Mikl-Leitner über Interventionen: "Ich würde das auch für Sie tun"

Mikl-Leitner über Interventionen: "Ich würde das auch für Sie tun"
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wurde kurz vor der Landtagswahl von der Opposition in den ÖVP-U-Ausschuss geladen.

Sie wirkte anfangs nervös, gab bündige Antworten, fand später aber ihre Eloquenz wieder: Am Donnerstag war Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in den ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss geladen. Der Opposition fehle der Mut, zu sagen, worum es ihr bei ihrer Ladung vor der Landtagswahl in Niederösterreich am 29. Jänner 2023 wirklich gehe, sagte Mikl-Leitner zu Beginn: "Nämlich ums Wahlkämpfen."

Warum wurde Mikl-Leitner überhaupt geladen? Sie war von 2011 bis 2016 Innenministerin, seit 2017 ist sie Landeshauptfrau. Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte seine bundespolitische Karriere als Staatssekretär 2011, bei der damaligen Innenministerin Mikl-Leitner begonnen. Zudem kommt sie in mehreren Chats vor, die vom  beschlagnahmten Handy ihres damaligen Kabinettschefs Michael Kloibmüller stammen.

Die Opposition erhoffte sich Erkenntnisse zum Projekt "Ballhausplatz", das Kurz' Umfeld 2016 erstellte und ihm 2017 den Weg ins Kanzleramt geebnet haben soll. Auch mögliche Interventionen standen im Fokus.

Ballhausplatz? Keine Wahrnehmungen

Das Projekt Ballhausplatz kenne sie "nur aus den Medien", Wahrnehmungen habe sie dazu keine, antwortete Mikl-Leitner während der Befragung etwa wiederholend. Wie sich Sebastian Kurz darauf vorbereitet habe, Parteiobmann zu werden, das "kann ich Ihnen nicht sagen", meinte die Landeschefin. Auch konnte sie sich nicht erinnern, jemals mit Kurz über Spenden gesprochen zu haben.

"Integration war Kurz ein Herzensanliegen"

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker fragte Mikl-Leitner, ob sie sich an den 14. Mai 2017 erinnern könne und an diesem Tag zu Kurz Kontakt gehabt hätte. Damals wurde Kurz vom ÖVP-Bundesvorstand zum Parteichef gewählt. Mikl-Leitner meinte, sie könne sich nur erinnern, dass der Ton in der ÖVP damals rau gewesen sei, es habe ein "permanentes Gegeneinander" gegeben.

Hafenecker wollte von Mikl-Leitner zudem wissen, warum damals der Integrationsfonds (ÖIF) mit Kurz vom Innenministerium ins Außenministerium gewandert und dann von 49 auf 55 Mio. Euro aufgestockt worden sei. 

Mikl-Leitner entgegnete, dass diese Frage außerhalb des Untersuchungszeitraums liege. Nach einer längeren Geschäftsordnungsdebatte - Hafenecker ärgerte sich über den "Zirkus", die ÖVP Niederösterreich hyperventiliere - meinte Mikl-Leitner: "Ich möchte das abkürzen."

Hafenecker müsse doch wissen, dass Kurz als Staatssekretär unter Mikl-Leitner für das Thema Integration verantwortlich gewesen sei, so Mikl-Leitner: "Das Thema Integration war ihm ein Herzensanliegen. Deshalb hat er diese Kompetenz mitgenommen ins Außenministerium."

Postenschacher bei der Polizei?

Auch das Thema Postenschacher bildete einen Eckpfeiler der Befragung, etwa Postenbesetzungen in der Landespolizeidirektion. Der jetzige Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) führte zu seiner Zeit als Innenminister eine medial verbreitete Interventionsliste. Ob auch Mikl-Leitner als Ministerin eine solche Liste geführt habe, wollte Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli wissen.

"Ich habe keine Liste geführt", antwortete Mikl-Leitner. Klar sei, dass sie viel in den Bundesländern herumgereist sei und es "Wünsche in Richtung Versetzung" von Polizeibeamten gegeben haben. Diese Wünsche seien dann in die entsprechenden Abteilungen zur Überprüfung weitergeleitet worden.

Sei das üblich? "Ich wollte das überhaupt nicht bewusst beeinflussen, aber selbstverständlich ist das ein Akt der Höflichkeit, dass man derartige Wünsche weiterleitet", sagte Mikl-Leitner.

Der nette Neffe

So schrieb Mikl-Leitner an ihren damaligen BMI-Kabinettschef Kloibmüller in einem Chat über ihren Neffen, der ein Ferialpraktikum wahrnehmen wollte: "Netter Kerl, der gefördert werden muss. Verlass mich auf euch, Hanni."

Sie habe lediglich sicherstellen wollen, dass der Neffe im Praktikum auch Leistung erbringe, betonte Mikl Leitner - "damit auch kein schlechtes Licht auf mich fällt". Der Neffe habe sich jedenfalls ganz offiziell beworben. Und: "Ich habe mich erkundigt, er hat dieses Praktikum dann gar nicht gemacht."

"Frauensolidarität"

Die Chats zeigen auch, dass sich Mikl-Leitner intern für eine Medizinerin stark machte, die sich als einzige für einen Posten beworben hatte. Eine Intervention? "Hier ist Frauensolidarität eine Selbstverständlichkeit", reagierte Mikl-Leitner etwas empört, deshalb habe sie sich für die Ärztin stark gemacht. "Und Frau Tomaselli", betonte die Landeshauptfrau, "ich würde das auch für Sie tun". Tomaselli schmunzelte: "Das ist nett, aber lieber bitte nicht."

Befragt wurde Mikl-Leitner auch zur Bestellung der Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH), Eva Marek, zur Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien im Jahr 2014. An die Öffentlichkeit gelangte Chats legen nahe, dass Mareks Besetzung parteipolitisch motiviert gewesen sein könnte. Sie kenne "Frau Marek, weil ihr Mann im Innenministerium arbeitet" und erinnere sich an Debatten zu ihrer Besetzung, verfüge dabei aber nur über "Zeitungswissen", so Mikl-Leitner. An eine Nachricht an Kloibmüller, wonach er sie "in Sachen Marek" anrufen solle, könne sie sich nicht erinnern.

"Keine rechtswidrige Hilfe"

Auch bezüglich anderer Chatauszüge, bei denen die Opposition mögliche Interventionen ortete, hatte die Landeshauptfrau entweder keine Erinnerungen oder Wahrnehmungen. Vor allem auf Chats, die Dritte über sie schrieben, ging die Landeshauptfrau nicht ein: "Ich bin weder Sender, noch Empfänger." Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper attestierte Mikl-Leitner ein bedenkliches Verständnis von "Umgang mit Macht".

"Was ich ausschließen kann, ist, dass ich jemandem rechtswidrig geholfen habe, in eine Position zu kommen", betonte Mikl-Leitner. Dass sie sich einmal für jemanden höflich erkundigt hätte, könne sie nicht ausschließen. "Aber ich sage immer: Bitte bewerben Sie sich." Dass sich Politiker um die Sorgen und Wünsche der Menschen kümmere, sei ja wohl selbstverständlich, so Mikl-Leitner. Sie könne ja schwer antworten: "Bitte reden Sie mich nicht an."

Die Frage, ob es Auswirkungen auf eine Bewerbung habe, wenn sich die Landeshauptfrau danach erkundige, sei laut Mikl-Leitner "nicht beantwortbar".

Nach Mikl-Leitner wäre eine Abteilungsleiterin aus dem Landwirtschaftsministerium geladen gewesen, die jedoch krankheitsbedingt absagen musste.

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