Karas hat im EU-Wahlkampf gegen die FPÖ freie Hand

Karoline Edtstadler, Othmar Karas
Grünes Licht von Kanzler Kurz für Othmar Karas. Kollisionen mit der Linie des FPÖ-Koalitionspartners sind programmiert.

Mit Othmar Karas hatte es noch kein ÖVP-Chef leicht. Da bildet auch Kanzler Sebastian Kurz keine Ausnahme. Der überzeugte Wertkonservative Karas hält sich an keine Stallorder aus der Wiener Parteizentrale, wenn sie ihm gegen seine europäische Überzeugung geht.

Entsprechend lang dauerte der Entscheidungsprozess und entsprechend viele – wie man hört, spannungsgeladene – Gespräche gab es zwischen Kurz und dem langjährigen EU-Abgeordneten, ehe Karas gestern per Video bekannt gab: „Ich trete wieder an.“ Parteichef Kurz tat seine Entscheidung für den Karas via Twitter kund.

Der 61-jährige gebürtige Ybbser wird die ÖVP-Delegation damit zum dritten Mal in den EU-Wahlkampf führen. Auch wenn der Kanzler öffentlichen Widerspruch verabscheut, den Karas ihm immer wieder liefert – etwa bei der Familiengeldindexierung oder beim Ausstieg aus dem UN-Migrationspakt.

Auf den Vorzugsstimmenkaiser Karas kann Kurz nicht verzichten, wenn die ÖVP Ende Mai wieder einen Wahlsieg auf europäischer Ebene einfahren soll.

Knapp 113.000 Stimmen hatte Karas 2009 geholt, vier Jahre später waren es noch 82.500.

Immer wieder hatte sich Karas ausbedungen: Antreten werde er nur mit seinem Programm – strikt pro-europäisch und wenn es denn sein müsse, „mit einer unpopulären Lösung, wenn sie denn die bessere ist.“

Darin hat Kurz nun offenbar eingewilligt und dabei wohl mitkalkuliert: Das wird den streitbaren EU-Abgeordneten Karas bald in Konflikt mit einem seiner heftigsten Gegner bringen – dem blauen Generalsekretär Harald VilimskyDer nahm bereits gestern den Kampf auf und polterte beim FPÖ-Neujahrtreffen: "Lieber Othmar Karas, ich werfe Ihnen heute den blauen Fehdehandschuh ins Gesicht, in politischer Art."

Mit Duldung der Parteiführung in Wien werden ÖVP-Karas und FP-Vilimsky also auf europäischer Ebene ihre Sträuße ausfechten, während die türkis-blauen Partner in Wien weiter koalitionäre Eintracht demonstrieren.

Stellvertreterkrieg

Damit der Stellvertreterkrieg zwischen dem schwarzen Delegationsleiter und der blauen Europariege nicht zu heftig ausfällt, wird Karas an der Spitze der ÖVP-Kandidatenliste Karoline Edtstadler zu Seite gestellt. Die Staatssekretärin im Innenministerium gehört zum innersten Vertrautenkreis von Kanzler Kurz.

Die 37-Jährige, die vor kurzem noch beteuert hatte, sie werde nicht nach Brüssel gehen, steht für einen härteren Kurs in der Migrationsfrage und soll auch entsprechend positioniert werden.

Der mit Samstag de facto gestartete EU-Wahlkampf soll aus ÖVP-Sicht aber auch ein Vorzugsstimmen- und Teamwahlkampf werden.

Soll heißen: Während die FPÖ mit Harald Vilimsky und die SPÖ mit Andreas Schieder in die Schlacht ziehen, sollen bei den Türkisen auch die Frauen und Männer hinter Karas zu Wort kommen. Das soll nur die „Vielfalt der ÖVP“ widerspiegeln, einen Maulkorb habe Karas keinesfalls bekommen, wird beteuert. Als „widerwärtig“ hat Karas z.B. die FPÖ-Kampagne zu den Kürzungsplänen der Regierung bei der Familienbeihilfe bezeichnet.

„So soll unterm Strich die Gratwanderung gelingen. Wir grenzen uns in EU-Fragen ganz klar von den Blauen ab und schaffen es, dass das Koalitionsgeschäft trotzdem rund weiter läuft“, sagt ein türkiser Stratege.

Die markigen Worte auf dem FPÖ-Neujahrstreffen geben dennoch einen Vorgeschmack, wie kippelig diese Gratwanderung und wie hart der Intensivwahlkampf werden dürfte.

Aus rein kalendarischen Gründen dürfte dieser zumindest recht kurz ausfallen: Am 26. Mai wird das EU–Parlament gewählt, Ostersonntag ist am 21. April – in den fünf Wochen dazwischen entscheidet sich das Match.

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