KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: REDNERPULT

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Politik Inland

Im Detail: Was in der letzten NR-Sitzung vor der Wahl beschlossen wurde

Von der Schuldenbremse bis zum Gewaltschutzpaket: Der Parlaments-Kehraus im Überblick.

09/25/2019, 07:05 AM

Im Nationalrat war fünf Tage vor der Nationalratswahl noch ein letztes Mal das „freie Spiel der Kräfte“ zu beobachten. Die SPÖ forcierte zunächst das Thema „leistbares Wohnen“, danach ging es lange um die Asylpolitik sowie hoch emotional um den formalen Abschluss des BVT-U-Ausschusses. Hohe Kosten im Budget verursachen die erwarteten Beschlüsse nicht mehr. 

Die Forderung von ÖVP, FPÖ und Neos nach einer Schuldenbremse in der Verfassung hatte eher symbolischen Charakter: Der Beschluss fand zwar die nötige Zweidrittelmehrheit, dürfte aber am rot-grünen Veto im Bundesrat scheitern. Die beiden Parteien sehen dadurch Zukunftsinvestitionen gefährdet.

Günstig für das Budget sind auch die Ökostromförderungen. Zwar werden durch das neue Ökostromgesetz in den kommenden Jahren 550 Millionen Euro mehr in erneuerbare Energien fließen. Dieses Geld kommt nach Angaben des Umweltministeriums aber nicht aus dem Budget, sondern direkt von den Stromkunden über eine höhere Ökostromabgabe.

Recht auf Bargeld

Behandelt wurde ein Antrag der FPÖ, der das Recht auf Verwendung von Bargeld in die Verfassung schreibt. Experten sprechen von einer populistischen Geschichte. Zwar sind alle drei großen Parteien für ein Recht auf Bargeld in der Verfassung und hätten damit die erforderliche Zweidrittelmehrheit, konnten sich aber letztlich auf keine gemeinsame Formulierung einigen. Daher scheiterte das Vorhaben.

Verbot der Identitären

Auf Antrag der ÖVP sollte auch das Vereinsgesetz novelliert werden. Die Volkspartei wollte damit erreichen, dass die rechtsextremen Identitären verboten werden können. Dazu sollte die Auflösung von Vereinen erleichtert werden. Die FPÖ bekämpfte das vehement. Auch die SPÖ ging bei dem Beschluss mit der ÖVP nicht mit. Zuletzt ist wegen der Berichte über eine engere Verbindung von Reinhard Teufel, dem ehemaligen Kabinettschef von Ex-Innenminister Herbert Kickl, zu den Identitären ein türkis-blauer Schlagabtausch entbrannt.

Schutz vor Gewalt  

Beschlossen wurden hingegen das umstrittene „Gewaltschutzpaket“ mit Stimmen der ÖVP und FPÖ. Trotz der Kritik aus den Reihen der übrigen Parteien und trotz der Rede von Justizminister Clemens Jabloner, in der er sich klar gegen die geplanten Maßnahmen ausgesprochen hat. Das Paket enthält unter anderem Strafverschärfungen, Anzeigepflichten und eine verpflichtende Täterberatung bei häuslicher Gewalt. In Details könnten noch Abänderungen erfolgen.

Letzter Nationalrat vor den Wahlen 2019

  • 09/25/2019, 06:57 PM

    Debatte geschlossen, Ticker geschlossen

    Die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures schließt die Debatte, es ist niemand mehr zu Wort gemeldet und damit beenden wir die Live-Berichterstattung aus dem Hohen Haus.

    Über alle weiteren wichtigen Entwicklungen im Nationalrat berichten wir natürlich weiterhin auf KURIER.at. Wir bedanken uns fürs Mitlesen und wünschen noch einen schönen Abend!

  • 09/25/2019, 06:56 PM

    Strukturelle Probleme

    Als letzte ist die frühere Jetzt- und nunmehrige wilde Abgeordnete Alma Zadić zu Wort gemeldet. Die geplanten Straferhöhungen würden nicht dazu führen, dass unsere strukturell-gesellschaftlichen Probleme gelöst werden und keine Verbrechen verhindern. Ganz im Gegenteil: Sehr oft würden Täter und Opfer in einer Nahebeziehung stehen und das würde dazu führen, dass künftig noch seltener Anzeige erstattet werde, weil der entsprechende Druck zunehmen werde.

    Auch Zadić betont den Ressourcenmangel in der Justiz sowie mangelnde Sensibilisierungen und Schulungen. Darum würden bereits jetzt viele Täter nicht verurteilt.

    Die Anzeigepflicht würde wiederum dazu führen, dass Frauen nicht die notwendige medizinische Hilfe in Anspruch nehmen werden.

    Und grundsätzlich müsste man über die Folgen bestehender patriarchaler Machtstrukturen sowie die Befreiung von Frauen aus ökonomischen Ungleichverhältnissen sprechen.

  • 09/25/2019, 06:51 PM

    Husch-Pfusch

    Petra Bayr kritisiert ebenfalls, dass die "Husch und Pfusch"-Novelle nicht auf die vielfältige Kritik eingehe. Es brauche keine höheren Strafen sondern mehr Verurteilungen, und dazu trage die Reform nichts bei. Es brauche mehr Personal in den Strafverfolgungsbehörden und mehr Personal für die bestehenden Gewaltschutzeinrichtungen - "aber dafür ist nichts vorgesehen". Es sei weiters "fatal", dass 18- bis 21-Jährige künftig mit den "schweren Knastbrüdern" in einen Topf geworfen würden.
  • 09/25/2019, 06:46 PM

    Schutz für die Exekutive

    Werner Herbert von der FPÖ freut sich über die Ausweitung des Betretungsverbots sowie die Straferweiterungstatbestände im Strafgesetzbuch. Besonders freut es den Polizisten, dass Angriffe auf Exekutivbeamte künftig stärker sanktioniert werden könnten.

    Dann diesem Statement schwenkt auch Herbert zur Frühpension. Er bringt einen Entschließungsantrag ein, den Anpassungsbedarf zu überprüfen, wieviel eine abschlagsfreie Frühpension für Beamte - im Speziellen Exekutivbeamte - "kurz-, mittel- und langfristig" kosten würde.

  • 09/25/2019, 06:42 PM

    Tatsächliche Berichtigung

    Die Abgeordnete Pfurtscheller berichtigt, sie wisse natürlich, dass es schon lange eine Hotline gebe. Die entsprechende Äußerung wäre von der FPÖ-Abgeordneten Wassermann gekommen.

  • 09/25/2019, 06:41 PM

    Zur Abwechslung wieder Gewaltschutz

    "Das eigene Zuhause ist für Frauen und Kinder noch immer der gefährlichste Ort", sagt Selma Yilidirim (SPÖ). Nun liege ein Gewaltschutzpaket vor, dass von sämtlichen Betroffenen abgelehnt wird: "Und das macht Sie nicht nachdenklich?"

    Die Sache sei an Peinlichkeit kaum zu übertreffen. ÖVP-Abgeordnete freue sich über die Einrichtung einer Hotline, eine solche gebe es aber seit Jahren. Es brauche vielmehr ein eigene Budget dafür, Frauen von Gefährdern wegzubringen. Auch würden Opferschutzeinrichtungen noch immer auf die Ausweitung der Plätze warten.

    Es handle sich um eine Politik der Überschriften, die Sache sei aber viel zu wichtig, um sie dem Wahlkampf zu überlassen.

  • 09/25/2019, 06:34 PM

    Und wieder Frühpension

    "Herr Abgeordneter Loacker, versuchen Sie einmal zu arbeiten", sagt Rainer Wimmer von der SPÖ. Um sich den türkisen Kollegen zu widmen, beziehungsweise deren Abwesenheit: "Wo sind die Arbeitnehmervertreter der ÖVP?"

    Es werde sich zeigen, ob die Abgeordneten "die Beamten, die Postler, die Eisenbahner und die Jahrgänge 54-57" über die Klinge springen lassen.

  • 09/25/2019, 06:30 PM

    Der Gewaltschutz ist zum Teil zurück

    FPÖ-Mandatarin Sandra Wassermann spricht eingangs von hohen Täterzahlen bei Gewaltdelikten, wechselt aber nach einem Satz umgehend zu Drogendelikten, die von Asylwerbern begangen werden.

    Der Opferschutz würde durch die Anhebung der Mindeststrafe bei Vergewaltigung ebenso verbessert wie durch die flächendeckende Beratung, die Einrichtung des Opfernotrufs sowie die leichtere Möglichkeit des Umzugs der Opfer in ein anderes Bundesland.

    Das alles sei durch eine erfolgreiche Regierungsarbeit zustande gekommen, Innenminister Herbert Kickl sei der "Motor" gewesen.

  • 09/25/2019, 06:26 PM

    Weiter kein Gewaltschutz

    Gerald Loacker (Neos) antwortet Josef Muchitsch und seinem Antrag zur Ausweitung der abschlagsfreien Frühpension. Dieser würde nur Männern nutzen und daher den "pension gap" verschlimmern. Zudem wäre es den Sozialdemokraten "piepschnurzegal", dass das in den kommenden Jahren Milliarden kosten würde. Der Antrag sei ungerecht, undruchdacht und nur kurzfristig auf Wählerstimmen abgezielt.

  • 09/25/2019, 06:20 PM

    Noch nicht..

    Auch Andreas Kühberger von der Volkspartei widmet sich den Betriebskrankenkassen.

  • 09/25/2019, 06:17 PM

    Debatte gleitet ab

    Sowohl Hannes Amesbauer von der FPÖ als auch Verena Nussbaum von der SPÖ ziehen es vor, über Betriebskrankenkassen zu sprechen. In Kürze geht es dann hoffentlich wieder um das Gewaltschutzpaket.
  • 09/25/2019, 06:09 PM

    Kurzer Ausflug zu den Pensionen

    SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch bringt mitten in die Debatte zum Gewaltschutzpaket einen Abänderungsantrag zur kürzlich beschlossenen Frühpensionsregelung ein, wonach alle Pensionisten mit 45 Jahren künftig abschlagsfrei in Pension gehen können sollen.

  • 09/25/2019, 06:04 PM

    Ministerin am Wort

    Familienministerin Ines Stilling plädiert dafür, die Opferschutzerinrichtungen nicht nur anzuhören, sondern auch auf ihre Expertise zu hören. Positiv hebt Stilling den Kampf gegen Genitalverstümmelung sowie die Beratung für Gefährdern hervor. Letztere sei aber keine Täterarbeit, denn diese sei eine langfristige Intervention, um Gewalt zu verhindern. Stilling dankt auch für die Bereitstellung von mehr Budget für die Beratung. Es gebe aber Maßnahmen, die man bereits jetzt ohne mehr Geld umsetzen könne. So finde sie grundsätzlich die Einrichtung einer Bannmeile gut, es gehe aber wichtiger Schutz verloren, wenn Orte wie Kindergärten aus dem Betretungsverbot herausfallen würden. Denn künftig könne die Leitung eines Kindergartens erst die Polizei rufen, wenn sich das betroffene Kind nähere und nicht, sobald sie den Gefährder im Umfeld des Kindergartens wahrnehme. Das sei ein großes Problem.
  • 09/25/2019, 05:56 PM

    Keine Juristin, aber..

    Elisabeth Pfurtscheller von der ÖVP stellt fest, sie sei keine juristisch gebildete Person. Wenn ihre Tochter vergewaltigt würde und der Täter käme nicht ins Gefängnis, bekäme sie aber "einen Hass". Und das werde nun sichergestellt.

    Pfurtscheller lobt außerdem die Einrichtung flächendeckender Beratungsstellen und die Möglichkeit, leichter Namen und Sozialversicherungsnummer zu ändern. Zudem werde der Kampf gegen Genitalverstümmelung verschärft, "und dagegen kann doch niemand etwas haben".

    Pfurtscheller stimmt auch Gabriele Heinisch-Hosek von der SPÖ zu, dass es mehr Budget für Opferschutzeinrichtungen brauche. Alles in allem sei es aber "eine gute Novelle".

  • 09/25/2019, 05:52 PM

    Griss: "Stammtischpolitik"

    Irmgard Griss dankt Justizminister Jabloner für dessen "klare Worte". Dennoch möchte sie etwas hinzufügen. Das Gesetz sei eine "Mogelpackung" - die Aufmachung entspreche nicht dem Inhalt.

    Das Gesetz heiße Gewaltschutzgesetz, aber es schütze nicht vor Gewalt. Alle diese Verschärfungen würden keine einzige Gewalttat verhindern, denn kein Gewalttäter würde sich vor der Tat über Strafandrohungen informieren.

    Zudem: "Wozu gibt es eigentlich Begutachtungsverfahren?" Alle Fachleute müssten das als Affront empfinden, wenn nicht auf ihre Einwände eingegangen würde.

    Das Paket sei Stammtischpolitik, so Griss. Man rede dem Volk nach dem Mund und das sei organisierte Unverantwortung. Vernunftgeleitete, anständige Politik sehe anders aus. Diese sei evidenzbasiert.

    Am Ende bringt Griss einen Entschließungsantrag ein, den sie  "Pakt für den Rechtsstaat" nennt. Die Forderungen: Mehr Mittel für die personell ausgedünnte Justiz sowie für die Digitalisierung des Justizbereichs.

  • 09/25/2019, 05:46 PM

    Tschank gegen Asymmetrien

    Er höre viel Kritik von Experten und aus der Bevölkerung, dass Delikte gegen Eigentum stärker sanktioniert würden als Delikte gegen Leib und Leben, sagt Markus Tschank von der FPÖ. Diese Asymmetrie werde nun beseitigt.

    Es gehe um Opferschutz statt Täterschutz. Tschank argumentiert mit höheren Strafdrohungen bei Vergewaltigung sowie schwerer Körperverletzung gegen Beamte und Sachverständige. Besonders letztere Delikte würden hauptsächlich von Ausländern begangen, was wiederum dem subjektiven Sicherheitsgefühl schade. Und auch die Kritik an der Anzeige- und Meldepflichten für Mitarbeiter in Gesundheitsberufen versteht Tschank nicht, bestehe diese doch auch künftig nur im Fall einer unmittelbaren Gefahrenlage. Auch als Arzt könne man sich nicht auf die Verschwiegenheitsverpflichtung "zurückziehen".

    Kein Gesetz sei perfekt, so Tschank. Daher werde es natürlich weiterentwickelt.

  • 09/25/2019, 05:39 PM

    "Primitives Machwerk"

    Auch Hannes Jarolim von der SPÖ steigt zünftig ein. Das Paket sei "ein primitives Machwerk, von Un- und Desinteressierten vorbereitet". Mit diesem Gesetz werde mehr Gewalt herbeigeführt als Gewaltschutz erreicht. Das zeige sich nicht zuletzt an den vernichtenden Stellungnahmen selbst von Richtern und Staatsanwälten, die vor "diesem Schmarren" gewarnt hätten.

    Darum hätte es auch kein Begutachtungsverfahren gegeben und das sei "beschämend".

     

  • 09/25/2019, 05:36 PM

    Lob für Fallkonferenzen

    Auch ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer verteidigt naturgemäß das Gewaltschutzpaket, insebsondere die Neuregelung der Fallkonferenzen. Er könne sich keine Sicherheitsbehörde vorstellen, die nicht einem Aufruf einer Opferschutzeinrichtung folgen würde, eine Fallkonferenz einzuberufen.

    Mit diesem Gesetz könne man zahlreiche sinnvolle Maßnahmen setzen, darüber hinaus sei auch eine Evaluierung vorgesehen. Die würde ermöglichen, das Gesetz in den kommenden Jahren weiter zu verbessern.

  • 09/25/2019, 05:32 PM

    Harter Worte zum Abschied

    Am Ende noch ein Rundumschlag von Noll in dessen letzter Rede.

    Das Parlament sei lediglich ein Erfüllungsgehilfe, der "parlamentarische Kleinmut" führe unter anderem zu "verbrecherischen Unterlassungen".

    "Sie sind Fürstendiener und keine Volksvertreter", so Nolls letzte Wortmeldung. Das bringt ihm einn finalen Ordnungsruf von Doris Bures ein, die Noll im gleichen Satz alles Gute für seine Zukunft wünscht.

  • 09/25/2019, 05:27 PM

    Ins Gesicht geschlagen

    Sachlich wird man den Worten des Herrn Vizekanzlers wenig hinzufügen müssen, sagt Jetzt-Justizsprecher Alfred Noll. Dieser habe den früheren Regierungsparteien "die Sache ins Gesicht geschlagen". Juristisch sei das Paket Stümperei und kriminalsoziologisch kontraproduktiv.

    Eine Studie im Auftrag des Task Force Strafrecht habe ergeben, dass die Erhöhung der Strafen nicht notwendig sei. Noll empfiehlt daher nun allen Wissenschaftlern, nicht mehr für ÖVP und FPÖ zu arbeiten, wenn diese nicht als Feigenblatt für "deren postfaktische Politik" dienen wollen.

    Was der Justiz freilich tatsächlich fehle, wäre Geld. Noll bringt daher einen Entschließungsantrag ein, dem Justizressort ein um 250 Millionen Euro erhöhtes Budget zuzuweisen, um mehr Planstellen im gesamten Justizbereich zu schaffen.

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