Kurz baut Finanzministerium um: Gernot Blümel ante portas
Eben erst sind ÖVP und Grüne an den Verhandlungsstart gegangen – und schon kommt gehörig Bewegung in die Regierungsbildung: das Finanzministerium wird einen neuen Chef bekommen.
ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat zwar wiederholt angekündigt, dass er sein Ministerteam nicht ändern will, aber ein Abgang ist sicher: der des früheren Finanzministers Hartwig Löger. Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen teils auch schon länger zurück.
Seit dem Zerplatzen von Türkis-Blau ist Lögers Verbleib alles andere als gewiss. In der ÖVP hat für Naserümpfen gesorgt, dass sich Löger nicht im Wahlkampf engagiert hat und sich darüber hinaus das Ministersalär fortzahlen ließ. Andere ÖVP-Minister, die ebenfalls nach dem Ibiza-Gau von heute auf morgen ohne Job auf der Straße standen, haben auf die ihnen gesetzlich zustehende Gehaltsfortzahlung verzichtet. Einer derer, die verzichtet haben, war Ex-Europaminister Gernot Blümel.
Absenz im Wahlkampf
Die meisten türkisen Ex-Minister – Blümel als Wiener ÖVP-Chef sowieso, aber auch Margarete Schramböck oder Juliane Bogner-Strauß – wurden Spitzenkandidatinnen in Bundesländern und haben entsprechend wahlgekämpft. Löger hielt sich davon fern mit der Begründung, er wolle nicht Parlamentarier, sondern nur Minister werden. So etwas kommt bei Funktionären, die Tag und Nacht für die Partei laufen müssen, nicht besonders gut an.
Seit zwei Tagen erhält die Causa neue Dynamik, und zwar durch die Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die Justiz ermittelt gegen Löger. Er steht im Verdacht, als Minister auf Aufsichtsräte der Casinos AG Druck ausgeübt zu haben, damit ein unqualifizierter FPÖler in den Finanzvorstand gehievt wurde.
Löger weist die Beschuldigungen zurück, für ihn wie alle anderen Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
Aber das reicht in der Politik meist nicht.
Schatten über Neustart
Da geht es auch um Optik und Unvereinbarkeiten. Bei Löger wäre die Situation besonders krass. Als Finanzminister wäre er erneut der zuständige Behördenleiter im inkriminierten Ermittlungsbereich, den Casino-Lizenzen. Und zweitens ginge es bei ihm nicht um einen Routine-Amtsantritt, sondern um den Neustart einer gesamten Bundesregierung. Weder der Kanzler noch die Grünen werden sich ihren Arbeitsauftakt von einer Affäre überschatten lassen.
Noch einen dritten Grund gibt es für einen Wechsel im Finanzministerium – und hier kommt die Nachfolge ins Spiel. Das Finanzressort ist die eigentliche Machtbasis für einen Bundeskanzler. Über die Finanzen lässt sich die Regierung steuern, denn ohne Geld spielt keine Musik.
Was für Blümel spricht
Kurz hatte im Finanzministerium Vertraute positioniert, die das Ministerium aber inzwischen verlassen haben. Das ist der Hintergrund, warum jetzt Gernot Blümel als heißester Kandidat für das Finanzressort gehandelt wird. Blümel ist ein enger Weggefährte von Sebastian Kurz, er war Koordinierungsminister unter Türkis-Blau und ist jetzt Teil der Steuerungsgruppe bei den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen.
Blümel ist zwar kein Ökonom, sondern ein Philosoph, aber er hat große Regierungserfahrung, auch auf internationalem Parkett. Blümel war Europaminister und hat den EU-Vorsitz Österreichs koordiniert.
Blümel schloss am Mittwochabend auf die entsprechende Frage von Armin Wolf in der ZiB 2 nicht aus, dass er Finanzminister werden könnte. Er bezeichnete es als „Ehre“, für dieses Amt genannt zu werden. Die Ministerienvergabe sei aber noch kein Thema bei den Koalitionsgesprächen, daher handle es sich um „spekulative Gerüchte“.
Was gegen Blümel spricht
Ein Handicap für Blümel könnte es allerdings geben: Er ist auch Wiener ÖVP-Chef und hat versprochen, bei der Gemeinderatswahl im kommenden Jahr als Spitzenkandidat für die ÖVP ins Rennen zu gehen. Ein Finanzminister, der gegen die Bundeshauptstadt Wahlkampf führt? Und der der Stadt vielleicht auch noch behördlicherseits attestiert, dass sie unsolide wirtschafte? Das könnte dem Wiener Rating schaden und die Steuerzahler Geld kosten.
Andererseits ist das Finanzministerium für einen Politiker eine tolle Bühne: Budgetreden, Auftritte beim Ecofin in Brüssel, internationale Banken- und Wirtschaftsforen, hochrangige Expertenrunden.
Wofür sich das Finanzministerium weniger eignet, ist Parteipolitik. Das hat man bei Maria Fekter gesehen, unter ihr sind Top-Experten aus dem eigenen Haus geflüchtet.
Und das sieht man auch in der aktuellen Casino-Causa.
Löger trat am Mittwoch übrigens die Flucht nach vorne an. Als es sich zur Tatsache verdichtete, das Sebastian Kurz ihn nicht mehr bestellen würde, ließ er verlauten, er stünde als Minister nicht mehr zur Verfügung. Er hat Angebote aus der Privatwirtschaft.
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