1. Fixe Kriterien
Asylverfahren seien „Glückssache“ – gleiche Sachverhalte würden oft unterschiedlich bewertet, kritisierte Griss damals. Die Kommission forderte klare Kriterien.
Gerade bei der Prüfung von humanitärem Bleiberecht – wenn also kein Anspruch auf Asyl besteht, jemand aber schon länger in Österreich lebt und hier verwurzelt ist – sollte mehr auf Deutschkenntnisse, das soziale Umfeld und Zukunftsperspektiven der Kinder Rücksicht genommen werden.
Beim Bundesamt für Asyl (BFA), wo die Erstentscheidungen gefällt werden, gibt es für die Prüfung des Kindeswohls einen Leitfaden, zudem wurde das Vier-Augen-Prinzip ausgeweitet: Vorher gab es das nur bei Positivbescheiden, jetzt müssen auch negative Bescheide von einem zweiten Beamten abgesegnet werden.
Für das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), wo über Beschwerden gegen Negativbescheide entschieden wird, arbeitet das Justizministerium gerade einen Kriterienkatalog aus, heißt es gegenüber dem KURIER.
2. Schulungen für Richter
Für Richter am BVwG gibt es spezielle Fortbildungen, beispielsweise zu kinderspezifischen Fluchtgründen und zu Befragungen bei Kindern und Jugendlichen. Weitere Veranstaltungen seien in Vorbereitung, heißt es im Justizministerium.
Ein Schwachpunkt laut Griss: „Die Fortbildungen sind freiwillig. Jene Richter, die ohnehin schon sensibel sind, werden sich melden; andere, die es nötig hätten, nicht.“ Rund 80 Prozent aller Fälle am BVwG sind Fremdenrechtsfälle, fast jeder Richter ist damit beschäftigt.
3. Schnellere Verfahren
Beim BVwG gibt es heuer zehn neue Planstellen. Der Rückstau nach dem Migrationsstrom der Jahre 2015/2016 scheint großteils abgebaut zu sein: Ende 2020 waren bei den Gerichten rund 15.000 Verfahren offen, Ende November 2021 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) waren es „nur“ noch rund 8.000.
Was noch fehlt
Im Bericht der Kindeswohlkommission wurde gefordert, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge automatisch in Obsorge der Kinder- und Jugendfürsorge kommen. Als Vorbild wurde das Land Tirol genannt.
Zweiter Punkt: die Altersfeststellung. Laut Innenministerium wurde in 40 Prozent der Fälle festgestellt, dass die Antragsteller gar nicht minderjährig waren. Die Kindeswohlkommission forderte indes eine großzügigere Auslegung – etwa, indem psychosoziale Faktoren miteinbezogen werden.
Griss fordert im KURIER-Gespräch zudem ein Kinderrechte-Monitoring, das über das Asylthema hinausgeht: Eine Kommission solle bei jedem neuen Gesetz prüfen, wie sich dieses auf Kinder auswirkt. Gerade in Corona-Zeiten müsse auf sie mehr Rücksicht genommen werden.
Tina ist übrigens seit ein paar Wochen wieder in Wien und hat ein Schülervisum beantragt. Dieses würde ihr ermöglichen, für vorerst ein Jahr in Österreich zu leben.
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