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➤ SPÖ-Mitgliederbefragung: Doskozil gewinnt vor Babler, Rendi nur Dritte
Babler durchkreuzte mit seinem Antritt zuerst Doskozils Plan, via Mitgliederabstimmung in einen Zweikampf mit Pamela Rendi-Wagner zu ziehen. Er beraubte den Burgenländer der Rolle des Protestkandidaten. Dann hat rote Showman als einziger für etwas Aufbruchstimmung gesorgt. Sein Team zog den professionellsten Wahlkampf auf – vor allem auf Social Media. Und mit Prominenten wie Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina konnte Babler auch Unterstützer gewinnen, die definitiv nicht zum sozialistischen SPÖ-Lager zählen, in dem Babler verwurzelt ist.
"Bringt SPÖ-Basics glaubhaft hinüber"
Hier, an der Alten Donau, freuen sich vor allem SPÖ-Neumitglieder wie Wolfgang Maier mit Babler: kein roter Funktionär und ebenso kein Babler-Fan der ersten Stunde. Er sei der SPÖ kurzfristig beigetreten, um Doskozil bei der Mitgliederabstimmung zu verhindern und den Wiener Gemeinderat Nikolaus Kowall zu unterstützen, meint Maier. Dann verkündete Babler einen Tag vor Ende der Bewerbungsfrist sein Antreten, Kowall zog zurück. Und Wolfgang Maier?
Wurde bei Bablers Wahlkampfauftakt in Wien-Ottakring bekehrt. Inhaltlich hätte Babler „zu 90 Prozent“ die bekannte SPÖ-Programmatik erzählt. Was unterscheidet ihn also von Doskozil oder Rendi-Wagner. „Er sagt es, er lebt es, er bringt die SPÖ-Basics wahnsinnig glaubhaft hinüber“, sagt Maier. Wie viele andere Fans, teils vom Glück berauscht, glaubt er: Der nächste SPÖ-Chef heißt Andreas Babler.
Alle Wege führen zu Babler
Babler stand ohnehin bereits als insgeheimer Sieger fest. Sein Team zeigte sich in den vergangenen Wochen mehr als selbstbewusst, teils siegessicher. Begründung: Bei Bablers Tour-Events seien mitnichten nur jüngere, linke Akademiker zugegen, sondern ebenso viele altgediente rote Mitglieder. Sie behielten recht. Auch Montagabend betont Babler gegenüber dem KURIER, dass sich seine Kampagne von jener der anderen Kandidaten deutlich abgehoben habe. Das sei der ausschlaggebende Grund gewesen, warum der das Feld von hinten habe aufrollen können.
Ist der Traiskirchner also nicht nur der "hochstilisierte Pseudoheld einer Wiener Twitterblase"? So fasste Politikwissenschaftler Peter Filzmaier das Phänomen Babler zuletzt wenig schmeichelhaft in der ZiB2 zusammen.
Sprung auf größere Bühnen
Tatsächlich: Bisher trat Babler vor allem als Lokalpolitiker in Erscheinung. In Traiskirchen wurde er 1995 Gemeinderat, war ab 2007 Stadtrat und ist seit 2014 Bürgermeister. Dort – und deshalb wurde Babler mit der Flüchtlingswelle 2015 auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt – gibt es seit 1992 eines der größten Asyl-Aufnahmezentren Österreichs. Das Zentrum war teil heillos überfüllt. Babler gab dem Bund die Schuld und setzte sich demonstrativ gegen Masseneinrichtungen für Flüchtlinge ein. Das Resultat: 72 Prozent der Traiskirchner wählten ihn 2020 wieder.
Im Niederösterreich-Wahlkampf sammelte Babler vom letzten Listenplatz aus 21.000 Vorzugsstimmen. Damit verfehlte er das insgeheime Ziel, vor SPÖ-Spitzenkandidat Franz Schnabl zu landen, der 24.000 Stimmen erhielt. Aber: Es genügte locker, dass die SPÖ NÖ dem Rebell Babler einen Sitz im Bundesrat zugestand.
Das zusätzliche Gehalt spendet Babler nun der Volkshilfe. Vielleicht auch ein Signal der Wiedergutmachung? Von 2014 bis 2016 zahlte sich Babler als Bürgermeister – und Leiter seiner eigenen Stabstelle – ein doppeltes Gehalt aus. Nicht illegal, aber auch keine "Politik von unten", mit der er nun wirbt.
Ideologische Verortung
Apropos Politik von unten: Warum ist Babler im sozialistischen SPÖ-Flügel überhaupt so beliebt? Anfang der 2000er-Jahre, in seiner Zeit in der Sozialistischen Jugend (SJ), etablierte sich Babler als Vertreter der sozialistischen "Stamokap"-Bewegung – "Staatsmonopolistischer Kapitalismus". Verkürzt beschreibt die Theorie die Endphase des Kapitalismus und wie dieser überwunden werden kann. Wladimir Iljitsch Lenin, Begründer der Sowjetunion, gilt als zentraler Vordenker. Schon deshalb kommt es nicht überraschend, dass Babler auch sozialistische bis kommunistische Gruppen wie die Sozialistische Linkspartei unterstützen – die sich eigentlich von der Sozialdemokratie losgesagt haben.
Babler bedauerte in den 1990ern den Zerfall Jugoslawiens und liebäugelte noch bis vor wenigen Jahren mit dem EU-Austritt. Allesamt Positionierungen, von denen sich Babler mittlerweile klar distanziert.
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