Mehr Suchende als Lehrstellen: Regierung startet Taskforce

Wie in vielen anderen von der Corona-Krise schwer geschädigten Branchen herrscht auch im Tourismus ein eher düsteres Wirtschaftklima
Corona-bedingt reduzieren Betriebe ihre Lehrstellen. Türkis-Grün will Angebote schaffen und Umstieg von Pflichtschule zu Berufsausbildung erleichtern.

90.000 Schüler haben im Juli die 9. Schulstufe abgeschlossen. Was nun?

Rund 34.000 davon werden eine Lehrstelle suchen. Corona-bedingt wird das aber schwierig: Betriebe reduzieren wegen der unsicheren bis schlechten Auftragslage bzw. wegen Insolvenz. Wie sich der Lehrstellenmarkt im Herbst und darüber hinaus entwickelt, ist laut Forschungsinstituten schwierig zu prognostizieren. 

Besonders betroffen sind das Handwerk und der Tourismus. Kurios, da gerade diese beiden (vor Corona) händeringend Lehrlinge gesucht haben.

Jugendarbeitslosigkeit befürchtet

Das Angebot an Lehrstellen sinkt also, und die Nachfrage steigt. Die Lücke zwischen offenen Lehrstellen und Suchenden beträgt aktuell 2.711. Im Juli des Vorjahres war das Verhältnis noch ausgeglichen.

Die Regierung befürchtet eine Welle an Jugendarbeitslosigkeit. Die Minister der Ressorts Bildung, Arbeit, Soziales und Wirtschaft starteten dazu am Dienstag eine Taskforce.

Angebote schaffen, Umstieg erleichtern

Die gemeinsamen Ziele der Taskforce: Es soll ein ausreichendes Angebot an Ausbildungs- und Schulplätzen für Jugendliche nach Abschluss ihrer Pflichtschulzeit zur Verfügung gestellt werden.

Die einzelnen Stellen sollen sich besser abstimmen, um zu verhindern, dass Jugendliche an den Schnittstellen verloren gehen - erfahrungsgemäß weiß man, dass viele nach der Schule abtauchen und Billigjobs machen, weil es einfacher ist. 

Die Regierung will aber auch "über den Tellerrand" blicken: Gibt es schulische, betriebliche, arbeitsmarktpolitische Angebote, die noch nicht ausgelastet sind? Oder Unternehmen, die Jugendliche suchen, die aber weniger bekannt sind?

Dazu soll es ein ausreichendes Angebot an Beratung sowie vorbereitende Ausbildung für jene geben, die den Einstieg ins Berufsleben noch nicht schaffen.

Kurzum: der Übergang von Schule zu Job soll erleichtert werden. Wichtig ist das auch deshalb, weil der Bedarf an Fachkräften in der Wirtschaft wieder deutlich wachsen dürfte. 

Erste Maßnahmen sind fix:

  • Den Lehrlingsbonus von 2.000 Euro für Betriebe, die in der Corona-Zeit Lehrlinge eingestellt oder aus der Überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA) übernommen haben, wurde seit 1. Juli 600 Mal beantragt. Das entspricht einem Volumen von 1,2 Millionen Euro. 
     
  • Ab Herbst kann der Meistertitel im Pass oder Führerschein eingetragen werden - mit der Abkürzung "Mst." bzw. "Mst.in" Die Aufwertung der Lehre sei ihr ein Herzensanliegen, sagt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. "Die Ausbildung zum Meister und zur Meisterin ist eine hochwertige Ausbildung, die es auch verdient, sichtbar getragen zu werden.“
     
  • Das Bildungsministerium will für das kommende Schuljahr 8.400 neue Plätze in den Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen schaffen. Die BMS könnte eine Alternative zum Polytechnischen Schule oder auch eine Vorbereitung auf eine Lehrstelle sein, heißt es aus dem Ministerium.
     
  • An sieben Standorten von Höheren Lehranstalten für Sozialbetreuung und Pflege sowie an drei Standorten von Fachschulen für Sozialberufe mit erweiterter Autonomie starten Schulversuche mit insgesamt 300 Schülern. Dadurch werde eine Möglichkeit geschaffen, einen Beruf zu erlernen, der gute Aussichten hat - gerade in der Pflege wird in Zukunft noch mehr qualifiziertes Personal gesucht. 
     
  • Der Lehrplan der Polytechnischen Schulen wurde überarbeitet, die Ausbildungsstufe vor der Lehre soll dadurch aufgewertet werden. Der neue Lehrplan ist bis heute in der parlamentarischen Begutachtung und könnte dann bald beschlossen werden. 
     
  • Bis zum Schuljahr 2022/23 soll die Bildungspflicht implementiert werden - sie ist auch im Regierungsprogramm fixiert. Noch immer schließen ja viele Jugendliche die Pflichtschule ab, ohne ausreichend lesen, schreiben und rechnen zu können. Minister Heinz Faßmann: „Wenn Schüler mit den notwendigen Grundkompetenzen ausgestattet sind, wird der Übertritt in den Arbeitsmarkt auch gelingen.“

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