"Reintesten" beschlossen - "Vorschusslorbeeren für Kocher"
Der Nationalrat beschließt heute die gesetzlichen Grundlagen für das "Freitesten" für Freizeit- und Kulturveranstaltungen. Zudem ist es die Parlamentspremiere für Martin Kocher als Arbeitsminister.
Erst kurz vor Beginn der dazu gehörigen Debatte haben sich Koalition und SPÖ auf jenen Gesetzesantrag geeinigt, der Corona-Tests zur Voraussetzung für den Besuch von Veranstaltungen oder Hotels machen kann. Auch in der Gastronomie können entsprechende Regelungen eingeführt werden. Vieles bleibt noch offen, da dem Gesundheitsminister am Verordnungsweg einiger Spielraum eingeräumt wird.
Immerhin steht nun fest, dass das "Reintesten" noch diese Woche vom Parlament durchgewunken wird. Die mögliche Blockade durch die Opposition im Bundesrat wird durch Zugeständnisse an die SPÖ durchbrochen.
Im am Donnerstag fertig gestellten Abänderungsantrag sind noch einige kleinere Änderungen vorgenommen worden, etwa dass auch ein Heim-Test auf Corona jedenfalls mit einem qualitativ höher wertigen PCR-Test bestätigt werden muss. Klar gestellt wird auch, dass Dienstnehmern bei betrieblichen Tests keine Kosten entstehen sollen. Den Unternehmen wird ein Kostenzuschuss des Bundes zugesichert.
Weggefallen ist jener Passus, wonach man von einer Testpflicht für Veranstaltungsteilnahme ausgenommen ist, wenn man in den vergangenen drei Monaten eine Covid-Erkrankung überstanden hat. Dies sei mit Blick auf den sich laufend ändernden Stand der Wissenschaft notwendig, um dem Verordnungsgeber die notwendige Flexibilität einzuräumen, heißt es in den Erläuterungen zu dem Gesetzespaket. Ergänzend wird dafür klargestellt, dass auch ein positiver Antikörpertest einem Nachweis zu Grunde liegen kann.
Hauptstoßrichtung des Gesetzes ist, dass ein negatives Testergebnis künftig Voraussetzung für den Besuch von Veranstaltungen, Krankenhäusern und Hotels sein soll. Auch bestimmte Berufsgruppen mit viel Kundenkontakt und Schüler sollen sich regelmäßig testen lassen.
Als Erster am Wort ist Kanzler Sebastian Kurz. "Diese Pandemie hat eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst, die auch um Österreich keinen Bogen macht", so Kurz. Trotz - in Relation - niedriger Ansteckungszahlen in Österreich, sei die Situation eine "volatile. Die akute Pandemie wird uns noch Monate beschäftigen."
Kocher: "Mir ist bewusst, wie schwer die Lage ist"
Kurz vor halb elf ist Martin Kocher am Wort. "Die Frage, ob ich Arbeitsminister werden will, kam überraschend und kurzfristig", beginnt der Ex-IHS-Chef mit Redemanuskript und Handy am Pult. Christine Aschbacher habe ihm ein "sehr gut bestelltes Haus hinterlassen".
Er freue sich über die "Chance, seine Expertise einbringen und aktiv mitgestalten zu können", so der 47-Jährige. Das "Gute am Thema Arbeit" sei, dass alle eingebunden und "an Vollbeschäftigung interessiert sind".
Erster Auftritt des neuen Arbeitsministers Kocher im Parlament
Ihm sei bewusst, "wie schwer die Lage ist. Ich werde mich mit aller Kraft einsetzen, dass sich die Lage ändert". Sein Appell: "Es wird entscheidend sein, sich an die Regeln zu halten. Die Erholung am Arbeitsmarkt ist nur so möglich, um langfristig aus der Krise herauszukommen." Längerfristig sei die Schutzimpfung das beste Mittel, um wieder zu einem Leben zu finden, das man als "normal" bezeichnen.
"Der erste Schritt ist jetzt die Akutbewältigung der Krise - bis es hoffentlich sehr rasch eine flächendeckende Öffnung im Frühjahr geben wird." Seine Aufgabe sieht Kocher auch darin, die Zukunft der Arbeit zu gestalten, denn "in 5 oder 10 Jahren wird die Arbeit anders aussehen als heute". Der parteifreie Arbeitsminister schließt nach gut zehn Minuten Redezeit: "Machen wir uns an die Arbeit".
Wie schwer Kochers Aufgabenbereich werden wird, beschreiben alle Redner aller Couleurs an diesem Donnerstag.
"Der Bereich ist ein herausfordernder und wird einer bleiben", beschreibt Kurz das Ressort von Christine Aschbachers Nachfolger Martin Kocher. In Österreich sind derzeit rund 530.000 Menschen arbeitslos und 400.000 in Kurzarbeit. "Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass du dich (Kocher) in dieser Krise auf die Aufgabe eingelassen hast", schließt Kurz sein Statement.
Kogler: "Weitertun und was hackeln"
"Eine Verteilungsdebatte kann nicht schaden", so Vizekanzler Werner Kogler, der in seiner Rede eingangs - wie der Kanzler zuvor - Aschbacher dankt. "Für die Zukunft gilt: Rausinvestieren aus der Krise", so der Grünen-Chef. "Problembewusstsein und Lösungskompetenz" seien vorhanden. "Die kommenden Jahre werden Comeback-Jahre für die heimische Wirtschaft", ist sich Kogler sicher. Sein Credo: "Weitertun, Ärmel aufkrempeln und was hackeln."
Leichtfried: "Wenn Sie so weitermachen, dann wird es nicht besser"
SPÖ-Klubobfrau Stellvertreter Jörg Leichtfried schließt sich den dankenden wie lobenden Worten für Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher nicht an. Dann nennt er taxativ all jene Vorschläge, die von der Regierung abgelehnt wurden. "Es braucht keine Showpolitik", und ihrem Nachfolger richtet er aus: "Wenn Sie das machen, was sie angekündigt haben, wird es nicht besser", so Leichtfried. Konkret kritisiert er, dass sich die Regierung als auch Kocher in seiner Funktion als IHS-Chef gegen eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes ausgesprochen haben. Die SPÖ plädiert für eine Erhöhung der Nettoersatzrate von 55 auf 70 Prozent. Dass Integrationsministerin Susanne Raab die Familienagenden des Arbeitsministerium erhält, stellt SPÖ-Mandatar Leichtfried ebenso infrage.
"Licht am Ende des Tunnels" werde es im Sommer geben können, so ÖVP-Klubchef August Wöginger - sofern Test- und Impfstrategie umgesetzt werden. "Umschulung und Qualifizierung" sollen helfen, die Arbeitslosigkeit auf lange Sicht in den Griff zu bekommen.
Kickl: "Frust-Gust" und "Vorschusslorbeeren"
FPÖ-Klubchef Herbert Kickl schließt sich den "Vorschusslorbeeren" für Martin Kocher an. Darin stecke allerdings auch ein "Anti-Aschbacher-Reflex". Als Politiker müsse er erst seine "Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen", so Kickl. Nach einer Replik auf Wöginger ("lieber Frust-Gust") sieht Kickl den Arbeitsmarkt weiter auf einer "Talfahrt", denn: Weniger als ein Prozent seien mit Covid infiziert oder daran erkrankt, die Politik handle im Wirtschaftsbereich genau umgekehrt - als wären es also 99 Prozent infiziert.
"Wofür oder wogegen" wird Kocher seine Expertise einsetzen, fragt Kickl. Grund: "Die Minister spielen nur Trabanten, die den Planeten Sebastian Kocher umkreisen."
"Als ernüchternd bis verstörend" sieht Kickl das bisher Gesagte von Kocher. Als IHS-Chef habe Kocher das gesetzliche Pensionsalter erhöhen, den Arbeitsmarkt für Fachkräfte öffnen, das Arbeitslosengeld nicht erhöhen wollen. "Wir brauchen Einfühlungsvermögen", sagt Kickl und süffisant Richtung Neos, dass es für die Pinken typisch sei, bei "Neoliberalismus" und "Turbokapitalismus" zu klatschen.
Maurer: "FPÖ tut sich nicht leicht mit der Wissenschaft"
"Dass sie Marathonläufer sind, das macht sie sympatisch: Das haben wir nämlich gemeinsam," so Kickl abschließend zu Kocher, um mit einer rhetorischen Spitze gegen Kogler und Finanzminister Gernot Blümel zu enden. Kogler meine nicht den Sport, sondern die Schlacht von Marathon.
"Die freiheitliche Partei tut sich nicht leicht mit der Wissenschaft", sagt Sigrid Maurer, Klubchefin der Grünen. Befremdlich findet Maurer, dass die FPÖ plötzlich mit Neoliberalismus ein Problem hat. "Ausgerechnet jene Partei, die Goldbarren hat".
Meinl-Reisinger: "Endlich ein Experte in der Regierung"
Endlich habe man mit Arbeitsminister Martin Kocher "einen Experten in der Regierung. Wir schätzen ihre liberale Grundeinstellung." Kocher könne der Beginn sein für eine Umbildung in der Regierung "Expertise statt Showpolitik".
Das Credo der Regierung "Koste es, was es wolle" müsse ein Ende haben. "Nicht das Erzählte reicht, sondern nur das Erreichte zählt." Die Massentests hält die Neos-Chefin für eine "Schnapsidee" - eine "Selbstbeschäftigung zur Unzeit", sei diese Idee gewesen. Die pinke Erwartungshaltung an Kocher - "es kann kein Comeback geben, sondern wir brauchen einen echten Neustart". Jetzt "reicht es nicht mehr, an kleinen Rädchen zu drehen". Es braucht "Mut für echte Reformen". Wenn dies das Fall der sei, "ist unsere Hand immer ausgestreckt."
Kocher: "Mir ist bewusst, wie schwer die Lage ist"
Kurz vor halb elf ist Martin Kocher am Wort. "Die Frage, ob ich Arbeitsminister werden will, kam überraschend und kurzfristig", beginnt der Ex-IHS-Chef. Christine Aschbacher hat "mir ein sehr gutes Haus hinterlassen."
Er freue sich über die "Chance, seine Expertise einbringen und aktiv mitgestalten zu können". Das gute am Thema Arbeit sei, dass alle eingebunden und "an Vollbeschäftigung interessiert sind".
Ihm sei bewusst, "wie schwer die Lage ist und werde mich mit aller Kraft einsetzen, dass sich die Lage ändert". Sein Appell: "Es wird entscheidend sein, sich an die Regeln zu halten. Die Erholung am Arbeitsmarkt ist nur so möglich, um langfristig aus der Krise herauszukommen." Längerfristig sei die Schutzimpfung das beste Mittel, um wieder zu einem Leben zu finden, das man als "normal" bezeichnen.
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