Machtkampf in der SPÖ: Der Ball liegt in Wien

PK STADT WIEN "NEUE REKRUTIERUNGSKAMPAGNE DER POLIZEI": LUDWIG
Die SPÖ-Wien hat eine empfindliche Niederlage erlitten. Wie geht sie nun mit Babler um?

Aus dem SPÖ-Dreikampf ist am Montag ein Zweikampf geworden: Andreas Babler ging als überraschend starker Zweiter bei der Mitgliederbefragung durchs Ziel. Er ließ noch am Abend Kampfbereitschaft erkennen: Er plädierte für eine Stichwahl. Die Ansage des Lagers von Hans Peter Doskozil, der die Mitgliederbefragung für sich entschied, war eindeutig. Nationalratsabgeordneter und Doskozil-Vertrauter Max Lercher gab in der "ZiB2" die Linie vor: Auch wenn das Ergebnis denkbar knapp gewesen sei, müsse die Partei nun "demokratische Reife" zeigen. Und sich hinter Doskozil stellen.

Wer aber hindert Andreas Babler daran, sich beim Parteitag als Gegenkandidat aufzustellen? Heute tagen zu dieser Frage das SPÖ-Präsidium und der Vorstand. Und dort hat jene Landesorganisation eine tragende Rolle, deren Kandidatin Pamela Rendi-Wagner mit dem schmachvollen letzten Platz aus der Mitgliederbefragung hervorgegangen ist. Die Parteigremien tagen ab 10.00 Uhr. Um 9.30 Uhr hat Parteichefin Pamela Rendi-Wagner eine öffentliche Erklärung angekündigt. Sie hat im Vorfeld der Befragung erklärt, die Politik zu verlassen, wenn sie nicht erste wird.

Im Folgenden lesen Sie:

  • Welche Weichen im Parteipräsidium gestellt werden
  • Warum Andreas Babler freiwillig auf eine Kandidatur verzichten könnte
  • Welche Optionen Wien hat

Machtkampf verlängern?

Die Wiener, die grob gesprochen das verbleibende Drittel der Stimmen im Machtkampf (die Stimmen für Rendi-Wagner) repräsentieren, hätten jetzt die Möglichkeit, den Machtkampf zu verlängern oder ein Signal zu setzen, dass Babler an den Verhandlungstisch mit Doskozil bringen könnte. Folgen sie der Argumentation von der "demokratischen Reife", müssten sie sich hinter Doskozil stellen. Und gleichzeitig hinter den Kulissen alles dafür tun, dass die beiden verbliebenen Lager unter der Führung Doskozils miteinander arbeiten können.

Das Präsidium wird auch formal eine Weiche stellen, die über die Zukunft der Partei entscheidet: In diesem Gremium wird der Vorschlag an die Wahlkommission erstellt, wer am Sonderparteitag am 3. Juni zur Wahl als Parteivorsitzender steht. Entweder der erstplatzierte Doskozil allein oder aber auch Babler. Die strategische Gefahr: Tritt Babler an, könnte er einen Großteil jener Stimmen bekommen, die auf Rendi-Wagner entfielen. Zwar ist das Stimmungsbild unter den Delegierten nicht deckungsgleich mit dem aller SPÖ-Mitglieder, aber das Risiko ist relevant.

➤ Porträt: Andreas Babler - gekommen, um zu bleiben

Einzementiert auf die Verliererin

Die Wiener SPÖ unter Michael Ludwig ist aus der Mitgliederbefragung als einst mächtigste Landesorganisation mit einer Schmach nach hause gegangen: Man hatte sich in dem Machtkampf auf Rendi-Wagner einzementiert und muss sich nun fragen lassen, wie es sein kann, dass das Burgenland, das einwohnermäßig an einen Wiener Bezirk heranreicht, erfolgreich war. Und wie der Bürgermeister einer niederösterreichischen Provinzkleinstadt wie Traiskirchen als zweiter ins Ziel zog. Dass Doskozil im Vorfeld der Befragung öffentlich die Wiener Arroganz geißelte, macht es nicht einfacher, knappe 20 Stunden später Werbung für eine geeinte SPÖ unter Doskozil zu machen.

➤ Porträt: Hans Peter Doskozil - ein Burgenländer auf dem Weg an die Spitze

Reaktion ohne Präferenz

Am Montagabend reagierte der Wiener Bürgermeister auf Twitter. Allerdings ohne eine Präferenz erkennen zu lassen. Das Ergebnis sei "selbstverständlich zu respektieren". "Unser gemeinsames Ziel muss in Zukunft eine starke Sozialdemokratie sein, die sich um die wichtigsten Herausforderungen für die Menschen in unserem Land kümmert." Unter welcher Führung, ließ er offen.

Momentum bei Babler

Fest steht auch: Babler hat aus dem Stand ein Momentum entwickelt, das beeindruckend ist: Fast ein Drittel der SPÖ-Mitglieder stimmten für den bundesweit bisher nicht in Erscheinung getretenen Traiskirchner. Das lässt auch einen Klassiker der Parteitaktiererei unattraktiv erscheinen: Die statutarische Lösung. Babler würde einfach nicht zur Wahl zugelassen, obwohl er öffentlich bekundet hat, dies zu wollen. Ein Drittel der Parteimitglieder so zu brüskieren, traut sich auch die machtbewussteste Fraktion der SPÖ wohl nur im äußersten Notfall zu. Das Ansehen der Partei wäre beschädigt. Und jene Neueintritte, die Babler zuzuschreiben sind, würden sich zurecht beleidigt wieder zurückziehen.

Die Entscheidungshoheit liegt also aktuell bei Babler. Er hat sich schon gegen "Postenschacher" ausgesprochen. Ein Ministerposten oder ein hohes Parteiamt, um auf die Stichwahl zu verzichten? Nein Danke. "Das zipft die Mitglieder schon seit Jahrzehnten an", erklärte er selbstbewusst. Stellt sich Wien hinter diesen Mann, um Doskozil zu Fall zu bringen? Oder wird man sich zu einer österreichischen Lösung zusammensetzen? Der Dienstagvormittag wird erste Hinweise bringen.

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