Für den Soziologen und Politikberater
Kenan Güngör ist die Behauptung, wonach Kopftücher ausschließlich aufgrund von Zwang getragen werden würden, zu einfach. „Natürlich trifft es zu, dass Zwang beim Kopftuch oft eine Rolle spielt. Aber es gibt auch einen anderen Bereich. Etwa wenn Kinder einfach aus Liebe zu den Eltern zum Kopftuch greifen“, sagt der Experte im KURIER-Gespräch. „Und nicht zuletzt gibt es Töchter, die Kopftuch tragen, weil ihre Mutter oder gute Freunde das tun.“
Die Lage sei vielschichtig und sehr komplex, und es gebe mittlerweile sogar junge Frauen, die das Kopftuch zwar gerne tragen würden, dies aber nicht tun, weil sie sich vor Anti-Islamismus oder Anfeindungen fürchten.
Im zentralen politischen Punkt, nämlich beim
Verbot des Kopftuchs für Unter-14-Jährige, stimmt Experte Güngör der Integrationsministerin aber zu. „Ich mache es mir nicht einfach. Aber wenn man alle Aspekte abwägt, überwiegen die Argumente dafür, mit dem Kopftuch bis zum 14. Lebensjahr zu warten.“ Die Pflichtschulzeit solle ein kopftuchfreier Raum werden. Warum?
„Weil das Kopftuch nicht nur ein modisches Accessoire darstellt, sondern – etwa durch die damit verbundene Sexualmoral – eine sehr starke Markierung nach innen und außen darstellt. Das Kopftuch normiert zu früh und stark in eine Richtung.“
Was die politische Situation angeht, ist die Lage durchaus spannend. Denn vorerst gibt es keine Parlamentspartei, die dem Wunsch der ÖVP laut widersprechen will: Die
FPÖ kann mit einem Kopftuchverbot ideologisch gut leben. SPÖ wie auch Neos wollen zum Thema nichts Abschließendes sagen. Zum Teil verweist man einfach nur auf die Grünen. Aber die murren ebenfalls nicht – allein schon aus Koalitionsvernunft.
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