Nicht beurteilt
Dass einige wenige Lehrpersonen jetzt auf Basis weniger Leistungsfeststellungen Fünfer vergeben, versteht auch Michael Sörös nicht. Der Leiter der Bildungsregion West in Wien hat für Leistungsverweigerer eine andere Lösung: „Wo ein Schüler nicht erreichbar ist, obwohl die Lehrkraft x-mal versucht hat, ihn zu kontaktieren, würde ich ein ‚Nicht beurteilt‘ geben.“
Die Rückmeldungen, die Sörös von Eltern und Schülern bekommt, sind sehr unterschiedlich. „Während die einen beklagen, dass die Schüler zu viel lernen müssen, meinen andere, dass es zu wenig ist. Insgesamt gibt es jetzt aber weniger Beschwerden als im ersten Lockdown. Allerdings sind die, die sich an uns wenden, oft besonders genervt ob der allgemeinen Situation.“
Dass Eltern immer zorniger werden, fällt auch in den sozialen Medien auf, wo Hilferufe und Verzweiflung lauter werden. So schreibt etwa eine Mutter auf Twitter: „Hab dem Klassenvorstand geschrieben, dass alles zu viel wird und die Kinder bis nach Mitternacht noch arbeiten. Er antwortet: ‚Es ist nicht zu viel.‘ Ich geh jetzt ins Bett weinen.“
Stunden vor dem PC
Dass Jugendliche sechs Stunden vor dem Bildschirm sitzen mit digitalem Frontalunterricht, kommt durchaus vor. Danach sitzen sie weiter einige Stunden, um die Aufgaben zu lösen. Für Michael Sörös macht die Krise bestehende Probleme sichtbarer: „Sechs Stunden Frontalunterricht – da steigen die Schüler auch beim Präsenzunterricht aus, im Online-Unterricht erst recht.“
Was kann man tun, wenn der Stoff zuviel und die Noten zu schlecht sind? Am besten reden die Elternvertreter mit Lehrer oder Direktor, die das dann nicht als Einzelfall abtun können. Wo das nichts bringt, ist die nächste Anlaufstelle die Bildungsdirektion.
Digitale Zeugnisse gibt es trotz Blitzdigitalisierung nicht, nur die Übergangsklassen der 4., 8. und 9. Schulstufe dürfen ihre Schulnachricht abholen. Alle anderen erhalten diese nach den Ferien. Das Ritual, ein Zeugnis zu bekommen, sei wichtig, meint Birgit Satke von Rat auf Draht: „Nach der Arbeit des Semesters haben es die Schüler als psychologischen Abschluss verdient. Das hängt ihnen bis in die Ferien nach.“
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