigenheim erwerben wollen, vor. Ist Ihnen der Bund da zu langsam?
Johanna Mikl-Leitner: Mir geht es darum, das zu tun, was man als Land tun kann. Wir leben alle in einer herausfordernden Zeit. Der Ukraine-Krieg hat für uns alle direkte Auswirkungen, auch durch die Teuerung und die Inflation. Darum sind mir jetzt zwei Stoßrichtungen wichtig. Zum Ersten, dass wir die Menschen gut durch die Krise bringen. Gerade für junge Menschen und Familien ist es eine noch größere Herausforderung geworden, sich Eigentum zu schaffen. Da ist es jetzt besonders wichtig, die Menschen zu unterstützen. Zum Zweiten ist es mir wichtig, ein Klima für Investitionen zu schaffen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten und Arbeitsplätze zu sichern.
Wäre das nicht die Aufgabe des Bundes?
Meine Aufgabe ist jedenfalls, das Richtige zu tun. Sowohl die Banken als auch ich selbst haben schon im Vorfeld mehrmals darauf hingewiesen, dass die neuen Vorgaben der FMA zum Problem werden, vor allem für junge Familien. Geändert wurde bislang aber nichts. Daher werde ich jetzt selbst Maßnahmen setzen. Die Forderung an die FMA, Erleichterungen zu schaffen, bleibt aber natürlich aufrecht.
Wie beurteilen Sie überhaupt das aktuelle Krisenmanagement des Bundes?
Wenn man den internationalen Vergleich innerhalb Europas zieht, dann sieht man, dass wir mit den finanziellen Unterstützungen sowohl für die Privatpersonen als auch für Wirtschaft und Industrie an zweiter Stelle liegen. Es sind wichtige und richtige Maßnahmen, die der Bund gesetzt hat. Bei der einen oder anderen hätte ich mir vielleicht mehr Tempo erwartet.
Aber grundsätzlich sind Sie mit dem Krisenmanagement von Kanzler Karl Nehammer und seiner türkis-grünen Bundesregierung zufrieden.
Es hat noch nie für eine Bundesregierung eine derart herausfordernde Situation gegeben. Multiple Krisen wie derzeit sind für jede Regierung in der Europa besonders herausfordernd. Es wurde viel geleistet und es wurden meist die richtigen Maßnahmen gesetzt.
Es hat ja kurz das Gerücht gegeben, dass Niederösterreich auf einen Kanzlerwechsel drängen wird, wenn die Tiroler Wahlen für die ÖVP ganz schlecht ausfallen.
Das hätte sich aufseiten der Opposition so mancher gewünscht, bei uns in der ÖVP war das nie ein Thema.
Wie haben Sie das Ergebnis der Tirol-Wahl gesehen?
Es ist ein achtsames Ergebnis, vor allem, wenn man daran denkt, welche Einschätzungen die verschiedenen Meinungsforschungsinstitute abgegeben haben.
Jetzt blickt alles nach Niederösterreich, wo die nächsten Landtagswahlen stattfinden. Die Stimmung ist angesichts der vielen Krisen aber eher gegen die Regierenden.
Es ist ein europäisches Phänomen, dass gerade die regierenden Parteien sehr viel Gegenwind haben. Was bedeutet, dass weiter hart daran gearbeitet werden muss, die Angst vor der Zukunft zu nehmen.
In Wien läuft noch immer der U-Ausschuss, wo vor der Tiroler Wahl einige ÖVP-Politiker aus Tirol geladen worden sind. Rechnen Sie auch mit einer Vorladung?
Ich kann es Ihnen nicht sagen. Wenn ich geladen werde, dann werde ich erscheinen.
Was sagen Sie dazu, dass selbst die Neos nicht mehr wollen, dass der U-Ausschuss gegen die ÖVP verlängert wird?
Ich kann da nur manche Journalisten zitieren, die meinen, der U-Ausschuss ist mittlerweile zu wenig spannend und deswegen sollte er eingestellt werden. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.
Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat dieser Tage ein Buch über seine politische Zeit veröffentlicht. Wie wird er derzeit in der ÖVP gesehen?
Es wird die Geschichte zeigen, wie er beurteilt wird.
Zurück zur Krise. Gibt es Punkte, die Ihrer Meinung nach nachgeschärft werden sollten von der Regierung?
Wichtig sind die finanziellen Unterstützungen für die Familien als auch für Wirtschaft und Industrie. Aktuell die 1,2 Milliarden Euro für die energieintensiven Betriebe. Das ist wichtig, damit die Unternehmen gut durch die Krise kommen. Da geht es auch um die Existenzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir werden in den kommenden Wochen genau beobachten, ob die Unternehmen bei dieser finanziellen Unterstützung ausreichend erfasst werden.
Da müsste dann noch nachgeschärft werden.
Da halte ich es mit dem Vorsitzenden des Fiskalrates, Professor Christoph Badelt, der gemeint hat: So lange die Krise anhält, so lange wird es noch finanzielle Unterstützungen brauchen.
Es geht immer auch um die Energieversorgung und die Frage, wie schnell kann die erneuerbare Energie ausgebaut werden, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren.
Ich bin davon überzeugt, dass es da noch auf allen Ebenen mehr Tempo braucht. Und ich möchte noch einmal betonen, dass wir in Niederösterreich dabei schon viel erreicht haben, wenn ich daran denke, dass mehr als die Hälfte aller Windkrafträder in Niederösterreich stehen und wir auch die meisten Fotovoltaikanlagen haben. Aber es ist noch immer nicht genug, das ist richtig.
Sie haben in Niederösterreich politisch immer den Miteinander-Kurs mit allen anderen Parteien gepredigt. Es beginnt jetzt schön langsam der Wahlkampf, die Aussagen werden härter und trotzdem sagen Sie, das muss weiter durchgezogen werden. Warum?
Weil ich fest davon überzeugt bin, dass das Miteinander, die Zusammenarbeit, gerade in der Krise wichtig ist und die Menschen es auch wollen. Selbst wenn manche versuchen, das zu stören, werde ich daran festhalten. Weil ich weiß, dass wir so mehr erreichen können.
Ein wichtiges Thema ist der Straßenbau in Niederösterreich, der von der grünen Ministerin Leonore Gewessler gestoppt worden ist. Welche Botschaft haben Sie im Wahlkampf für jene Menschen, die seit Jahrzehnten etwa im Marchfeld auf die Entlastungsstraße S8 warten?
Gerade in einem Flächenbundesland wie Niederösterreich sind zwei Dinge wichtig. Der Straßenausbau und der öffentliche Verkehr. Es braucht jedenfalls Straßen bei uns, egal wie man unterwegs ist, gleichgültig ob man mit Diesel, mit Wasserstoff oder mit einem E-Motor fährt.
Sie werden an den Projekten festhalten?
Die S1 rund um Wien und die S8 sind notwendig. Die weiteren Schritte werden die Instanzen entscheiden.
Aktuell wird wieder das Corona-Thema heftig diskutiert. Manche Experten fordern eine Maskenpflicht in Innenräumen, die Regierung wartet ab. Was macht Niederösterreich? Wir werden keinen eigenen Weg gehen. Wir werden uns an die Empfehlung des Gesundheitsministeriums halten. Positiv werte ich, dass wir weit von einer Überlastung der Intensivstationen entfernt sind. Deswegen ist das Abwarten die richtige Entscheidung des Gesundheitsministers.
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