Maskenstreit im Parlament: Die Freiheitlichen blieben "oben ohne"

Maskenstreit im Parlament: Die Freiheitlichen blieben "oben ohne"
Die Debatte rund um Postenschacher wurde von der Weigerung der FPÖ, Maske zu tragen, überschattet

Bevor das parlamentarische Match „Alle gegen die ÖVP“ startete, waren zuerst einmal alle gegen die FPÖ.

Und das kam so: Rund eintausend Menschen arbeiten im Parlament an der Wiener Ringstraße, alleine 450 davon in der Parlamentsdirektion. Für alle gilt schon lange die Empfehlung, im Haus eine FFP2-Maske zu tragen. Nun steht das auch in der Hausordnung, Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat die Maskenpflicht verordnet, die für den Großteil des Lebens in Österreich schon lange gilt, in Postämtern, Supermärkten und in Wien sogar an manchen Plätzen unterm freien Himmel.

Doch die Freiheitlichen sehen sich daran nicht gebunden. Bei der von der FPÖ einberufenen Sondersitzung an diesem Freitag zum Thema „Postenschacher und Kurz AG“, die eigentlich zu einem Generalangriff der Opposition gegen die Volkspartei werden sollte, kamen die blauen Abgeordneten – wie schon in den vergangenen 15 Monaten – wieder „oben ohne“ Maske.

August Wöginger, Klubobmann der ÖVP, stellt daher noch vor Sitzungsbeginn den Antrag, die Masken-Verweigerung mit zumindest 500 Euro zu bestrafen.

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Doch eine Strafe, wie das allen Österreichern in so einem Fall blüht, wenn sie sich nicht an die Pandemie-Regeln halten, haben die Freiheitlichen nicht zu fürchten. Denn dafür müsste „Einvernehmen“ in der Präsidiale herrschen und die Geschäftsordnung des Parlaments geändert werden. „Das Einvernehmen hat Sobotka nicht, und das hat er überdies auch nicht ausreichend gesucht“, mokiert sich gleich zu Debattenbeginn die FPÖ-Abgeordnete und Klubobmannstellvertreterin Susanne Fürst. „Es gibt nämlich keine bestehenden Regelungen, was die Nationalratsabgeordneten im Gesicht zu tragen haben“.

Allerdings sind die Freiheitlichen selbst nicht einer Meinung, längst gibt es einen offenen Konflikt zwischen dem Parteichef Norbert Hofer und dem blauen Klubchef, Herbert Kickl. Hofer – er ist auch Dritter Präsident des Nationalrats – kann mit der Haltung seines Klubobmanns wenig anfangen. Auf Twitter ging Hofer erst am Mittwoch auf Distanz zu Kickl: „Das freie Mandat erlaubt es, sich im Parlament der Hausordnung zu entziehen. Wer das tut, stellt sich aber in einer Selbstüberhöhung über alle Menschen, die sich an Regeln halten müssen.“ Kaum ein Abgeordneter, der Kickl nicht an Hofers Worte erinnerte.

Pflicht mit 12 Ausnahmen
Seit dem 7. April 2021 gilt eine geänderte Hausordnung im Parlament: In geschlossenen Räumen ist eine „Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.“ Formuliert werden dann 12 Ausnahmen, etwa wenn jemand am Rednerpult steht,  oder für jene, die aus medizinischen Gründen  keine Maske tragen können  

Maskenpflicht
Zuvor wurde geprüft, ob man Masken auch Abgeordneten verordnen darf: Damals hatte der Rechtsdienst des Parlaments erklärt, dass nur eine Empfehlung möglich sei, keine Verpflichtung. Denn einem gewählten Abgeordneten könne man  nur wegen der fehlenden Maske den Zutritt zum Plenum nicht verwehren, weshalb auch keine Strafe auferlegt werden kann

Überall „saure Wiesen“

Die Sondersitzung, die mit Verspätung startete, war dann nicht weniger kontroversiell: Schließlich ging es um die Vorwürfe der Opposition rund um die Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Vorstand. FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker warf der ÖVP außerdem vor, ein sich über mehrere Ministerien erstreckendes Machtkartell aufgebaut zu haben, das er als „tiefen Staat“ (deep state) bezeichnete.

Die FPÖ wünschte sich deshalb die ÖVP-Regierungsriege gleich zu Beginn allesamt auf die Anklagebank. Hafenecker sah außerdem, in Anlehnung an legendäre Worte des damaligen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger (damals zum AKH-Skandal), „saure Wiesen, so weit das Auge reicht“.

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SPÖ-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner mahnte einen „moralischen Neustart“ ein, für den es nun höchste Zeit sei. Und Finanzminister Gernot Blümel, an den die FPÖ 57 Fragen richtete, solle zurückzutreten, forderten auch die Roten. Rendi-Wagners Stellvertreter Jörg Leichtfried brachte einen Misstrauensantrag gegen Blümel ein (der ohne Mehrheit blieb).

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger forderte ebenfalls eine Kehrtwendung. „So sind wir nicht“, erinnerte sie an die Worte von Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach Auffliegen des Ibiza-Videos. „Die ÖVP ist schon so“, sagte Meinl-Reisinger, und dass nicht alleine das Strafrecht der Maßstab sein könne. „Was nicht verboten ist, kann man machen“, könne nicht die Devise sein.

Für den Junior-Koalitionspartner, die Grünen, die während der Sitzung immer wieder betonten, für „saubere Umwelt und saubere Politik“ zu stehen, war die Debatte nicht immer einfach. Immerhin, so sicherte Klubchefin Sigrid Maurer zu, würde die grüne Justizministerin ungestörte Ermittlungen in der Causa garantieren.

Blümel selbst wies alle Angriffe wegen Postenschachers zurück und sprach von „Skandalisierung, öffentlicher Empörung und Vorverurteilung“.

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