Daraus ergeben sich 5 Thesen:
- Geld alleine schießt keine Tore
Die ÖVP ist mit dem Versuch, bürgerliche Kräfte in einer Allianz mit Seniorenbund sowie der früheren Abspaltung und Ex-Bürgermeister-Partei Für Innsbruck zu einen, grandios gescheitert. Da halfen weder ein junger Spitzenkandidat – Ex-Staatssekretär Florian Tursky (35), noch neue Parteifarbe (Orange) oder neuer Name (Das neue Innsbruck).
Vor allem verpuffte aber das mit Abstand größte Budget aller 13 Listen. Offiziell wurden rund 700.000 Euro – Konkurrenten gehen von wesentlich mehr aus – in die Wahlschlacht geworfen. Am Ende ließen sich nur knapp über 10 Prozent der Wähler überzeugen. Mit separatem Antreten hatten die drei verschmolzenen Listen 2018 in Summe über 30 Prozent.
- Umfragen machen noch keine Sieger
Bei der FPÖ war am Wahlsonntag vor zwei Wochen Enttäuschung angesagt. Der fix eingeplante Sieg konnte nicht eingefahren werden. Vielmehr rutschten die Blauen von Platz zwei auf drei ab und bilanzierten mit einem Minus. Umfragen sind, noch dazu, wenn sie wie im Falle von Innsbruck von überschaubarer Qualität sind, mit Vorsicht zu genießen. In Innsbruck hat die FPÖ jedoch – anders als vermutlich bei der kommenden Nationalratswahl – einen relativ handzahmen Wahlkampf geführt. Im Fokus standen Attacken auf die Bürgermeister-Grünen.
- Polarisierung muss nicht alleine aufs rechte Konto einzahlen
Auch wenn die FPÖ ihre klassischen Aufregerthemen nicht groß gespielt hat, so war bei einer derart großen Vielfalt an Listen dennoch jede Menge Feuer im Spiel. Die verschiedenen Gruppierungen haben intensiv mobilisiert. Die Wahlbeteiligung ist von etwas mehr als 50 auf über 60 Prozent gestiegen.
Herausgekommen ist ein Linksruck. Die Kommunisten und die SPÖ könnten dabei auch in klassischen FPÖ-Hochburgen punkten. So auch der gemäßigte Bürgerliche Anzengruber. Sie alle haben Stadtteile mit großen Wohnblöcken beackert, was offenbar honoriert wurde. Die SPÖ konnte trotz linkerer Konkurrenz (KPÖ und ALI) zulegen, die Grünen sich trotz Verlusten auf ihre innerstädtischen Hochburgen verlassen.
- Bürgerliches Angebot weiter gesucht
Die ÖVP wurde vernichtend geschlagen, aber von einem aus den eigenen Reihen. Vielmehr aus dem schwarzen Stall, als der ehemalige Almwirt Anzengruber, dessen Oma als eine der ersten Frauen für die ÖVP im Landtag saß, kann man eigentlich nicht sein. Er zeigt sich zwischen wirtschaftsfreundlich, christlich-sozial bis in Klimafragen fortschrittlich. In Summe konnte er authentisch verschiedenen Bevölkerungsschichten vermitteln, „einer von euch“ zu sein. Trotz Gendersternchen auf seinen Plakaten. Das Paket überzeugte in dörflich geprägten Hanglagen wie auch im Gemeindebau.
- Der typische Österreicher wählt eher Mitte-Rechts
Innsbruck ist überdurchschnittlich jung, international und gebildet. Das verzerrt natürlich das Bild beim Übertragen auf die nationale Ebene. Für den KURIER hat Mathias Behmann, Leiter des Innsbrucker Statistikamts, jene Wahlsprengel herausgefiltert, die am ehesten der Altersstruktur der Österreicher und der im Land lebenden EU-Bürger (auf kommunaler Ebene wahlberechtigt) entspricht.
Das trifft vor allem auf die ländlicheren Stadtteile und jene mit unterdurchschnittlichem sozialen Status sowie höherem Arbeiteranteil zu – also eher einem Abbild des ländlichen Österreichs. Und hier schneiden – zumindest an der Wahlurne, also ohne Wahlkarten – der bürgerliche Anzengruber mit Platz eins und die FPÖ auf Platz zwei deutlich besser, die Grünen auf Platz drei wesentlich schlechter ab. Bemerkenswert: Selbst in diesem Wählersegment kommt die KPÖ auf über 5 Prozent.
Kommentare