Lopatka provoziert SPÖ mit Bargeld-Alleingang

ÖVP-Klubchef Lopatka musste Bargeld-Antrag fallen lassen
ÖVP-Klubobmann wollte Schelling "binden" und die SPÖ im Nationalrat ausbremsen, wurde aber noch abgestoppt.

Es gibt in der SPÖ vier Heiligtümer: Das rote Wien. Die Eisenbahner. Die Pensionisten. Den Arbeitsmarkt. Wer die SPÖ auf die Palme bringen will, muss sie hier attackieren. Hochspezialisiert hat sich dafür ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka. Nach Dauerfeuer gegen ÖBB, Pensionssystem und das verschwenderische Wien forderte Lopatka kürzlich, der SPÖ den Arbeitsmarkt wegzunehmen und vom Sozial- ins Wirtschaftsministerium zu transferieren.

Diese Woche wartete Lopatka mit einer neuen Provokation auf: Diesmal ging’s ums Bargeld. Der Hergang: Finanzminister Hans Jörg Schelling brachte einen Ministerratsvortrag ein, wonach die Bundesregierung Bargeld für „schützenswert“ erklären sollte und sich selbst zum Erhalt von Bargeld verpflichten sollte. Die SPÖ wollte diesem Ministerratsvortrag Schellings in der Regierung zustimmen. Zu ihrem Erstaunen wurde Schellings Antrag aufgrund von Einwänden Lopatkas zurückgezogen und verschoben.

Wenig später – am Dienstag am Abend um 20.37 Uhr – trudelte bei den Klubobleuten im Parlament ein Mail Lopatkas ein. Darin warb er dafür, dass die anderen Klubs einen Antrag der ÖVP zur Verankerung von Bargeld in der Verfassung am kommenden Tag im Parlamentsplenum unterstützen sollen. Begründung: „Mit der Verfassungsbestimmung könnten wir unsere Bundesregierungsmit-glieder binden, im EU-Rat einer Abschaffung des Bargelds nie zuzustimmen.“ Weil im EU-Rat Einstimmigkeit zur Abschaffung von Bargeld erforderlich sei, wäre das Bargeld für immer zementiert. Schluss-Satz Lopatkas: „Ich hoffe, dass unser Antrag morgen eine breite Unterstützung finden wird.“

"Binden"

Diese Aktion ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Es kommt eher selten vor, dass ein Klubobmann die eigene Regierung mithilfe der Opposition „binden“ will – noch dazu, wo sich die Regierung auf Schellings Initiative ohnehin selbst binden wollte.

Zweitens stellt es laut Koalitionspakt einen Koalitionsbruch dar, wenn eine Regierungsfraktion ohne Absprache mit der anderen einen Gesetzesantrag einbringt, und dann auch noch bei den anderen Fraktionen dafür wirbt, diesem eine Mehrheit zu verschaffen. „Der Verfassungsantrag der ÖVP war mit uns nicht abgestimmt“, bestätigt der SPÖ-Klub auf KURIER-Anfrage.

Am Dienstagabend herrschte jedenfalls Aufruhr in der Regierung. Ergebnis: Lopatka musste seinen Plan fallen lassen und brachte am Mittwoch schön brav gemeinsam mit der SPÖ einen harmlosen Entschließungsantrag ein, wonach die Regierung aufgefordert wird, das Bargeld zu erhalten.

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