Gemeinsam mit Tirol, Salzburg und Niederösterreich haben Sie schon vor dem Sonderparteitag im Juni innerhalb der SPÖ die sogenannte Westbahnachse gegründet. Was ist der tiefere Sinn dieses Pakts?
Mir ist es darum gegangen, dass wir uns als junge Landesparteivorsitzende vernetzen und austauschen. Wir haben in unseren Bundesländern, im ländlichen Raum andere Themenlagen und Voraussetzungen, die wir konstruktiv in die Themensetzung der SPÖ einbringen wollen. Ich freue mich in diesem Zusammenhang, dass wir am Wochenende unsere zehn Rezepte für den ländlichen Raum in der SPÖ beschließen werden.
Was sind für Sie da die wichtigsten Rezepte?
Mir geht es um gleich gute Lebensbedingungen für alle Menschen, unabhängig von der Postleitzahl. Es bestehen natürlich große Ungleichheiten zwischen strukturschwachen und strukturstarken Regionen. Wenn wir von Klimawende oder von der Bodenversiegelung reden, ist es ein klimapolitisches Ziel, Wanderungsbewegungen einzuschränken. Deswegen müssen die grundlegenden Bedürfnisse in allen Regionen sichergestellt werden. Das reicht von Post, Bankomat, Banken, Pflegeversorgung, gute Kinderbetreuung bis zu guten öffentlichen Verkehrsmitteln. Da haben wir in vielen Regionen Aufholbedarf. Da glaube ich auch, dass wir als Sozialdemokratie Infrastruktur besser organisieren können, als das der ÖVP auf Bundesebene je gelungen ist.
Als die Westbahnachse, zu der jetzt auch noch Vorarlberg gehört, gegründet worden ist, hat man auch das Gefühl gehabt, dass dieser Zusammenschluss ein Gegenpol zum mächtigen Wien sein soll.
Mir ist es da weniger um parteiinterne Befindlichkeiten oder um Machtspielchen gegangen, sondern darum, dass sich junge Landesparteivorsitzende regelmäßig austauschen und inhaltlich in die Bundespolitik einbringen. Aber konstruktiv und mit ganz konkreten Inhalten.
Tauscht man sich nur inhaltlich aus oder wird da auch vereinbart, wie man sich etwa beim Bundesparteitag bei Abstimmungen verhält? Wird da eine gemeinsame Linie des Westens gesucht?
Ehrlicherweise haben wir im heurigen Jahr genug davon gehabt, wenn es um Fraktioniererei geht. Mir geht es um den Erfahrungsaustausch. Ich muss auch sagen, dass Andreas Babler mit den Landesparteivorsitzenden offen und konstruktiv kommuniziert. Dafür ist das eine Ebene, mit der wir inhaltlich auch einiges vorantreiben werden.
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Sie waren der erste Landesparteiobmann, der über eine direkte Mitgliederbefragung gewählt worden ist. Was halten Sie von dem Vorschlag, der dazu am Bundesparteitag beschlossen werden soll? Da wurde ja einiges abgeschwächt. So wird etwa die Koalitionsfrage nicht einer Mitgliederbefragung unterzogen werden.
Ich glaube, es ist schon ein sehr weiter und guter Schritt, den wir jetzt machen, dass die Möglichkeit der Direktwahl für den Bundesparteivorsitz überhaupt geschaffen wird. Das ist ein riesiger Meilenstein für die Sozialdemokratie. Ich habe mit der Mitgliederbeteiligung in Oberösterreich gute Erfahrungen gemacht. Der Prozess hat gezeigt, dass Öffnung und Teilhabe zu mehr Mitgliedern führt. Deswegen ist die Änderung am Parteitag ein wichtiger Schritt. Aber es gibt sicher noch Potenzial, dass weiter zu entwickeln.
Ein Thema, das in der SPÖ immer für heftige Diskussionen sorgt, ist die Migration. Da wurde plötzlich das dazu gültige Doskozil-Kaiser-Papier infrage gestellt. Was mittlerweile von der Bundespartei allerdings wieder in Abrede gestellt worden ist. Wie stehen Sie dazu?
Ich halte dieses Papier für den größtmöglichen Kompromiss, den wir in der Sozialdemokratie zustande gebracht haben. Es ist eine wichtige Grundlage, wo festgehalten wird, dass es mit Verfahrenszentren an den EU-Außengrenzen auf der einen Seite, aber auch guter und organisierter Integration im Land auf der anderen Seite funktionieren kann. Mit dem Papier brauchen wir uns nicht zu verstecken. Es sagt, dass wir als Republik Integration organisieren und auch verlangen.
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Was könnte da ein wichtiger Punkt sein?
Das habe ich vor gut einem Jahr mit meinem Vorschlag für ein verpflichtendes Integrationsjahr auch gemeint. Dass wir mit Menschen im Asylverfahren, mit subsidiär Schutzberechtigten aber auch mit jenen, die aufgrund fehlender Abkommen nicht abgeschoben werden können, so ein Integrationsjahr organisieren. Mit kollektivvertraglich entlohnter Arbeit, mit gemeinnütziger Tätigkeit, die entlohnt wird, oder mit Sprachkursen. Das alles wirklich strukturiert. Wenn es nach mir geht, sollte das alles in Landesverantwortung passieren.
Dass jetzt ÖVP-Bundesländer wie Vorarlberg verlangen, dass Asylwerber einen Integrations-Kodex unterschreiben, ist das für Sie auch ein möglicher Schritt?
Ich brauche nicht wieder neue Papierln, die jemand unterschreibt. Ich brauche echte Integrationsarbeit.
Wie steht es um die Position der SPÖ zu Israel? Hier wurden ja sogar Parteiausschlüsse für SJ-Mitglieder angedroht, weil diese gegen Israel agitiert hatten.
Ich kann da Andreas Babler nur zustimmen, dass wir als Sozialdemokratie natürlich ganz klar hinter dem Existenzrecht Israels stehen. Wir sind mit dem Staat Israel solidarisch, aber wollen keine zivilen Opfer auf welcher Seite auch immer. Es braucht friedliche und politische Lösungen. Aber wir werden keine Fraktion in der Sozialdemokratie akzeptieren, die diese Terrorhandlungen der Hamas auch nur in irgendeiner Art und Weise rechtfertigt. Beschönigen von Terror hat in der SPÖ absolut nichts verloren.
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Was sagen Sie eigentlich dazu, dass künftig zwei Landeshauptleute – Michael Ludwig und Hans Peter Doskozil – nicht mehr den Bundesgremien der Partei angehören werden? Ist das nicht eine Schwächung der Bundespartei?
Eine Schwächung glaube ich nicht, weil man im persönlichen Gespräch nach wie vor zusammenarbeitet. Ich habe aber auch immer gesagt, dass ich es bedaure, dass beide den Gremien nicht mehr angehören. Aus Oberösterreich kann ich nur sagen, wie wichtig es ist, dass auf meine Initiative hin der Linzer Bürgermeister Klaus Luger wieder Teil der Landesgremien ist, weil diese wichtigen Stimmen für die weitere Arbeit entscheidend sind. Allerdings glaube ich auch, dass wir mit drei Landeshauptleuten zeigen können, dass wir immer den Willen zum Regieren haben. Das muss auch unser Anspruch sein.
Das Beispiel von Klaus Luger zeigt aber auch, dass es besser wäre, wenn Doskozil und Ludwig in den Gremien sitzen würden.
Das sind persönliche Entscheidungen, die wir auch zur Kenntnis nehmen müssen. Nichtsdestotrotz haben wir auch andere Ebenen der Zusammenarbeit.
Zuletzt wurde Klaus Luger als großer innerparteilicher Kritiker gesehen, weil er Punkte wie „Leistbares Leben“ in der Verfassung öffentlich kritisierte. Wie ist da Ihre Position?
Klaus Luger ist jemand, der auf die notwendige Breite der Sozialdemokratie hinweist. Das schätze ich auch an ihm. Meine Art der Politik ist, diese Themen in den Gremien und in dafür zuständigen Einheiten der SPÖ zu diskutieren und nicht auf offener Bühne.
Zum Abschluss noch: Es ist jetzt der Bundesparteitag und danach bereitet man sich mit Andreas Babler als Spitzenkandidat auf die Nationalratswahl vor. Andere personelle Überlegungen, wie manchmal kolportiert, gibt es da nicht?
Die Entscheidung im heurigen Jahr war vollkommen klar. Jener, der aus der Befragung und aus dem Sonderparteitag als Sieger hervorgeht, ist Vorsitzender und Kanzlerkandidat. Das ist Andreas Babler. Und ich bin sehr dafür, dass rund um ihn ein Art Schattenkabinett gebildet wird. Mit guten Personen, die für unterschiedliche Themenfelder stehen. Da haben wir sehr viele, die zeigen können, dass die Sozialdemokratie breit aufgestellt ist und dass wir bereit sind, dieses Land zu führen.
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