Kurz bei Wolf: Konsequenzen der FPÖ reichen aus
Man saß schon einmal entspannter vor dem Fernseher als an diesem Abend.
Nach dem Schlagabtausch zwischen der FPÖ und ZiB2-Moderator Armin Wolf in den vergangenen Tagen wurde das Interview mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgeregt erwartet.
Es solle in dem Gespräch um die Steuerreform gehen, hatte der ORF zuvor in einer Aussendung mitgeteilt. Würde Wolf Kurz also nicht auf die vielen Negativ-Schlagworte durch den Koalitionspartner FPÖ in den letzten Wochen ansprechen?
Doch, das tat er.
Konjunkturbedingt weniger
Zuvor allerdings widmeten sich Moderator und Kanzler tatsächlich ausführlich dem Thema Steuerreform. Warum es statt der angekündigten Entlastung von zwölf bis 14 Milliarden Euro nun doch nur 7,5 geworden seien, wollte Wolf wissen. Kurz entgegnete, er habe versprochen, die Abgabenquote "in Richtung 40 Prozent" (tatsächlich sind es 40,5 Prozent, das entspricht einem Unterschied von rund zwei Milliarden, Anm.) zu drücken. Das sei konjunkturbedingt nun mit 8,5 Milliarden möglich. Jedenfalls: „Wir setzen um, was wir angekündigt haben.“
„Die Österreicher waren also so fleißig, dass die Konjunktur so gestiegen ist, dass sie jetzt weniger Steuersenkung bekommen“, konkludierte Wolf daraufhin. Und wo bleibe überhaupt die versprochene Abschaffung der Kalten Progression? Man habe sich mit dem Koalitionspartner drauf geeinigt, zuerst den Familienbonus und die Steuerreform durchzubringen, erklärte Kurz und fügte hinzu: „Die Politik ist die Kunst des Machbaren (…) Was wir zusammenbringen ist eine Trendwende. (…) Wir führen keine neuen Steuern ein und machen keine neuen Schulden.“
Versprochenes Wiedersehen
Angesprochen auf die Meinungen von Experten, die in den Plänen der Regierung lediglich eine Steuererleichterung aber keine –reform sehen, da eine Ökologisierung fehle, erklärte Kurz, die Regierung habe ja noch weitere vier Jahre Zeit. „Laden Sie mich dann wieder ein und dann schauen wir.“ „Verspreche ich“, meinte Wolf.
Nach einem kurzen Abstecher zu den Themen Kürzung der Arbeiterkammerbeiträge (Kurz: „Ja, das steht auch so im Regierungsprogramm) und Streichung der ORF-Gebühren („Im jetzigen Paket ist das nicht vorgesehen“) war man dann doch bei der Frage nach der Abgrenzung der FPÖ angekommen.
Kurz erklärte, dass er den jüngst von Vizekanzler Heinz-Christian Strache sowie von den Identitären verwendeten Begriff "Bevölkerungsaustausches" ablehne. "Es ist etwas, was mir nicht gefällt, ein Wort das ich ablehne und das ich für sachlich unrichtig halte", sagte der Regierungschef. Er verwende das Wort nicht, "weil das Wort impliziert, dass es einen Austausch gibt, was nicht richtig ist.“
Allerdings: "Wir sind im Wahlkampf: Ich lade Sie, aber auch alle Zuschauer ein: Wer eine Partei wählen möchte, die dieses Wort nicht verwendet, aber entschlossen gegen Massenmigration ist, der kann die ÖVP wählen.“
Kurz froh über Konsequenzen
Nach diesem kurzen Wahlkampf-Intermezzo stellte Kurz dann allerdings klar, dass ihm die Reaktion der FPÖ auf Fälle wie jenem des rassistischen "Rattengedichtes" des Braunauer FPÖ-Vizebürgermeisters oder die Abgrenzung Straches gegenüber der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung ausreiche. Er habe das "Rattengedicht" widerlich empfunden, sich sofort zu Wort gemeldet und sei froh, dass die FPÖ Konsequenzen gezogen habe und der Bürgermeister nun nicht mehr im Amt sei.
Gleiches gelte für den Umgang der FPÖ mit den Identitären. Hier sei es für ihn "genauso wesentlich" gewesen, dass es keine strukturelle, inhaltliche oder finanzielle Verwobenheit gebe. Dies sei seitens der FPÖ klargestellt worden, betonte der Bundeskanzler, wenngleich Wolf das Nicht-Vorhandensein der inhaltlichen Verwobenheit anzweifelte.
Grundsätzlich erklärte Kurz, dass man nie zu hundert Prozent mit seinem Koalitionspartner zufrieden sein könne: "Wenn Sie einen Koalitionspartner haben, werden Sie immer wieder erleben, dass Ihnen dort etwas nicht passt, etwas widerstrebt, nicht gefällt. Wenn die SPÖ Lenin verehrt, dann widert mich das an." Und immerhin sei er ja auch schon bei einer Koalition mit den Sozialdemokraten dabei gewesen, erklärte der Kanzler.
Ob er also trotz der Vorfälle am rechten Rand der FPÖ an einen Fortbestand der Koalition bis 2022 glaube, wollte Wolf wissen. „Davon gehe ich aus“, sagte Kurz.
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