Lückenloser Grenzschutz: Österreich sucht Verbündete
Kaum ein anderer Innenminister war so viel im Ausland unterwegs wie Gerhard Karner. Aber seit er im Dezember des Vorjahres mit seinem Veto den Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien verhindert hat, besteht Gesprächsbedarf.
Das Ziel ist klar: eine starke Allianz für eine restriktivere Flüchtlingspolitik in der EU zu schaffen.
Am Donnerstag war der ÖVP-Politiker dafür nach Rom gereist, um mit seinem italienischen Amtskollegen Matteo Piantedosi die Lage zu besprechen. Die Erweiterung des Schengenraums war dabei kein Thema, die schnellere Rückführung von Asylwerbern hingegen schon.
Italien als Verbündeter
Gerhard Karner nach dem Gespräch: "Italien hat mit den Staaten Nordafrikas besondere Beziehungen und führt derzeit zahlreiche Gespräche über mögliche Kooperationen. Wir unterstützen Italien dabei – eine Zusammenarbeit mit Ländern wie Tunesien oder Ägypten ist auch im Interesse Österreichs, weil dann Migranten schneller in ihre Herkunftsländer zurückkehren können."
Einig war man sich, dass es in der EU einen gemeinsamen Kampf gegen die Schleppermafia und den Asylmissbrauch geben müsse. Das Vorgehen gegen die Organisierte Kriminalität soll deswegen in Zukunft noch abgestimmter erfolgen.
Bei dem Treffen dürfte es aber weniger um bilaterale Beziehungen als um die Vorbereitung auf den EU-Sondergipfel zur Migration am 9. und 10. Februar in Brüssel gegangen sein. Der ist letztendlich auch eine Folge des Schengen-Vetos, weil man in Brüssel erkannt hat, dass in der Flüchtlingspolitik mehr getan werden muss.
Dass sich bei diesem Treffen etwas bewegen wird, hat im Vorfeld die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson erkennen lassen. Sie wolle den Streit um Grenzzäune "pragmatisch lösen", sagte Johansson zu Medien. Die Errichtung von Stacheldraht und Mauern sei zwar aus mehreren Gründen keine Lösung, aber: "Wir müssen unsere Außengrenzen schützen und die EU-Mittel so effektiv wie möglich einsetzen. Daher schließe ich physische Infrastrukturen nicht aus."
Konkret geht es um die Forderung, dass die EU-Kommission für Zäune an den EU-Außengrenzen Mittel zur Verfügung stellt. Dieses Anliegen war im Vorjahr in Brüssel noch auf taube Ohren gestoßen. Deswegen kam auch sofort Lob von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), als dieses "Einlenken" in Wien aufgeschlagen ist. Der Regierungschef selbstbewusst: "Ich danke Kommissarin Johansson und Präsidentin Von der Leyen dafür, dass sie auf unsere Argumente eingegangen sind. Österreichs Überzeugungsarbeit zeigt Wirkung."
Die Rolle der Schweden
Wirkung zeigt wohl auch, dass derzeit Schweden den Vorsitz in der EU innehat. Die Zeit eines sehr liberalen Zugangs zur Asylpolitik, der dieses skandinavische Land noch vor wenigen Jahren geprägt hat, ist längst vorbei. Schweden ist neben Frankreich das einzige EU-Land, das die Grenzkontrollen wieder lückenlos eingeführt hat. Die Aufnahme von Flüchtlingen wurde gestoppt. Nicht zuletzt wegen der Bandenkriege im Land und weil deshalb politisch die rechten Kräfte immer stärker geworden sind.
Bei einem Treffen in Stockholm haben die Schweden bereits angedeutet, dass sie pragmatische Lösungen wollen: ein konsequenteres Vorgehen bei der Rückführung von Asylwerbern in ihre Herkunftsländer, Geld für den Außengrenzschutz. Wobei auch Sanktionen für jene Herkunftsländer im Raum stehen, die ihre Flüchtlinge nicht zurücknehmen wollen.
Tabu sein dürfte hingegen das Herumdoktern an den Menschenrechten. Dies wäre aber notwendig, wenn die von Innenminister Gerhard Karner geforderte Zurückweisungsrichtlinie in Kraft treten würde. Österreich wird sie dennoch am Gipfel in Brüssel weiter fordern. Wohl verbunden mit der Hoffnung, dass am Ende des Tages die EU-Kommission wenigstens die rechtlichen Rahmenbedingungen für Schnellverfahren an den Grenzen neu definiert.
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