Anti-Teuerung: Kalte Progression wird abgeschafft, 500 Euro Klimabonus für jeden

Anti-Teuerung: Kalte Progression wird abgeschafft, 500 Euro Klimabonus für jeden
Die Regierung präsentierte ein Paket im Volumen von 28 Milliarden Euro bis 2026. Sofortmaßnahmen machen davon fünf Milliarden Euro aus, eine Milliarde gibt es für die Wirtschaft.

Die türkis-grüne Bundesregierung hat ihre Verhandlungen über ein Anti-Teuerungs-Paket abgeschlossen. Das sogenannte "Geld-Zurück-Paket" soll breite Teile der Bevölkerung entlasten und die Teuerung besonders für Menschen mit niedrigen Einkommen rasch und unbürokratisch abfedern.

Die Regierung habe sich vorgenommen, "den Menschen das zurückzugeben, das ihnen die Inflation genommen hat", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei der Pressekonferenz. 

Das nun präsentierte Paket wird bis zum Jahr 2026 insgesamt 28 Milliarden Euro ausmachen. Davon fließen fünf Milliarden Euro für kurzfristige Entlastungen und eine Milliarde für die Wirtschaft. "Das Volumen ist tatsächlich riesig. Das ist keine Übertreibung oder Zuspitzung, sondern faktisch", sagte Nehammer. "Es ist eine gute Mischung aus unmittelbar wirksamen Entlastungen bei Arbeitnehmern und Familien und strukturellen Reformen, die nachhaltig wirken."

Der Klimabonus wird auf 250 Euro erhöht, draufgeschlagen wird ein "Geld-Zurück-Bonus" von 250 Euro, was in Summe 500 Euro für alle Erwachsenen ergibt, für Kinder die Hälfte. Ursprünglich war eine Staffelung je nach Wohnort als Kompensation für die CO2-Steuer vorgesehen. Ausbezahlt wird ab Oktober. 

Für Familien und finanziell Schwächere gibt es weitere Einmalzahlungen. Strukturell werden diverse Sozialleistungen künftig automatisch an die Inflation angepasst, die kalte Progression wird "endlich", wie Nehammer sagt, abgeschafft. 

Die Maßnahmen im Detail

Das sind die kurzfristigen Entlastungsmaßnahmen für Familien, sozial Schwächere, aber auch die breite Bevölkerung:

  • Im August gibt es eine Zusatzzahlung zur Familienbeihilfe von 180 Euro, eine so genannte 13. Familienbeihilfe. 
     
  • Finanziell Schwächere wie Arbeitslose oder Notstandshilfebezieher sollen eine Einmalzahlung von 300 Euro bekommen.
     
  • Der erhöhte Familienbonus von 2.000 Euro und der erhöhte Kindermehrbetrag von 550 Euro werden auf 2022 (ursprünglich war 2023 geplant) vorgezogen. Der Absetzbetrag wird für 2022 auf 500 Euro erhöht.
     
  • Für Lehrlinge wird der sogenannten Digi-Scheck bis 2024 verlängert. Die Förderung für ausbildungsbezogene Kurse macht drei Mal pro Jahr bis zu 500 Euro aus. 
     
  • Dauerhaft wirken soll wiederum eine automatische Wertanpassung von Sozialleistungen wie Familien- oder Studienbeihilfe. 
     
  • Zudem wird der "Wohnschirm", der Delogierungen verhindern soll, verlängert. 

Für die Wirtschaft gibt es folgende Maßnahmen: 

  • Unternehmen bekommen eine Strompreiskompensation, für energieintensive Firmen sind Direktzuschüsse vorgesehen.
     
  • Die Wirtschaft wird unterstützt, indem die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Das Volumen beträgt hier um die 600 Millionen Euro.
     
  • Dazu kommen Steuerbefreiungen für Mitarbeiterprämien bis 3.000 Euro, um Anreize für Investitionen zu schaffen. 
     
  • Langfristig wird die kalte Progression abgeschafft. Künftig sollen zwei Drittel der kalten Progression unmittelbar auf die Steuerstufen angewendet werden. Ein Drittel behält die Regierung, um etwaig weitere Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen. 
     
  • Auch diverse Absetzbeträge sollen valorisiert werden. Diese längerfristigen Maßnahmen sind aber komplexer und können erst im Herbst beschlossen werden.

"Schwierig, aber notwendig"

Es sei ein schwieriges Paket, sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), aber ein notwendiges: "Wenn sich die Lage in der Welt dramatisch ändert, muss sich auch die Politik ändern." Ein Hauptgrund für die Teuerung ist insbesondere das teure Gas und der Krieg, davor haben die Folgen der Pandemie und Lieferkettenprobleme dafür gesorgt. Die Inflation sei im Wesentlichen importiert, diese könne man kaum beeinflussen. "Was wir beeinflussen können, ist, verschiedene Gruppen zu entlasten." 

Eine große Herausforderung ist die Abschaffung der kalten Progression - angekündigt haben diese schon viele Regierungen. "Natürlich wär es bequemer für den Finanzminister, das nicht zu tun", sagt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP): "Aber es ist jetzt nicht die Zeit für Bequemlichkeit." Es sei nun an der Zeit, diese sogenannte "Inflationssteuer" loszuwerden. "Damit schaffen wir einen echten, nachhaltigen Systemwechsel zugunsten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler."

Für Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) ist die Teuerung eine Gefahr für den Zusammenhalt in der Gesellschaft - dem setze man nun dieses Paket entgegen. "Die ersten Sofortmaßnahmen werden die Menschen schon in den nächsten Wochen auf dem Konto spüren", sagte Rauch. Er hob hervor, dass Sozialleistungen ab 2022 automatisch angepasst werden - das sei eine wesentliche Maßnahme zur Armutsbekämpfung. 

Das Paket, das die Regierung Dienstagfrüh hat, ist bereits das dritte Maßnahmenbündel gegen die rasante Teuerung. Die zwei ersten Pakete hatten zusammen ein Volumen von vier Milliarden Euro.

Österreich sei im europäischen Bereich damit auf Platz 3, was Schnelligkeit, Volumen und Treffsicherheit der Maßnahmen gegen die Teuerung angeht, betonte Rauch: "Was hier geschaffen wird, stellt einen nationalen Kraftakt dar, um Armut zu verhindern." 

Und wer wird das alles bezahlen? "Zirka die Hälfte werde man durch Mehreinnahmen finanzieren, ein Drittel werde sich selbst finanzieren, beispielsweise durch erhöhtes Konsumverhalten der Gesellschaft", erklärte Finanzminister Brunner. Zudem gebe es einen "gewissen Reformdruck", der weitere Quellen erschließen dürfte. 

Auch Wien präsentiert Paket

Auch die Stadt Wien präsentierte am Dienstag Maßnahmen gegen die Teuerung. Ein Paket war zwar zuletzt bereits geschnürt worden, angesichts der geplanten Erhöhung der Fernwärmetarife um fast das Doppelte sind jedoch weitere Schritte geplant (mehr dazu hier). 

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