Deutschförderklassen: "Resultate bisheriger Modelle nicht berauschend"

Deutschförderklassen: "Resultate bisheriger Modelle nicht berauschend"
Bildungsminister Faßmann will Deutschförderklassen erst ab acht statt sechs Schülern einrichten. Kritik von der SPÖ und den NEOS.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hält auch nach der Begutachtung an seinem Gesetzesentwurf zur Einführung von Deutschförderklassen fest. Gegenüber dem Erstentwurf gibt es aber leichte Adaptierungen: So soll eine Deutschförderklasse erst ab acht Schülern pro Standort eingerichtet werden (statt sechs), Schulen erhalten etwas mehr Spielraum bei der Organisation.

So soll der Unterricht in den Deutschförderklassen klassen- , schularten- und schulstufenübergreifend möglich sein - so ist etwa die Einrichtung einer Art Mehrstufenklasse zur Deutschförderung möglich. Außerdem sollen nicht mehr alle außerordentlichen Schüler eine Deutschförderklasse besuchen müssen, sondern nur jene, die zunächst in der ersten Schulstufe aufgenommen wurden, oder gerade in Österreich angekommene Quereinsteiger ins Schulsystem. Daraus ergeben sich weniger Deutschklassen als zunächst geplant. Statt rund 230 zusätzlicher Klassen gegenüber den bisherigen Sprachstartgruppen soll es künftig nur mehr rund 80 Klassen mehr geben.

Eingeführt werden soll das neue Modell unverändert schrittweise ab dem Schuljahr 2018/19. Dafür werden zunächst alle Kinder, denen bei der Schuleinschreibung Deutschmängel attestiert werden, einem einheitlichen standardisierten Test unterzogen. Ergibt dieser, dass dem Unterricht nicht ausreichend gefolgt werden kann, wird das Kind als sogenannter außerordentlicher Schüler eingestuft und kommt in eine eigene Deutschförderklasse. Dort wird dann in 15 bis 20 Wochenstunden nach eigenem Lehrplan Deutsch unterrichtet - für Gegenstände wie Zeichnen, Musik oder Turnen werden die Kinder dann aber altersgemäß den normalen Regelklassen zugeteilt.

Nach jedem Semester soll dann nach einem österreichweit einheitlichen Test überprüft werden, ob die Kinder dem Regelunterricht mittlerweile ausreichend folgen können. Ist dies der Fall, können sie unmittelbar in die Regelklassen wechseln. Ansonsten bleiben sie maximal vier Semester in der Deutschförderklasse. Nach dem Wechsel in die Regelklasse erhalten sie außerdem noch sechs Stunden pro Woche parallel zum Unterricht Förderung in einem Deutschförderkurs.

"Die Resultate der bisherigen Modelle sind alles andere als berauschend"

Die neuen Deutschfördermaßnahmen verteidigte Faßmann vehement: "Die Resultate der bisherigen Modelle sind alles andere als berauschend", so der Minister bei eine Pressekonferenz am Dienstag, "Es hat wenig Sinn, Schülerinnen und Schüler ohne Vorbereitung ins Sprachbad der Mehrheitsgesellschaft eintauchen zu lassen." Auch einer etwa von der Pflichtschullehrergewerkschaft geforderten Verschiebung der Maßnahme um ein Jahr erteilte er eine Absage: "Verschoben haben wir diese Problematik schon sehr lange." Viele der sich ergebenden Probleme bei der konkreten Umsetzung könnten im Zusammenspiel mit dem Ministerium geklärt werden. "Wir werden bei der Implementierung lernen und auch flexibel sein."

Sowohl Faßmann als auch der für die Deutschförderklassen und Deutschförderkurse zuständige Abteilungsleiter Martin Netzer zeigten sich zuversichtlich, dass die meisten Schüler in kurzer Zeit in die Regelklassen wechseln könnten. "Es geht nicht um die korrekte Anwendung von Dativ und Akkusativ, es geht um das Folgen des Unterrichts", so Faßmann.

Das Gesetzespaket soll schon morgen, Mittwoch, den Ministerrat passieren, und im Mai im Nationalrat beschlossen werden. Organisatorisch starten die Deutschklassen bereits im Herbst - vorerst allerdings noch ohne standardisierte Tests bei der Schuleinschreibung (die für 2018/19 schon vorbei ist, Anm.). Diese sollen dann ab Jänner 2019 verfügbar sein.

 

Deutschförderklassen: "Resultate bisheriger Modelle nicht berauschend"

Für die Deutschförderklassen gilt die reguläre Klassenschülerhöchstzahl von 25 Kindern. Diese könne vor allem bei schulstufenübergreifender Einrichtung "im Extremfall" durchaus erreicht werden, räumte Netzer ein. Dann würden aber zunächst im ersten Semester zwei Pädagogen dort arbeiten, nach einem Semester würden dann ohnehin die ersten Wechsel in die Regelklassen erfolgen.

SPÖ sieht eine "Ho-Ruck-Aktion"

Die SPÖ sieht auch nach den von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) angekündigten Änderungen bei den Deutschklassen viele offene Fragen bei der Umsetzung. "Das ist eine Ho-Ruck-Aktion auf dem Rücken der LehrerInnen, der DirektorInnen, der Bundesländer und Gemeinden als Schulerhalter und nicht zuletzt zu Lasten der betroffenen Kinder", so Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid in einer Aussendung.

Hammerschmid fordert nach wie vor ein Expertenhearing im Bildungsausschuss des Nationalrats zu der Frage. Faßmann solle die Warnungen und Sorgen der Länder ernst nehmen, die für kommenden Herbst ein Chaos befürchten. "Es gibt noch immer keine Lehrpläne für diese Klassen, es fehlen Klassenräume und Personal." Unverständlich sei auch, warum der Minister nicht die gesetzliche vorgesehene Evaluierung der bisherigen Sprachfördermaßnahmen abgewartet habe.

Der Wiener Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer (SPÖ) zeigte sich konzilianter: "Ich sehe jedenfalls erstmals eine ausgestreckte Hand des Ministers", so Himmer zur APA. "Man ist offenbar bereit, über die konkrete wienspezifische Umsetzung nachzudenken. Und man erkennt an, dass Wien andere Herausforderungen hat als andere Bundesländer." Man müsse nun sicherstellen, "dass wir nicht noch eine neue Schulart bekommen, in die wir alle Kinder abschieben, die uns nicht geeignet erscheinen - und das mit einem Test, den es noch nicht einmal gibt."

Nach wie vor hake es bei Faßmanns Konzept aber an ganz konkreten Fragen: So seien in den Deutschklassen nach wie vor Schülerzahlen bis 25 möglich, bemängelte Himmer. "Es gibt auch wenig schulautonomen Spielraum, ob eine Deutschklasse eingerichtet oder integrativ gefördert wird. Die Stundenanzahl ist auch sehr starr vorgegeben, und es ist keine Mischung möglich - also zwischen einer Förderung in der Kleingruppe außerhalb der Klasse und dann wieder mit den anderen Kindern im Rahmen der Klasse." Als Folge hätten die Kinder nach Absolvierung der Deutschförderung auch nicht das fachliche Wissen, um voll in den Unterricht einzusteigen und müssten daher die Klasse wiederholen.

Der Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) wiederum zeigte sich in einer Aussendung erleichtert, dass "derzeit bestehende Klassen offenbar doch nicht auseinandergerissen werden. Enttäuschend ist, dass dennoch ein von ExpertInnen und PädagogInnen zu Recht abgelehntes Deutschklassen-Modell durchgedrückt werden soll." Insgesamt frage er sich, warum Faßmann die Direktoren nicht entscheiden lasse, wie die Sprachförderung organisiert werden solle.

Verärgert zeigte sich NEOS-Klubobmann Matthias Strolz über den "Marketing-Schmäh" der Regierung. "Nachbesserungen in Ehren, aber das ist leider ein Komplettumfaller", so Strolz in einer Aussendung. "Ein Konzept, das so nicht umgesetzt werden kann, wird künstlich am Leben erhalten. Bezahlen müssen das die Schülerinnen und Schüler, die bereits im Schulsystem sind und über nicht ausreichend Deutschkenntnisse verfügen." Auch er verlangt ein Experten-Hearing im Parlament.

 

Faßmann (ÖVP) präsentierte Pläne zu Deutschförderklassen

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