Justiz: In Debatte über Verfahrensdauer pocht Zadic auf mehr Mittel

Justiz: In Debatte über Verfahrensdauer pocht Zadic auf mehr Mittel
Viele Gründe für lange Verfahren. WKStA-Chefin nannte Berichtspflicht als großes Problem.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) nützt die - nach der Attacke von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ausgebrochene - Debatte, um ihre Forderung nach besserer Ausstattung der Justiz zu unterstreichen. Ohne ausreichende Mittel seien rasche und qualitätsvolle Verfahren nicht möglich, bekräftigte sie Freitag im ORF-"Mittagsjournal", angesprochen darauf, dass Kurz die Verfahrensdauer bei der WKStA kritisiert.

Der Kanzler will, wie er schon Donnerstag sagte, in der "Aussprache" mit Zadic, Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und der Standesvertretung der Staatsanwälte darüber reden, wie man die Verfahren bei der WKStA verkürzen kann - also: "Welche Maßnahmen können gesetzt werden, damit Schuldige schneller bestraft werden und Unschuldigen nicht zu lang etwas Unrechtes vorgeworfen wird, wodurch diese massive Nachteile insbesondere in ihrem Berufsleben in Kauf nehmen müssen."

Dann muss man über die Ressourcen reden, stellte Zadic am Freitag fest. So bräuchte man z.B. Forensikerteams für die aufwändige Datenauswertung - und für "bestimmte Verfahren" auch mehr Staatsanwälte.
Darüber, wie lange Verfahren bei der WKStA dauern, waren am Freitag keine aktuellen Zahlen zu bekommen. In einem älteren, auszugsweise dem ORF übermittelten Revisionsbericht der Oberstaatsanwaltschaft finden sich Zahlen zu den Jahren 2014 bis Oktober 2017 - also noch vor den Casinos-Ermittlungen u.a. gegen Ex-ÖVP-Finanzminister, die ein Anlass für Kurz' Kritik waren. Demnach waren am 1. Oktober 2017 von 272 Verfahren 188 (also 69 Prozent) länger als ein Jahr anhängig, 105 davon schon länger als zwei Jahre und 74 bereits länger als drei Jahre anhängig - wobei die Zahl der Verfahren im Berichtszeitraum um rund ein Viertel anstieg.

Lange Verfahrensdauer

Der WKStA wurde in dem Bericht aber ein sehr gutes Zeugnis - "ausgezeichnet, teilweise sehr gut" war der Gesamteindruck - ausgestellt. Und zur Frage der Verfahrensdauern wurden viele Faktoren ausfindig gemacht, die nicht im Einflussbereich der WKStA liegen. Einer war schon einmal, dass 37 von 70 lange dauernden Verfahren Großverfahren waren - und sechs davon besonders umfangreiche Großverfahren. Ein Referent (die noch dazu oft einmal wechseln) muss meist mehrere Großverfahren betreuen. Relativ oft kommen neue Sachverhalte dazu, die polizeilichen oder finanzbehördlichen Ermittlungen laufen (auch wegen begrenzter Ressourcen) schleppend, wegen internationaler Verflechtungen sind (meist auch lange dauernde) Rechtshilfeverfahren und Übersetzungen nötig. Häufig müssen Sachverständigengutachten eingeholt oder große Datenbestände analysiert werden. Und öfter als in anderen Verfahren bringen die von Ermittlungen Betroffenen Rechtsmittel gegen einzelne Schritte ein.

 

Die Leiterin der WKStA, Ilse Vrabl-Sanda, hat - u.a. schon in einer Pressekonferenz im April - auch die (nach der BVT-Affäre) verschärfte Berichtspflicht als verfahrensverzögernd kritisiert. Rund 45 Prozent der Verfahren waren laut der damals erhobenen (bisher letzten) Statistik der WKStA berichtspflichtig. Und es dauert seine Zeit, bis Vorhabensberichte von der Fachaufsicht (das sind Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium) bearbeitet werden: In fast 28 Prozent der Fälle wurden diese Berichte dort länger als sechs Monate und in immerhin noch 14 Prozent länger als ein Jahr bearbeitet. Vrabl-Sanda hat denn auch gefordert, die - mit Anfang 2019 nach der BVT-Affäre - verschärfte Berichtspflicht zu evaluieren.

Justizministerin Zadic hat gleich bei Amtsantritt ankündigt, sich des Thema Berichtspflicht - mit Blick auf die Beschleunigung der Verfahren - annehmen zu wollen.

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