Krisengesetz: Wie das neue Lagezentrum aussehen soll - und was es kann

Krisengesetz: Wie das neue Lagezentrum aussehen soll - und was es kann
Regierung stellt Krisenmanagement auf neue Beine. In einem Lagezentrum zwölf Meter unter der Erde sollen künftig vor und während einer Krise alle Fäden zusammenlaufen. Fertigstellung: 2024.

Das Innenministerium hat heute erste Entwürfe für das neue "gesamtstaatliche Krisen- und Lagezentrum" präsentiert. Zwölf Meter unter der Erde sollen auf 3.500 Quadratmeter mehrere Bereiche entstehen, in denen verschiedene Experten und Ministerien in Krisen- und Nicht-Krisenzeiten vernetzt miteinander arbeiten sollen. 

Da gibt es zunächst einen Bereich für die Sammlung und Aufarbeitung von Informationen - hier dürften die Experten an ihren Computern sitzen und arbeiten. 

Der zweite Bereich dient dazu, die Informationen dann den jeweiligen Entscheidungsträgern der Politik zu präsentieren - dieser soll "aus Sicherheitsgründen" abhörsicher gestaltet werden.

Der dritte Bereich dient dann der Information der Öffentlichkeit - sprich: ein Pressefoyer (Bild unten).

Krisengesetz: Wie das neue Lagezentrum aussehen soll - und was es kann

An der Decke soll eine Visualisierung des Minoritenplatzes projiziert werden. Um zwölf Meter unter der Erde ein Gefühl für die jeweilige Tageszeit zu vermitteln, werde man mit verschiedenen Lichtinstallationen arbeiten. 

"Bunkerstimmung", so betonen die Zuständigen, solle nicht aufkommen. Das hatte zuletzt die SPÖ moniert (mehr dazu hier). 

Krisengesetz: Wie das neue Lagezentrum aussehen soll - und was es kann

Baubeginn im Herbst 2022

Derzeit befinden sich an dem Standort im dritten und vierten Untergeschoss des Innenministeriums am Minoritenplatz nur Lagerräume. Im Herbst 2022 soll der Bau beginnen, die Fertigstellung ist für Mitte 2024 geplant. Die Kosten von bis zu 30 Mio. Euro sollen aus dem laufenden Budget bestritten werden. 

Laut Markus Schmoll, der für die bauliche Umsetzung des Projekts zuständig ist, kommt für den Standort des Lagezentrums lediglich das Innenministerium infrage. Das Gebäude aus den 1980er-Jahren am Wiener Minoritenplatz sei nämlich das einzige nicht historische Objekt, weswegen Eingriffe in die Bausubstanz leichter seien. 1.000 Quadratmeter würden im Erdgeschoss zur Verfügung stehen, 2.500 im Untergeschoss, dass sich zwölf Meter unter der Oberfläche befindet.

Derzeit sei der Vorentwurf abgeschlossen, den Zuschlag für den Auftrag hat das Büro "Wehofer Architekten" bekommen.

Auch die Raumfiguration sei bereits grob abgeschlossen, so Schmoll, nun gehe es an die Feinabstimmung. Woran derzeit noch gearbeitet wird, ist ein Konzept für die IT-Struktur. Dabei werde es sich einerseits um ein abhörsicheres geschlossenes System handeln, andererseits müssten Ministeriumsverantwortliche natürlich Zugang zu ihren spezifischen Daten haben.

Auch ein ebenfalls krisenfestes Medienzentrum soll Teil des Komplexes sein. Journalistinnen und Journalisten stehe ein großes Pressefoyer im Erdgeschoß zur Verfügung, wo auch in Extremfällen sicher gearbeitet werden kann.

Chaosphase

Nicht nur die baulichen, auch die strukturellen Arbeiten zum Lagezentrum sind recht weit fortgeschritten. Laut Wolfgang Nicham vom Innenministerium wolle man den Krisenschutz dabei auf internationales Niveau bringen.

Bisherige persönliche Vernetzung zwischen den einzelnen Stellen solle zu einer strukturierten organisatorischen Vernetzung aufgewertet werden. Dadurch erhofft sich die Regierung eine Erhöhung der Reaktionsfähigkeit, besonders in der ersten "Chaosphase" einer potenziellen Krise.

Kritik von der SPÖ

Ein Lagezentrum unter Tag einzurichten, mache schon Sinn, hatte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer bei einer eigenen Pressekonferenz am Freitag zugestanden. Er schlug allerdings den Stiftsbunker als Ort dafür vor. Dort habe man bereits umfassend Erfahrung gewinnen können. Die Experten im Innenministerium entgegneten, dass das Objekt zu weit entfernt vom Regierungsviertel liege.

Grundsätzlich begrüßt die SPÖ das geplante Krisensicherheitsgesetz der Regierung, ortet aber noch einige Mängel. So werde etwa das herrschende "Kompetenzchaos" nicht gelöst, kritisierte Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner.

In ein Treffen mit den Sicherheitssprechern der Parlamentsparteien am Donnerstag will er konstruktiv gehen. Die Kernkompetenz müsse beim Bundeskanzler und nicht beim Innenminister liegen.

Einwallner sieht in der geplanten Struktur einen "Dschungel an Gremien". Statt des vorgesehenen Regierungsberaters solle es einen Regierungskoordinator - etwa durch einen eigenen Staatssekretär - geben, der ein "ganz anderes Gewicht" habe. Auch die genaue Einbindung des Parlaments in einer Krise sei noch eine ungelöste Frage, so Einwallner. Es brauche Transparenz in allen Phasen. Zudem sei auch eine Verankerung der unteren Ebenen, wie etwa der Kommunen wichtig."

"Die Sicherheitspolitik und die Sicherheitsarchitektur in diesem Land ist neu auszurichten und nicht nur irgendwie anzupassen", forderte Laimer. Für ihn braucht es vor allem eine Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Ein solches Gesetz aus dem Boden zu stampfen sei nicht gerade vertrauenserweckend. Das Innenministerium würde sich beim gesamtstaatlichen Lagezentrum zudem über alle anderen Ressorts stellen, was nach Ansicht Laimers verfassungswidrig ist. Diese Kompetenz müsse beim Kanzleramt liegen.

Nehammer spricht von "Meilenstein"

Innenminister Karl Nehammer warb ungeachtet der Kritik an seiner Zuständigkeit weiterhin für das Projekt. Krisensicherheitsgesetz und Bundeslagezentrum seien "Meilensteine in der Krisenvorsorge und Krisenbewältigung für Österreich", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.

"Im Krisenfall laufen im Bundeslagezentrum alle Fäden zusammen, um den zuständigen Ministerien eine effiziente Krisenbewältigung zu ermöglichen und die Bevölkerung schnell zu informieren."

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