Rauch schießt gegen Neos: "Die Liberalen laufen vor der Verantwortung davon"

Der grüne Gesundheitsminister Rauch kritisierte in der ZIB2 die Neos für das Aus der Verhandlungen scharf. Während sich Meinl-Reisinger erneut erklärte.

Es ist innenpolitisch ein turbulenter Start ins neue Jahr. Am Freitag platzten die Verhandlungen für eine Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und Neos. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger erklärte, dass ihre Partei aussteigt. Das weitere Vorgehen war vorerst unklar. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zeigte sich in einem per Video verbreiteten Statement bereit, "Verantwortung zu übernehmen" und appellierte an die "Kräfte der politischen Mitte". 

Die SPÖ ist gesprächsbereit. Die Verhandlungen werden nun zwischen Türkis und Rot fortgesetzt. Das bestätigte auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen

Am Freitag-Abend war Meinl-Reisinger dann auch zu Gast in der ZIB2, wo sich die Neos-Chefin zur aktuellen politischen Krise und ihrem Ausstieg aus den Verhandlungen äußerte. Danach war Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) im ORF geladen. Während Meinl-Reisinger versuchte zu erklären und rechtfertigen, warum ihre Partei die Verhandlungen beendet hatte, übte Rauch Kritik an den Liberalen. 

Rauch-Kritik an den Neos

"Immer dann, wenn es darauf ankommt, wenn es ernst wird, wenn es schwierig wird, laufen die Liberalen vor der Verantwortung davon. Das war in Deutschland so, das ist jetzt in Österreich so", meinte der grüne Minister: "Jetzt wird es wohl darum gehen, dass sich ÖVP und SPÖ auf eine Regierung einigen werden. Weil das kann ja wohl nicht der Weisheit letzter Schluss sein, dass wir jetzt weitere Monate warten müssen, ob dann vielleicht doch in irgendeiner Form eine Regierung zustande kommt."

Rauch zitierte dabei sogar den ehemaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt: "Wer zu Kompromissen nicht fähig ist, der ist für die Politik nicht zu gebrauchen." Die Neos hätten wissen müssen, dass viele Kompromisse nötig seien. Rauch: "Aber das ist halt harte Arbeit, das ist das Bohren dicker Bretter, das ist ein weiter Weg, das ist fünf Jahre Knochenarbeit. Und das wollten die Neos dann am Ende des Tages offensichtlich nicht."

Meinl-Reisinger wies diesbezügliche Vorwürfe freilich von sich. Die Neos würden sich keineswegs wegducken oder aus der Verantwortung stehlen. Sie konterte damit auch Kritik von SPÖ-Chef Babler, der gemeint hatte, dass die Neos Parteitaktik über das Staatsinteresse stellen würden. "Ich bedauere, dass er das so sieht. Ich glaube, er war selber Zeuge in den letzten Tagen und Wochen, wie sehr wir uns mit großer Ernsthaftigkeit, mit großer Seriosität, aber ja auch mit einem klaren Blick auf die notwendige Verantwortung für die Zukunft Österreichs darauf eingelassen haben und uns immer wieder bemüht haben, auch und gerade in Richtung Sozialdemokratie Kompromisse zu machen."

"Verantwortungslosigkeit ist nicht bei uns zu suchen"

 Sie und ihre Partei würden jedenfalls zu der Verantwortung stehen. Aber, so Meinl-Reisinger: "Dazu muss ich nicht Ministerin sein, um die Dinge umzusetzen und voranzutreiben."

Meinl-Reisinger und die FPÖ

Auch das Argument, damit eine Stärkung der FPÖ in Kauf zu nehmen, wollte die pinke Parteichefin nicht gelten lassen: "Es ist als Regierungszweck alleine definitiv zu wenig, die FPÖ zu verhindern. Die FPÖ wird seit Jahrzehnten stärker, weil vor allem zwei Parteien, aber nicht nur, nichts weiterbringen bei den wesentlichen Reformen, weil die Unsicherheit und auch die Unzufriedenheit der Menschen steigt. Die Antwort darauf ist nicht, zu sagen, na gut, jetzt tun wir uns irgendwie zusammen, um die FPÖ zu verhindern. Sondern wir müssen doch endlich eine alternative Zukunftserzählung mit Perspektiven anbieten."

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Dabei übte Meinl-Reisinger auch Kritik an den Grünen. "Vieles von dem, was wir jetzt mit der budgetären Situation erleben, kann man nicht nur einer Regierung umhängen. Aber es hat schon angefangen mit dem Spruch "Koste es, was es wolle". Und auch die Grünen waren da sehr verantwortungslos, was das Budget angeht."

Der Weg zur gescheiterten Dreierkoalition

Rauch, der nach Meinl-Reisinger im Gespräch war, reagierte darauf: "Das kann ich nur aufs Schärfste zurückweisen. Beate Meinl-Reisinger weiß so gut wie ich, dass die Krisen, die wir zu bewältigen hatten - von Covid angefangen über die Gaskrise, Energiekrise, die Inflation - keine Regierung vor uns stemmen musste. Und dass da Hilfsmaßnahmen notwendig gewesen sind. Jetzt kann man über die Treffsicherheit der einen oder anderen Maßnahmen sicher diskutieren, aber dass da Maßnahmen notwendig gewesen sind, um Schlimmeres abzuwenden von den Menschen und von der Republik Österreich, das war wohl klar."

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