Justiz: Die Streitpunkte zwischen Türkis und Grün

Justiz: Die Streitpunkte zwischen Türkis und Grün
Die Grünen dürften den Glauben an Kompromisse verloren haben. Die Entwicklung einer Entfremdung und was dahinter steckt.

Bei der bisherigen Zusammenarbeit von Türkis und Grün war etwas klar erkennbar: Die Grünen hielten sich mit Kritik am Koalitionspartner und mit Schilderungen, wie es hinter den Kulissen zugeht, zurück, solange sie an eine Einigung mit der ÖVP glaubten.

Wenn Zadić nun im Fernsehen erzählt, wie oft sie der ÖVP Termine über Reformverhandlungen angeboten habe, die dann nicht zustande kamen; wenn sie die ÖVP beschuldigt, nur dann für Beschuldigtenrechte einzutreten, wenn Politiker aus ÖVP-Reihen betroffen seien; wenn sie der ÖVP unterstellt, Justizreformen als „Scheinlösungen“ zu betreiben und in Wahrheit gar keine unabhängige Staatsanwaltschaft zu wollen – dann ist der Umkehrschluss angebracht: Die grüne Ministerin glaubt offenbar nicht mehr an eine Einigung mit der ÖVP.

Kampf um Schuldzuweisung

Im Schaukampf geht es jetzt darum, die Schuld am Platzen der Vorhaben dem anderen zuzuschieben.

Zadić unterstellt der ÖVP parteipolitische Motive infolge der Ermittlungen gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz & Co. Die ÖVP wiederum sagt Zadić nach, nicht die Flotteste zu sein und bei vereinbarten Reformen zu wenig weiterzubringen. Außerdem lastet sie Zadić eine Parteinahme in Streitigkeiten zwischen WKStA und deren Aufsicht (Christian Pilnacek, Johann Fuchs) an.

Das sind die wichtigsten Streitpunkte im Zank um die Justiz:

Die Aufsicht

Zadić hat den einst mächtigen Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, entmachtet und später vom Dienst suspendiert. Ob die Suspendierung aufrecht bleibt, entscheidet die Bundesdisziplinarbehörde kommende Woche. In einem der Vorwürfe wurde Pilnacek strafrechtlich freigesprochen. Pilnacek war ein Aufsichtsorgan für die WKStA.

Dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, wurde die Aufsicht über die WKStA von Zadić entzogen. Fuchs wurde vom Verdacht, ein Amtsgeheimnis verraten zu haben, freigesprochen.

Bundesstaatsanwaltschaft

Der schwelende Streit um die Aufsicht über die WKStA befeuerte das Vorhaben, eine Bundesstaatsanwaltschaft einzuführen. Derzeit steht an der Spitze der Weisungskette das Justizministerium bzw. der/die Minister/in. Zadić will stattdessen einen Dreiersenat, der aus der Justiz selbst hervorgeht und vom Bundespräsidenten ernannt wird. Die ÖVP will hingegen eine Einzelperson, die parlamentarisch kontrolliert wird. Zadić lehnt dies als Scheinlösung ab.

Entschädigungen

Die ÖVP fordert von Zadić, dass der Staat Freigesprochene besser für entstandene Verfahrenskosten entschädigt. Zadić kontert, der ÖVP-Finanzminister möge dafür eine dreistellige Millionensumme locker machen.

Zitieren aus Strafakten

Die ÖVP fordert ein Zitierverbot aus Strafakten. Dabei geht es um die berüchtigten Chats. Zadić sagt, strafrechtlich irrelevante Chats seien im Wege des U-Ausschusses bekannt geworden, die seien gar nicht im Strafakt.

Handybeschlagnahme

Die ÖVP fordert Einschränkungen bei der Handybeschlagnahme. Die Staatsanwälte sagen, die Handybeschlagnahme sei unerlässlich im Kampf gegen organisierte Kriminalität.

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