Als Sebastian Kurz am Freitag das schwierige Umfeld zum Zeitpunkt seines Auftritts im Ibiza-U-Ausschuss erklärte und auch auf seine Angst verwies, nur ja nichts Falsches bei der Befragung im Parlament zu sagen, weil es sehr viele strafrechtliche Unterstellungen gegeben habe, vermuteten Beobachter, dass das vielleicht in Richtung Aussagenotstand gehen könnte.
Das dürfte auch Richter Michael Radasztics so verstanden haben, weil der den Aussagenotstand sogar ins Spiel brachte: „Ich soll überprüfen, ob Sie im Aussagenotstand waren. Aber das setzt eine falsche Aussage voraus. Wenn Sie vor mir sitzen und sagen, Sie haben eh richtig ausgesagt, dann kann ich das nur spekulativ prüfen.“ Kurz griff das nicht auf. Er bleibt dabei, dass er wissentlich nicht falsch ausgesagt habe.
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Somit wird Mitte November weiter verhandelt. Und als erster Zeuge wird auf Wunsch der Verteidigung Thomas Schmid befragt werden. Der ehemalige Generalsekretär des Finanzministeriums und spätere Vorstand der Beteiligungsholding des Bundes, der ÖBAG, ist auch die zentrale Figur des Prozesses gegen Sebastian Kurz. Seine mögliche Falschaussage geht ja darum, inwieweit er in die Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Vorstand eingebunden war. Die WKStA will ja beweisen, dass die Rolle des Ex-Kanzlers viel entscheidender gewesen sei, als er im U-Ausschuss eingestanden habe.
Die Schmid-Chats
Eine wichtige Rolle bei der Beweisführung sind die vielen Chats von Thomas Schmid, die von der WKStA sichergestellt worden sind. Der bekannteste Satz daraus: „Kriegst eh alles, was du willst“. Den erklärte Sebastian Kurz vor Gericht jetzt so: Er habe das geschrieben, weil Schmid den Hals nicht vollkriegen wollte. Dieser habe sogar den Aufsichtsratsvorsitz bei allen Beteiligungen angestrebt. „Ich hätte das für einen Wahnsinn gehalten“, so der Ex-Kanzler bei seiner Befragung im Gericht.
Überhaupt wurde die Rolle vom Thomas Schmid von der Verteidigung im Vorfeld infrage gestellt. In der Gegenäußerung zum Strafantrag, die wenige Tage vor dem Prozess an den Richter übergeben worden war, wurde auch festgehalten, dass es Thomas Schmid bei seinen Aussagen nur darum gehe, den Kronzeugenstatus zu erlangen, um sich so den Vorwürfen gegen ihn selbst zu entziehen. Schmid hat ja bereits ein umfangreiches Geständnis bei der WKStA abgelegt, in dem er Sebastian Kurz belastet.
Für die WKStA war der Freitag wieder ein eher ruhiger Verhandlungstag. Genauso wie Bettina Glatz-Kremsner verweigerte Sebastian Kurz, Fragen der Staatsanwaltschaft zu beantworten. Da nutzte es auch nichts, dass Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic ihn eindringlich darum ersuchte. Bei der Befragung von Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli am Montag wird ein ähnliches Szenario erwartet. Im November wird das dann anders. Thomas Schmid muss Staatsanwalt und Verteidiger Rede und Antwort stehen.
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