Psychische Probleme bei Jugendlichen: "Wollen nicht mehr warten, dass andere tätig werden"

Mädchen in Schulklasse
Immer mehr junge Menschen in Österreich leiden an psychischen Problemen, jeder sechste hat Suizidgedanken. Nun haben sich Jugendorganisationen zusammengeschlossen, um gegenzusteuern und zu helfen.

Es sei wie ein rosa Elefant, der im Klassenraum steht, über den aber niemand spricht. „Und er steht mittlerweile in  wirklich jedem Klassenraum“, wie Carina Reithmaier sagt. Was die Obfrau der Schülerunion meint: Die Zahl der Jugendlichen, die unter psychischen Problemen leiden, wächst und wächst, das ist bekannt und mit Studien untermauert, „aber im Schulalltag wird kaum darüber geredet“.

Dabei sind die Statistiken tatsächlich alarmierend: Laut einer Studie der Donauuniversität Krems denkt jeder sechste (!) Schüler ab 14 Jahren in Österreich über Suizid nach, jeder zweite hat Anzeichen einer Depression. Gleichzeitig haben die Spitäler nicht genug Ressourcen, um die jungen Menschen zu behandeln. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien schlagen wegen Überlastung Alarm. Es gebe so wenig Personal,  dass die Situation „letztendlich für alle Beteiligten fahrlässig“ sei, warnten im Februar etwa die Psychiater der Klinik Hietzing – der KURIER berichtete.

Den jungen Menschen selbst reicht es nun. „Wir möchten nicht mehr darauf warten, dass andere tätig werden“, sagt Reithmaier.

Die Schülerunion hat  zusammen mit anderen Jugendorganisationen wie der der NGO YEP (Youth Empowerment Participation), der katholischen Jungschar oder der Muslimischen Jugend das überparteiliche „Mental Health Jugendvolksbegehren“ gestartet. Mit an Bord geholt haben sich die Jugendlichen die Gesellschaft für Kinder und Jugendpsychiatrie, den Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie, uvm. 

Auch die Bundesjugendvertretung, die gesetzlich verankerte Interessenvertretung aller Kinder und Jugendlichen in Österreich, hat im Herbst des vergangenen Jahres eine Kampagne zum Thema psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gestartet. Daher unterstützt auch sie ihre Mitgliedsorganisation, die Schülerunion, bei der Verbreitung des Jugendvolksbegehrens. 

Psychische Probleme bei Jugendlichen: "Wollen nicht mehr warten, dass andere tätig werden"

Zu viele Krisen

Die Forderungen der Jugendlichen zeugen von enormem Problembewusstsein unter den Jugendlichen selbst: Sie wollen mehr Psychologen und Sozialarbeiter an den Schulen, Mobbing- und Suizidpräventionsprogramme, die Behandlung der Themen im Unterricht, entsprechende Weiterbildungen von Lehrpersonen und Informationsmaterial für Erziehungsberechtigte. Kurz: den rosa Elefanten psychische Gesundheit ins Zentrum rücken.

„Ständig geht man zu irgendeinem Arzt, nicht nur bei Beschwerden, manchmal auch einfach nur zur Kontrolle. Aber zum Psychologen zu gehen, ist für junge Menschen oft immer noch ein Tabu“, sagt Reithmaier. Die vielen Krisen – vom Klimawandel über Corona bis zum Ukrainekrieg würden aber nun einmal ihre Spuren hinterlassen.

Hinzu kommt, dass durch die Verlagerung des Unterrichts in den digitalen Raum auch Mobbing im Internet zugenommen hat. 17 Prozent der 11- bis 18-Jährigen gaben jüngst bei einer Befragung an, bereits Opfer von Cybermobbing geworden zu sein, 42 Prozent haben es bei anderen beobachtet, und jeder Zehnte hat selbst mitgemacht.

Damit das Volksbegehren vom Nationalrat behandelt wird, müssen es 100.000 Menschen unterschreiben. Das geht von 2. bis 9. Mai auf jedem Gemeinde bzw. Bezirksamt oder online per Handysignatur.

Update: In einer vorherigen Version des Artikels wurde die Bundesjugendvertretung als Jugendorganisation bezeichnet. Sie ist aber die gesetzlich verankerte Interessenvertretung aller Kinder und Jugendlichen in Österreich. 

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