Ein Tiefschlag der Grünen gegen die ÖVP – mitten in den finalen Sondierungsrunden für Koalitionsverhandlungen? Sind die türkis-grünen Verhandlungen nun in ernster Gefahr?
Was war geschehen? Als „herbe Enttäuschung“ kritisierte Leonore Gewessler, stellvertretende Klubobfrau der Grünen, Montagfrüh den neuen Klimaschutzplan der Regierung heftig. Dieser würde nicht einmal „Minimalvorgaben“ erfüllen.
Die Grünen reagierten auf den vom Umweltministerium überarbeiteten Entwurf für einen Nationalen Klima- und Energieplan (NEKP, siehe Kasten rechts). Es geht um die fundamentale Frage, wie Österreich seine Klimaziele bis 2030 erreichen will.
Wenn man bedenkt, dass das Umweltministerium zwar von „Expertenministerin“ Maria Patek geführt wird, sonst aber so ÖVP-lastig wie zuvor aufgestellt ist, hat die Kritik der Grünen gleich einen anderen Stellenwert.
Tatsächlich wird das Klimakapitel wohl die meisten Knackpunkte von möglichen türkis-grünen Verhandlungen beinhalten.
Der KURIER stellt die wichtigsten fünf Punkte samt Umsetzungschance vor:
1. CO2-Steuer
Während ÖVP-Chef Sebastian Kurz im Wahlkampf keinen Zweifel daran ließ, dass er für eine CO2-Steuer sicher nicht zu haben sein wird, verweisen die Grünen immer wieder auf Experten, wonach an einer Ökologisierung des Steuersystems kein Weg vorbeiführt.
Doch Kurz und Grünen-Chef Werner Kogler haben einen Spielraum: So muss die CO2-Steuer nicht so heißen, es kann auch eine „CO2-Umlage“ sein, denn die Grünen wollen ja die Einnahmen aus einer CO2-Steuer den Steuerzahlern wieder zurückzahlen – in Form eines Ökobonus.
Das noch gewichtigere Argument: Sogar Industriegigant Deutschland hat vor wenigen Wochen einen CO2-Preis auf Sprit, Heizöl und Gas beschlossen. Die Chancen auf eine Einigung liegen also bei mehr als fifty-fifty.
2. Subventionen
Schwieriger könnten die Gespräche rund um die umweltschädlichen Subventionen sein. Laut einer Wifo-Studie liegen diese bei bis zu 4,5 Milliarden Euro, laut Umweltministerium bei zumindest 2,5 Milliarden.
Dazu zählen unter anderem das „Dieselprivileg“ (geringere Besteuerung als Benzin), die fehlende Kerosinsteuer oder die Pendlerpauschale, die nicht belohnt, wer ökologisch pendelt.
Die Grünen haben im Wahlkampf wiederholt auf ein Auslaufen dieser Subventionen gedrängt. Aber auch die alte türkis-blaue Regierung wollte Subventionen auf Sinnhaftigkeit prüfen und etwaig abschaffen. Die Chance ist also recht klein, aber vorhanden.
3. Infrastruktur
Die ÖVP in Ober- bzw. Niederösterreich sehen Bauprojekte wie die Linzer Ostumfahrung und die Waldviertel-Autobahn als unabdingbar. Die Grünen haben erklärt, dass derlei Bauprojekte aber unvernünftig seien, ebenso wie die dritte Piste des Wiener Flughafens.
Die Grünen hoffen zudem, dass Projekte wie die Flughafenpiste volkswirtschaftlich ohnehin nicht mehr nötig sein werden, da der Flugverkehr ja zurückgehen soll. Wie hier eine Einigung aussehen soll, ist mehr als fraglich.
4. Öffi-Ausbau
Vielleicht das einfachste Projekt wäre das von den Grünen angeregte „1-2-3-Öffiticket“: Ein Euro pro Tag und Bundesland, das entspräche einem Jahresticket um 365 Euro in einem Bundesland, um 730 Euro in zwei Bundesländern und um 1.095 Euro in allen neun Ländern.
Dazu kämen Ausbau und mehr Frequenz auch in den Abendstunden aller öffentlichen Verkehrsmittel. Das wird nur eine Geld-Frage.
5. Energie
Den Plan, bis 2030 bilanziell nur mehr Ökostrom zu produzieren, hatten schon Regierungen zuvor. Unklar ist aber, wie das gehen soll – wie also die Vorfahrt für Wind-, Wasser- und Sonnenkraft aussehen soll und wer welche Kosten trägt. Von der Frage der Umweltverträglichkeit ganz zu schweigen.
Aber auch das ist ein Thema, bei dem sich ÖVP und Grüne einigen könnten, wenn sie wollen.
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