Asylverfahren seien „Glückssache“ – gleiche Sachverhalte würden oft unterschiedlich bewertet, sagt Griss, die sich Fälle in der Praxis angeschaut hat. Die Kindeswohlkommission fordert klare Kriterien für das Bundesamt für Asyl (BFA) und das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
Kritisiert wird zudem, dass Fallbearbeiter beim BFA für einen Negativ-Bescheid mehr Punkte bekommen als für einen Positiv-Bescheid (1 bzw. 0,6 Punkte). Das Wochenziel von vier Punkten erreicht man mit negativen Entscheidungen also schneller.
Im BFA heißt es, dass die Begründung eines Negativ-Bescheids mehr Aufwand sei. Das stimme, sagt Griss, fördere aber „eine gewisse Tendenz“.
Der Asyl-Beirat regt übrigens Schulungen für BFA-Mitarbeiter an, wenn es um die Befragung von Minderjährigen im Asyl-Verfahren geht.
In Tirol kommen unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge sofort in die Obsorge des Landes – sie werden behandelt wie Findelkinder, erklärt Griss. In Rest-Österreich wartet man meist den Start des Asylverfahrens ab. Die Kommission kritisiert hier einen „Fleckerlteppich“.
Darin sieht der Beirat des Innenministeriums kein Problem. Jedes Bundesland legt die rechtlichen Vorgaben anders aus, bewegt sich aber im Rahmen.
Freiheitsentzug sei mit dem Kindeswohl nicht vereinbar und sollte daher prinzipiell nicht zulässig sein, heißt es im Kommissionsbericht. Das müsse für die gesamte Familie gelten.
Der Beirat des Innenministeriums kontert: Bei Unmündigen (bis 14 Jahre) gibt es keine Schubhaft, bei Mündigen nur in Ausnahmefällen – etwa, wenn sich jemand mehrfach dem Verfahren entzieht. Bei Familien werde grundsätzlich keine Schubhaft verhängt – wenn überhaupt, dann meist nur über den Vater.
Darin, dass viele Asylwerber untertauchen, sieht auch die Kindeswohlkommission ein Problem.
Hat ein Asylwerber keinen Ausweis, wird sein Alter aufgrund biologischer Faktoren (Handwurzelmessung etc.) festgestellt. Die Kommission fordert, dass psychosoziale Faktoren miteinbezogen werden – etwa die geistige Reife. In einigen Ländern Europa ist das bereits Usus.
Undurchführbar, meint man im Innenministerium. Und: Im Zweifel werde jetzt schon eine Minderjährigkeit anerkannt.
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